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XXXVII. ^oljrgoig.
töebtgid öott Dr. Ä. ^orrtcRa uub Dr. §. 35e6er.
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flraß 1899.
3m Sclbftperlaotc bcs Vereines. 3- 6. £ direkte f. u. f. *?of< "^^l^i^^L nnb Umperfitäts^wbtjanblumj
dommiffionsocrlag.
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HARVARD COUFPF MBRARY JUL 181904
HOHENZOLLERN COLLRCT :0N
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©eit«r Ter §eraog Don 9ieidtftabt (mit btefcer ungebrucf ten ©riefen). 93on 3)r. £ e r m a n n
$aUnnc( v 1
Die angcblic&e ©*fn*t bei Srü? im 3abre 936. 33on 9tnton9{ebijann. 39 3ur tturtfrfdjaftltcben unb ftaatäredjtlicben ©nttmdfung beg (SgerlanbeS. 3Son
«. SBerbolb 54
&n ungebruefter 5tage8btfeJ&l r ^BaJDknJlrin^.- . (3»t , Jfaffl&rang) Son 3)r.
^ermann $a((n>id) ...-'...." 67
3nr ©efefjrtengefd)id>te im XVIII. 3abrfynnbcrt. 5>on Xx. ^einrieb fcon
3ei66erg 72
Einige 9iad)rid)ten über ben SKaler fjabian Polterer unb ü6er ben Siteraten*
djor au Muffig. SSon ßarl 3fabnet 75
Tie wSBeiner"*3nnung unb ber „©urfenfönig" in ©aaa. 93on 3frana sJHad) 91 Ter ©alaljanbet auf bem „golbenen Steige" unb bte „armen tretbenben Säumer".
Bon $aul Gegner 98
ßrtferjofl Sarf in SJöfcmen (1798). Sflon 3)r. $ einriß üon 3t\$bexQ . 117 Ter Seifriebe üon Srauuau im Sabre 1477. 3Sou Sauren 3 SBintera . . 190 Hm aufgefunbene Briefe 9lbatbert ©tifter«?. Bon 2£en3er 9TCat)er .... 205 Sie ©rbebung üon SRcumarft aur ©tabt (1459). Bon SDr. ^balbert §orctcfa 211
§in ß&rtftfpiel im meftltdjcn SRörbböbmen. Bon SranaSKadj 213
Sin Gapttef Dom ©elbe. Bon 3>ofef Bfau 216
Tie beutfdjböbmifdje fiiteratur am beginne be$ 19. Sa&rbunbertS. Bon 9lbolf
£auffcn 221
Ta$ öfonomifdje ©trftem be$ ©rafen ©tokrt&Sportf. Bon fj e r b i n a n b 2R c n c t E 233 Ta3 9?ofenberger SDominium unb beffen Umgebung 1457—1460. Bon T)r.
Balentin ©djmtbt 287
(Jine $anbfd&rift be3 ÄfofterS Dftroto an$ bem y$ai)xt 1403. Bon 2)r.
Äbalbert #orcicfa 308
Tic Beaiebungen Sibalbert ©tifterS au ber Samitie ff ainbl. Bon 3)r. 5( b a ( b e r t
£orcicfa 324
£in mantuanifdjer ©efanbtfdjaftSberidjt au$ $rag Dom Safcre 1383. Bon
töubolf ftnott 337
28attcnftein3 fefcteS Quartier. Bon SBenaePJJiatyer 357
fcu§ ber ©efajidjte ber (Sgerer Satcinfdjule unter Slector ©olbammcr. Bon
2>r. 3. Simon 409
Tie Orbnung ber Jtaimmauer ©teimuefcen, SRaurer uub 3ijnmerleute aus
htm 3afcre 1564. Bon 3>r. Sofepb Stfeunurtb 427
(£tn „Chronicon breve regni Bohemiae saec. XV.U Bon ÜDr. $lbalbert
©orciefa 154
Splitter. Bon 9lb. $auffcn 467
Seridjt über bte am 17. 3fom 1898 abgehaltene $auptoerfamm(ung be» SereineS
für ©ejdjidjte ber 3)eutfdjen in Bobinen 112
2»ittbctlungcn ber ©efdjäftSleitung 220, 336, 468
Witt^eilnngen ber ©djriftleitung 116
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£tterarifd)e Beilage.
©ehe
s2l b a 1 b c r t, ber ^eilige, fetter Stfdjof üon $rag unb ÜanbeSpatron üon itfübmen 38
Album Ossecensc 31
Strnetfy Mlfreb, bitter üon: 3ot)ann ftreiberr üon SBeffenberg 24
Sericbt über bic fünfte Serfammlung beutf^cr ^iftorifer su Nürnberg . . 50
95öl)m SBUHbafb: 2lu3 bem Söbmcriüalbe 60
Codex diplomaticus Silesiae, SBanb XVII, berauSgcgeben v0ll ©vünbagen
mib SButfc 72
Scnffdjrift für beu Sdjfußftctn bc£ neuen ©ebäubcö bc£ Funftgemcrblidjen
9Rufeum3 in $rag 52
® reif? ig 3abre au$ bem 2cben cincS Sourualtftcn 80
töidjler Äarl: Sdijmetiä $arabte$ 58
Snttonrff ber fret^errl. $etmfeauftfd)eit £errfd>afft ftiittenpfan a. b. 3- 167(5 32
iSrnft SB.: 3nnge3 Seben nnb Streben 81
Jcftfdjrift sur fteier ber ©cblu&ftein fegung ber „3rerbinanb3böbc" in 2foffig 32
§ e ft f * r i f t ber Scfe* unb föebeballc ber beutfdjen ©tubenten in $rag. 1848-1898 48 #tf<bcr 3ofef P.: Ser ftnjer Sag üom 3abre 1605 in feiner SBcbeutung
für bie öfterreiebiföe $au^= unb SReicbägefdjicbte 28
— Sic (Srbtbeüung Äaifer StubolfS IL mit feinen fünf Srübern üom 10. 2lpril
1578 '..'." 78
— Sie §auptüerglcid)uug über bie ©rbfdjaft ber ©öbne SerbinanbS IL üon :3
Sirol unb ber $f}iliwtne SBeffer üom 20. 3Rai 1578 79 Ä
3rreunbeSgrüfce au3 ber Warfen beutfd&biftorifcben ®cfe, ©uftaü Sanbc •-.;
bargebraebt *um 9. Januar 1899 60 -t:
ftriebjung $ einrieb: Ser Stampf um bie $orbcrr[cbaft in Seutfdjfanb ::
1859-1866, Sanb I unb II 1 :il:
ftriebrid) 3.: 3flnaa üon Söttinger, I. Heil 49 «j,
$ all toi d) $ ermann Sr.: Anfänge ber ©rofnnbuftrie in Defterreid) . ... 22 ^
•t>eger K.: äum ©ebäcbtmfc abalbertg, beS erften «tpoftclö ber Preußen . . 38 .
Herbert ^einrieb: ©efdjicbte beS SJcreineS für fiebenbürgtfe^c £anbeö!unbe 76 . *
£irn 3ofef Sr.: Ser &an$ler Sricnner unb fein $roce& 11 Jj
— Sie erften SJerfudje Äaifer KubolfS IL, um in ben SWeinbefife ber ©rafc : ^
fdjaft Sirol ju gelangen 45 ^
3abnc( Sari: ftrtcgSdponif ber 8esirf§l)auptmannfd)aft Muffig in 2Raria
Sberefianifdjer 3eit 14 • *
Saljrbud) Ggerer, XXIX. ^abrgang 56 ^
Äafenber, Steuer Präger, für Qtabt unbfianb auf baä gemeine 3abr 1899 57
ftalenberfcaafe'fcber, lanbrnirtltf cbaftltcbcr unb für ftlaibSbau f. b. 3- 1899 57
$aafe'fcber SKinusenfalenber f. b. 3- 1B99 58
SHimefd) 3 o bann 2R. Sr.: Norbert £eermann$ 9tofenbcrgifcbe Sbronif • 67
Klitschke de la Grange Antonie: Sa§ ©ilb üon ©trafomfc • • . - 59 ®obn 3 o bann Ä.: 3^ann ber Slinbe, ©raf üon £u?emburg unb ftdnig
üon 93ö^men, in feinen Se^iebungen su fjranfreid} 30
'■Mi
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Seite t'anbtaa$Perljanblnngcn unb £anMag3bcfd)lüffe, bte böbmifdjcn, Sanb
VIII unb IX 64
txd Äari: Äurje ©efd)i*te ber Stabt Zittau 56
Sippert Sultuö: Socialgefdjidjte SöbmenS in Dorbuffttifd)cr tfeit, #anb II 17 2eef*e ©eorg 3)r.: 3obann 9Ra$ejtii0, «uSgeroalrtte SBerfc, III. öanb:
SutbcrS fiebert in $rebigtcn ... 47
iRddjal 3.: Hankovy Oblasy pisni ruskych (3ur Söniginfyofer $anbf(ftrift) 61 iRaper 3 o f e f : ^a^ gnabenrcidje 3e[uf inb in ber Strafe St. 5Waria be Sictoiia
Su $rag 59
^Kapr-Hblwang 9Ri$ae(: töegeften $ur ttrolifdjen Äunftgefdjidjtc Don ber
älteren 3eit bte aum Jtafre 1364 46
3ReI$er <$.: ©ger unb feine Umgebung 54
HRenctf fjerbinanb: Liber judicii civitatis Jicinensis 29
Füller ffiubolf: ffieffelp (Sbuarb SB. 51
- Skprotfar 6femen$, Witter Don « 52
- ^U^ner Äonrab SB. • 52
Werfer SWorts 3>r.: 3ufta$ ftrep («nbread Snbwig 3cütele$) 84
$<ea&?irtb 3>ofepb 3)r.: 3)ic SBanbgemälbe im Äveusgange beö &manä;
floftcrS in $rag 33
- 2ki3 ftutiftleben in OefterrciaVUngarn üon 1848—189« 41
$aubler «.: fieipaer $icfctcrbud) 83
Uasauref ©uftaD ©. 2>r.: 3)a$ norbböljmifdjc ©eioerbcmufeum 1873—1898 69 befiel &nton: SDorfdjronif. ©cfdjidjte ber ©emetnbcu 9Rtirfer£borf unb
Sdjömpalb 55
Satfc %.: Sefdjreibung ber Surft %fbclf 3»ofef au Sd)tparaenberg'fd)en 2)omaine
Srummau • • 55
Stiller ftarl: SBöfemifaV $lidja; ein Settrag pr ©efandjte ber Stabt ... 80
Sa^mibt £an$ 2)r.: Sfa&tan &on 2)ofyna 14
Sajnls £an3 2)r.: SBattenftein unb bie Qtxt be3 brci&igiäbrigen SriegcS • 13 Seifert tlbolf 3RUS)r.: ©efcbicfyte ber ©aa$er Stabt 3)ecanalfird)e jur
bl. 9Karta*$immelfabrt 44
Silesiaca. fteftfdjrtft sunt 70. ©eburtötag 6. ©rünbagenS 73
Stern &.: SUfreb SBoftmann 43
Stubicu Stiftungen im Königreiche SBöbmcn. Söanb V 41
£id>ernt$ 3ran3 5)r.: 3)eutfd)c Öolfönamen ber Wanden au$ bem nörb^
liefen Söbmen 16
$oigt £. ©.: Äbalbert Don $rag 38
SSratfdjü $cinrid): ®efd)id)te, fteft« unb SDcnffdjrift beä f. u. f. priüilegirten
Sdjarffdjüfcen-SorpS in Irautcnau 53
Setngicrl Robert, SRitter üon: $a£ fia Xenc=®rabfelb Don fiangaugeft
bei Eilin 77
Sei tf cfc r if t be$ SSereincS für bic ©cfäidjte 9Räfjren3 unb Sdjleftentf, beraub
gegeben Pon $r. Sari Sdjober, 2. Saftrgaug, $eft 1 unb 2 15
3eitf*rtft be« SJereineS f.©ef*id)te u. «Utertbum ©*lefienS, 3afcrg. XXXII 70
Jimmermanu %: SBeffel^ 3ofef (Sbuarb 52
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für
imlptlfta itar Jbutarlpn in Jli^mm
SRtbigirt »Ott
Jr. X !$orffifea «nb |r. 0. «[riw.
©icieitnnbbreifjigftfr 3o^rgong. 1. §eft. 1898.
Der 4)et?O0 tioit Ket#abt
(mit 6t3r)cr ungcbrurften ©riefen).
Sott
£r. ^enttarnt tyüilmi&f.
gtoei beutfdjc ©täbte im nörblidfyen 23öf)mcn waren rjom ©djidfal auSerjeljen — atterbingS nur öorübergefyeub — gu außergewöhnlichem, fürftlidjem Stange erljöljt gu Serben, burdj bie Sebeutfamtett ber Ijtfto* rijcfyen *ßerfönlid)feiten aber, beren 9?ame für immer mit bem itjren ber* fuüpft würbe, bauernb eine getviffe weltgefdjidjtlidfye 93erüljmtl)eit ju er* langen: Jrieblanb unb Stteidjftabt.
SBeldje Erinnerungen benfbar öerfdjiebenfter unb bennodj wieber
gleidjcrweife tragifdjer 9?atur derben öon biefen betben tarnen geweeft!
2Bir Ijaben ben einen rjon beiben fcor $afyren an anberem Orte
genannt unb au3füt)rlidj über it)it berietet. *) Staum ein ^afjrjeljnt be*
ftanb bie $errlid)fett weilanb be£ $ürftentf)umS, fcejieljunggwcife #erjog*
tljuntS, grieblanb. SBefanntlid) mit Urfunbe fcom 12. 2ftärj 1624
fanb Saifer gerbinanb II. fidj belogen, in banfbarer 3Cner!ennung beffen,
ba§ ftd? tljm ©attenftetn allerwege „ganj aufredjt, reblidj, beftanbig unb
getreulid) ergeigt unb bewiefen", bie ton biefem im Saufe weniger $ai)xt
erworbenen unb jum dominium grieblanb gefdjlagenen ausgcbefymen
1) eiefee „Auf SBattenftein^ Spuren". ÜRonatSljefte be3 „2>cif>eim", 1887, Styril&eft. (fieipjig, Selljagen unb ßlafing.)
mitttettsngen. 37. (Jahrgang. 1. $eft. 1
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— 2 —
„$errf djaften, ©d^Iöffcr, ©rünbe unb ®üter" — „mit allen iljren bt« anljero gehabten Regalien, |)errlid}feiten, Dbrigfeiten unb $erttuentien in ein fonberbare« gütftenHum ju erigiren, ju crfjöfyen unb su er* fyebcn." Unb erft beinahe' brei boHe ftaljre fpätcr, mit ÜDiplom Dom 4. Januar 1627, ttmrbe fcon bemfelben ftaifer in neuerlicher SBürbigung „atlcrljanb angenehmer, getreuer, aufrichtiger, ritterlicher, tapferer unb erfpriefclidjer ÜDtenfte11 feine« ©eneralifftmu« „mefyr angeregte« dürften* tfyum ftrteblanb in ein |)er jogtbum fcertoanbelt, erigiret unb erhoben1)".
©in mädjtige«, toofylarronbirte« ©anje« erftreefte fidj biefe« £ersog* tfyum in einer Stu«beljnung Don 80—100 Quabratmeilen über ba« nörb- licfye SBöljmen, üon ®ttfd)in bt« Setya, grieblanb, £oljenclbe. Ärnau u. f. tu. Niemals bor iljm mar ein berartiger *ßrtoatbefi$ in ber £)anb eine« böfjmifcfyen ®rofcen bereinigt.2) Unb SßaUenftein berftanb bie ©üter* beftirtfyfdjaftung. 9Bit berfelben raftlofen, bettmnberung«tt>ürbtgen ©nergie, mit ber er toieber unb immer ttrieber neue, große Armeen fojufagen au« bem Soben ftampfte, fdjuf er toäljrenb be« furchtbaren, fcerfyeerenben Sriege«, ben er führte, unb ber tt)ie !aum ein anbere« Sanb im Umfange be« beutfcfyen Steige« ^ arme, unglücflidje SBöljmcn in eine ffiüfte ju fcerroanbeln brofyte, au« feinem |)erjogtljum ftrieblanb inmitten biefer Söüfte tin roofylgeorbnete« , toirtljjdjaftlidj blüljenbe« unb ertragreiche« ©taat«toefeu, ba« Ofreunb unb Sreinb ntdjt ofyne 9ietb mit gutem ©runb, entgegen jener „terra deserta" Söljmen, bie „terra felix" nannten.3)
Wlan fennt bie !aif erlidjcn patente be« ^aljre« 1634, bie bem $)erjogtl)um ftrieblanb, toie bem #erjog felbft, ein toorjetttge«, getoatt* famc« ©übe bereiteten, ©djon ba« erfte berfelben, t?om 24. Januar, be* ^eidjnet ben feitljerigen ,,©eneral'Oberften*3relbljauptmann" al« — „ge* toefen". 2)a« jiueite, üom 18. gebruar, befdjulbigt ben „©etoeften" gerabeju „memeibtger Streuloftgfeit" unb „barbarifdjer £l)rannci", inbem er „Äronc unb ©cepter fid^ felbft eibbriidjiger ©eife jujueignen Vorhaben« getoefen". $xi einer britten feierlichen Äunbgebung aber, fcom 25. gebruar, bem £obe«tage be« ungegart Verurteilten, erflärte fterbinanb II. fcon SSMen au«, „beffen §ab unb ©üter ju Unferem unb Unferer ?(rmaba Seften, al« bie toir hierauf öertrbftet, appräljenbiren ju laffeu" — ba«
1) f?r. Sörfter, Söattcnfteiu^ $roce&, Urfunben, ©©. 29 fg., 42 fg.
2) *ßrof. $£. §tdt, ,,3)a« $erjogtl)um ftriebfanb" (Ocfterr. lanbro. SBoc&en* blatt 1888), beregnet ben tflädjenvaum, ben ba3 $er$ogtf)uin ftrtcblanb ein« na&ra, auf 118.7G7 ha, ben ftataftralrctnertrag mit 1,018.110 fl.
3) ©telje bie „s-Boffcnftein'|d)e ^Relation" bei (£bm. ©cfeebeF, $ie fiöfung ber SBattenfteinfrage, ©. 560 fg.
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— 3 —
fciBi p conftectren unb anbertoeitig gu berfdjenfen. ') £ljatfäd}lidj Ijatte am jelben Stage ba$ |>erjogtl)um grteblanb ju befielen aufgehört; iu leine früheren 33eftanbtljeile roieber aerfylittert, tarn e$ in bie §änbe einer jaiyen Sftenge ladjenber ffirben. Um nodj ein UebrigeS ju tljun unb jebe ©pur feine« redjtlidjen 33eftanbe$ ju bertoifdjen, würben fpäter „alle hm bamaligen ^erjogt^um ftrieblanb per specialem investituram Ijin« ijelqfenen Seijengüter lieber in« allodium gebracht" unb ben neuen 8Je* fx|cm „gegen (Srlegung eine« getmffen Seljenfdjafcgelbe« erblich überlaffen" — teie nod? ein 3ttenfd)enalter fpäter (1663) ffaifer Seopolb I. auSbrücf* lidj erflärte, 3U feinem anberen Qxotdt aU „ad ab ölen dam me- moriam be3 f^^i eblänb erö." . .*)
Unb 9teid>ftabt, *a$ „|)eraogtijum" Sttetdjftabt ?
©eine ©efdjidjte ift faft uod) fürjer — für^er unb trauriger, ©ein erfter 9Jamen3träger toax, ebenso roie ber bon fjrteblaiib, jugleid^ [ein lefcter. 35od> Ijatte er fidj ntdjt roie biefer au« eigener Äraft burdj glän* jenbe 35erbienfte bom fdjlidjten, ärmlichen fianbebelmann gur gilrftentüürbe, al« ber Krönung eine« tfyatenretdjen Seben«, fieg^aft emporgefdjhnwgen; er t»ar bielme^r ju i^r bud>ftäblic^ fyerabgefunfen unb muffte fier burdj bie ©eburt 3U unenblid) $5!)erem borfyerbcftimmt, üon biefer |)öf)e aber ofyne eigene« SBerfdjulben plöfclid) fyerabgefcfyleubert, au« mitleibigen Rauben tote einen (Snabenpfennig in ©mpfang nehmen.3)
511« Äinb trug er ben sJiamen, ber jtoeitaufeub Qafyre jubor ben Defjerrfäer ber SBelt bebeutet Ijatte. Napoleon 3frauj $ofef Carl,
1) $altn>icft, SBatteuftcin« (Snbe, IL, 484 fg.
2) fiaifer £eopolb I. an bie „Ferren relatores £errn fcon ©tcßerle unb $errn £cngnagel", b. b. 6. üflära 1663. (Sonccpt, #offammers5(rci}. 2Bten.
3) SDte fyier in $etrad)t fommenben Schriften über ben ^erjog Don SRetdrftabt ftnb in cfyronologtfdjer SRetljc folgcnbe: „Sttarte fioutfc unb ber £er$og uon Steidjftabt, ber ©ofyn Napoleon«, bie Opfer ber $oIitif üttetternid)3" (Sern 1830); — „ftranj 6arl 3ofef Wap. ^erjog oon 9tetd>ftabt, leine ©eburt, feine ©rjtefyung unb jefcige Stellung nebft melen feltenen 3ügen au» feinem £eben" (2cip3tg 1831) ; — Jean Bapt. Petit, Vie de Napoleon n. ($art« 1832); — ($rofefd>*Dften) „©^reiben an *** über ben ^erjog öon dieic^ftabt üon einem feiner fjreunbe" (fjreiburg i. 33. 1832); — Montbel, Le due de Reichstadt ($artS 1833); — berfelbe: „SDer Jerjofl üon 9teid^ ftabt." 3ttit SJerbefferungen unb ©rgänaungen (£eipaig 1833); — Saint- Felix, Histoire de Napoleon IL tfßari« 1853); — $rofeftf)*Dften, ,,^ein SBerftältnig §um ^eraog oon 9iet^ftabt" ((Stuttgart 1878); — Henri Welschinger: „Le roi de Romett ($ariö 1897) ; — EdouardW ertheimer: ^DocamenU inedits sur la maladie et la mort du duc de Reichstadt" (Revue hiatorique 1897).
1*
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ber ©oljn Napoleons L, beS ÄaiferS Von Ofranfreid), unb bcr ©rjljer gogin SWarie Souife, SCodjter beS flaiferS S^nj I. Von Defterreidj, würbe am 20. SDJärj 1811 in ben Suilerien ju SßariS geboren. Napoleon ftanb im Qtniti) fetner unerhörten, munberbaren Saufba^n. ffiin Stijronfolger, ein @rbe feiner unermeßlichen £errfd>aft, festen fein ©lud für alle ^ulunft ju bcfiegeln. (£r felbft erfyob baS ftinb auf feinem 2lrme jum Könige von Nom. 3fn Ijödjfter SSegeifterung lag bem jungen Saefar ein fteg* gewohntes, triumpljirenbeS SSolf Von SNillionen 5U ftttßen. „Sie SSötfcr/* fagte ber *ßräftbent beS ©enateS, in Sotyalität erfterbenb, „begrüßen mit einftimmigem ^audfoen baS neue ©eftirn, weldjeS ftd) an ftranfreid)* ^orijont ergebt unb beffen ©trafen alle Nebel ber gnfunft bis jum legten ©djatten jerftreuen/ . . £)ie biplomatifdje Vertretung aller Sul* turftaaten ber @rbe braute bem Neugeborenen bie £mlbigungen ifjrer Souveräne. Der Slbgefanbte feinet faiferlidjen ©roßvaterS, 3fürft Qoljann ßlarty, legte glütfwünfdjenb bie S3änber aller Ijofyen Drben Oefterreid)£ auf feine Stiege. . . .*)
@S war am 23orabenb ber ©djladjt an ber üKoSfwa (6. ©eptember 1812). Der fiatfer, umgeben von feinen ©eneralen, erteilte bie33efef)le für ben unmittelbar beVorftefyenben gufammenftoß ber $eere, ber, wie er meinte, feinen ruffifdjen fjclbjug entfdjeiben fottte. 3öa wirb iljm ©raf 89auffet, ber ^ßräfect feines $ßalaftes, gemelbet, ber foeben aus $ßari£ im Sager eingetroffen War. Die Äaiferin überfanbte burd) iljn baS Söilb beS JTönigS von Nom. ©ofort wirb bie Seratfyung abgebrochen. 9Kit Un* gebulb befiehlt Napoleon, ifym baS Porträt 31t bringen. @S ift eines ber beften Silber Stteifter ©erarbs unb ftefft ben $rinjen in SebcnSgröße aufredjtfifccnb in ber SBiege, Quq für .ßug an ben Vater erinnernb, bar, bie großen, finnenben Stugen auf ben Sefdjauer gerietet; SBdtfugel unb ©cepter finb fein ©pieljeug.
SMS jur 23eraufd)ung, wirb berietet, betrachtete Napoleon bie 3üge feines hoffnungsvollen ©otyiieS. @r lub bie £auSofficiere unb ©enerale ein, an feinem Sntjiicfen t^eifjune^men. „9Weine sperren," rief er aus, „l)ätte mein ©ot)n aud} nur fünfje^n Saljrc, er wäre nidjt bloß im Silbe in ber SNitte fo vieler Sraven!" Dann fyieß er baS S3ilb hinaustragen vor baS $dt, bamit alle Offtciere unb ©olbaten feiner ©arbe es feityen unb, wie er fagte, „in biefem Slnblicfe neue Anregungen, neue ^nfpirationen beS #elbenmutf)eS für bie große ©djladjt beS nädjften £ageS fänben*)".
1) $.2anfict), ©cfd)id)tc Napoleons be§ (Srftcn, V.f 368. — 3.51. V. Gelfert, Üftaric l'ouife, ftaiferin von ftranfreicfc, ©. 899 fg. 11. «. m.
2) ©raf 2Rontbel a. a. D., 12 fg.
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Drei $al)Tt gäf)lte baS Äinb, ba bradj bic Äataftroplje über bcn ffielteroberer, feinen 33ater, herein, ©erlagen, verfolgt unb gebemütljigt toiüigte Napoleon, fcon ben eigenen ©eneralen gebrängt, in feine Slbbt* cafiim — allerbings in ber 23orau$fef>ung, baburd) bem ©oljne unter ber SRegentfdjaft feiner SDhitter bie Ärone Don granfteid) gu ftdjern. Dod) )d}on am 29. 9Wärg 1814, roäljrenb bes ÄnmarfdjeS ber ÄHürten auf ißaris, püdjtete üflarie Souife mit tyrem Äinbe aus ber töeftbeng, gu* näc^ft nadj SBloiS, bann nadj ^Rambouillet. 9?ur mit ©eroalt war ber ftnabe au$ ben £uilerien gu entfernen. Krampfhaft erfaßte ber Heine wtglücflidje Äönig bie Draperie feiner ^runfgemädjer, als Ijätte er eine Ahnung, ba§ er fie niemals ttrieber betreten tuerbe. Der Vertrag fcon gontainebleau (11. Slpril) naljm U)tn ben ftolgen £itel eines ÄönigS Don SRom; ber Sater mußte in feiner gtuetten Äbbanfung für ftd) unb feine ©rben auf bie Jljrone »on granfretd) unb Italien oergidjten. Die üerbünbeten SKädjte bestimmten bagegen für ÜÄarie Souife unb iljren ©oljn bie £ergog* iljüiner $arma, $iacenga unb ©uaftaHa. «m 25. April trat fte mit bem „6rbp ringen öon $arma" bie Steife fcon {Rambouillet nad) fflien an; fünf £age gufcor war ber (Sjfaifer uad) feinem „foufceränen Sürftentfyum" ©Iba aufgebrochen.
Die beiben fcorneljmften SJerbannten beS erften SaiferreidjeS fanben im faiferlidjen 2uftfd)loffe ©djönbrmm bei SBten eine fyerglicfye, liebreiche «nfnafyme. *) 2Bie in $ariS, leitete Ijier bie ©räftn ÜKonteSquiou, eine geiftooße Dame, bie erfte @rgiefjung beS jungen, an ©eift unb Körper Ijeranblüljenien ^ringen, mä^renb ber SBiener Songrefc ftd) mit beffen fünftigem ®efd)icf befdjäftigte.
3Bie ein Slifc aus fiterem £immel fdjlug in bie ffleratljung bie ftadjrtdjt Don ber gludjt Napoleons au« @tba unb feiner Sanbung in ftranfreidj. ©ie würbe &erl)ängni§üoH für bie .ßufunft feines ©oljneS. €s famen bic „#unbert läge" mit iljren raffen . ©iegen unb ber enb* liefen üollftänbigen Stieberlage, ffis folgte bie britte «bbanfung Napoleons am 22. ^uni 1815 — abermals gugunften feines ©oljneS. „%$ gebe mid) als ©üfynopfer bem £affe ber ^einbe granfreid)S Ijin," fo lautete leine pljrafenreidje (Snunciation ; „mögen fte in iljren ©rflärungen ©aljrljcit gefprodjen unb iljre Änftrengungen ttrirflidj nur gegen mid) gerietet fyaben. SRein politifdjeS fieben ift gu ®nbe. 3$ prodamire meinen ©oljn — Napoleon II. gum Saifer ber grangofen!" ©r berief bie ge* toefenen üttinifter als proüiforifdjcn SRegentfdjaftSratf) unb lub bie Kammern ein, bie SRegentföaft Durd) ein Gkfefc gu organifiren.
1) (Sb. ^ertbeimer, Tic brei erften grauen beS ÄaifcrS ftrana, 125 :c.
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2lm felben £age trat bic Deputirtenfammer jufammen, um über bie SBefegung beS erlcbigtcn £l)rone3 S3efd)luj$ ju faffen. Die ftürmifdje ÜDebatte würbe burdj ben SRebner ÜKanuel mit ber StageSorbnung gum ©tillftanbe gebraut: „Durdj bic Äbbication beS 93aterS ift jufolge ber beftefjenben ffleidjSgrunbgefefce 9?apoIeort II. an uub für firf> bereits Äaifer." Diefer Slntrag fanb bie 3uftimmung ber Kammer unter ben lauten {Rufen : „®S lebe Napoleon IL!"
Da« neue föriferreid) aber jaulte feine Dauer nur nad) Magern «m 8. $uli fydt Sönig Subwig XVIII.f ber ffirtoä^Itc ber Serbünbeten, an ber (Stifte iljrer Armeen feinen feierlichen ffiinjug in ^ßaris. ftn ba£ ©djönbrunner ©d)toJ3 fam bie ^adjridjt Don ber SHjronerljebung beS ^ringen Napoleon erft, nadjbem er bereits wieber entthront war. Dodj fdjon am 13. aftärj jufcor ijMt ber ffiiener Songrefc unter bem (Stnbrude beS @r* eigniffes üon 2lntibeS ben Vertrag üon ^ontainebleau für null uub nidjttg erflärt; imrd) Ärtifel 99 ber ©djlußacte üom 9. ftuni war ÜÄarie Souife gwar in bem SBefifce üon *ßarma, $iacenja unb ©uaftaDa beftätigt werben — jebodj ausbrüdlid) ofjne baS 9ted)t ber 93ererbung biefer ^erjogtljümer auf ifjren ©oljn. „Qm $ntereffe ber 9iulje unb beS ftriebenS SuropaS" — baS war bie Aufhaltung üftetternidjs unb feiner SBereljrer — mußte jeber 9tapoleonibe, wer er audj fei, aus ber SReilje ber Souveräne für immer au$gefd)loffen werben, ftm ftrüljjaljr 1816 ljulbigte 5ßarma ber ©r^erjogin ÜWarie Souife. ©in i^aljr fpäter, burd) ©onüention fcom 10. Quui 1817 au SßariS, entfdjieben bie SKädjte auf Verlangen granf* reidjs unb ©panieuS neuerbingS, baj$ bie Seftimmung ber ßongre&acte l)infid)tlidj $armaS, infoweit biefelbe auf üftarie Souife S5ejug Ijabe, auf* redjterljalten werben folle, mit bem SBeifaße, baß bie genannten £erjog* tfjümer nadj ifyrem lobe an ben Infanten Sari Subwig ober beffen männlidje 5ftadjfommen übcrjugcljen {jaben.1)
|)iemit war ber- ©oljn Napoleons, ber gewefene „Äönig üon Sftom" unb ephemere „Saifer tum gfranfreidj", nid)t einmal meljr ber „©rbprinj tion $ßarma", fonbern tljatfädjlidj oljne allen unb jeben 33efi|, ofyne irgenb einen Xitel, ja fojufagen gänjlidj ofjne tarnen.
Das mochte felbft ben erbittertften fteinben beS $aufeS Napoleon all3U weitgeljenb erfcfyeinen. ©S füllte fteber, fogar gürft üWetternidj, baß, wie man ju fagen pflegt, „baS Äinb benn bod) einen tarnen fyaben muffe/' Der Ausweg würbe auf folgenbe SBeife gefunben.
Unter ber SBejeidjnung ber „pfaljbairifd>en SBefi&ungen" lagen in 935()tnenr auf öerfdjiebene fünfte tiertljeitt, eilf größere unb
1) Sttontbel, ©. 72 fa.
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Heinere lanbtäflidje £>errfdjaften unb ©üter, barunter SReidjftabt bei Seipa, »äljrenb ber $ai)it 1692—1805 ben #ergogen fcon *ßfalj*$Baiern gehörig, feit 1805 aber ©gentium Srjljerjog SrerbinanbS, bamaligen ftirfürften Don ©aljburg, fpäteren ©rofftergogS fcon StoScana. ©emäfc «rtitete 101 ber ©djhtfcacte bes SBiener ©ongreffeS folgten biefe #err- haften unb ©üter in bem ^eitpunfte, in meinem baS #ersogtI)um 2ucca, ba£ bem fpanifdjen Infanten jugefprodjen toorben toar, mit bem ©roffterjogtlium StoScana »erbe bereinigt »erben, in ba$ $ßrtoat* eigentljum be3 fiaiierS fjranj fcon Defterreidj übergeben. Qn einer Sonferenj ber Vertreter ber 2ttäd)te ju $aris, am 4. December 1817, gab ber betooflmädjtigte ÜÄinifter DefterreidjS gu ^rotofotf: „$n Slneifennung , ba§ es toon allgemeinem ^ntereffe fei, Ijinftdjtlid} beS ^ringen ftranj ftofef (Sari, ©oljneS ^rer faiferlidjen #oljeit ber Srjljerjogin ÜÄaric Souife, $)erjogin fcon *ßarma, 5ßiacenja unb ©uaftatta, nunmehr eine S3eftimmung gu treffen, . . . eutfagen ©e. f. f. apoftolifdje ffiajeftat für fid) unb ifjre Diadjfolger jugunften beS ^ringen granj Qfofef gart unb feiner geraben unb männlichen iftadjfommen ^n Stnfprüdjen auf bie in SBöljmen gelegenen fogenannten pfalgbairtfdjen $errfd)afteu, gegenwärtig im SBefi^e ©r. f. f. #obeit be£ ©rofcljergoga Don £o$cana. . . . $ie Umänberung biefer £errfd)aften in ein ^ßrtoateigentljum ©r. !. f. Stojeftät ttrirb bemnadj nur bann ' ftattfiuben, toenn ber $rinj %xanb &fef Sari oljne männliche 5ftad}fommen in geraber ßinie üerftorben ober biefc 9iad)fommenfdjaft erlogen fein toirb." *)
8uS biefen feilen fpriugt fofort ein fdjeinbar nebenfädjlidjer unb bod) in Ijoljem @rabe fenngeidjnenber Umftanb in bie Slugen: bie ge* jKfientlid)e confequente Unterbrücfung beS Samens Napoleon. 3Kan Dermieb e£ nicfyt nur, ja tterabfdjeute e3 offenbar, biefen bem ^ringen in ber Saufe an erfter ©teile beigelegten, nun fo üerfjafcten ober nodj immer gefürdjteten Warnen auSgufpredjen ; man ging in biefem £)aB ober in biefer fturdjt fo mit, audj t)tn väterlichen tarnen, ja ben 25ater felbft gu fcer* feigen. 9lid)t bie Sluöftc^t auf einen befdjeibenen ^riüatbefife foötc ber jugenblidje Äaiferfoljn beanfprudjen bürfen, o^ne aufgehört gu Ijaben, ein Äapoleonibe gu fein unb gu Ijeifeen. 35on nun an nannte man iljn nidjt fcef)t Napoleon, fonbern 5 rang- en Ausführung be3 ßonferengprotofoüeä öom 4. December 1817 tetjtanbigtc Äaifer Sftang bereite burd) Sabiuetöfc^reiben, bbo. Qaxa, 2. 3»ai 1818, feinen ©berftfanglcr ®rafen ©aurau, ba§ er befdjloffen
1» Urfunbe Ui Wlcntbti, ©. 241.
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Ijabe, bie $errfdjaft JReidjftabt „gu einem fterjogtljum ju ergeben", tt>e$* Ijalb er „ben (Sntnmrf beS auSjufertigenben Diploms unb ber allenfalls fonft f)iertoegen ju erlaffenben SRefcripte fcerfaffen laffen" nnb iljm „elje* mBglidjft vorlegen" tooüe.1) Slm 22. ftuli beSfelben $al)reS unterzeichnete ber Äaifer irier befonbere Diplome, fämmtlid} aus SBien fcom felben £age batirt. *)
Das erfte biefer ©djriftftüde becretirte im IjerfBmmlidjen Surialftil bie Erhebung beS DominiumS Sfteid^ftabt jammt gugefyBrungen ju einem ^erjogtljum. Der SWonardj erflarte, bajj er „aus faiferlidjer SRadjftolIfommenljeit unb als regierenbcr ÄBnig tion SBBfymen bie in biefem fiBnigrcidje gelegene, fcormals pfaljbairifdje . . |)errfd)aft SReidj» ftabt fammt allen berfelben incorporirten ober fünftig etnsufcerlcibenben (Sütern ju einem #erjogtfjume ju ergeben befcfyloffen" Ijabe. „SBir er* l;eben fomit," Reifet es Leiter, „burdj gegemuartigeS Diplom bie erttmljnte ^>errfrf>aft SReidtftabt fammt allen berfelben incorporirten ober fünftig ein* jufcerleibenben ©ütern ju einem ^erjogtljum unb befehlen allen unb jebent Unferer SanbeSimuoljner unb Untertanen, toeß StanbeS, ffiürben, Amts ober SBefenS biefelben finb, baß fie biefe Unfere Verfügung anerfennen, felber auf feine SBeife entgcgenljanbeln, nod) geftatten, ba§ biefeS toon Ruberen gefc^c^e — bei ffiermeibung Unferer, Unferer Srben unb nadj* fommenben ÄBnige fcon SBljmen fdjtoerften ©träfe unb Ungnabe." . .
Qu bem jtoeiteu jener Rapiere fcerliel) ber ftaifer bem grinsen ftrang ftofef Sari „ben Jitel eines |>crjogS fcon SReidjftabt", mit bem Sefeljle, „baß ifym in §infunft öon allen Unferen 33ef)Brben, fotoie Don jebermann überhaupt bei allen münblidjcn unb fdjriftlidjen 33erljanblungen in ber Stnrebe unb in ben Ucberfdjriften bie Jitulatur Durdjlaudjtigftcr |)erjog unb im Sontejtc Euere Durcfylaudjt beigelegt toerbe." Der ^er^og üon 9ieid)ftabt aber folle „feinen ffiang unmittelbar nadj ben ^ßrinjen beS faiferlidjen $>aufeS unb ben @rjt)erjogen üon £>efterreicfy Ijaben."
Die britte Urfunbe erteilte bem neuen ^evjoge einen befonberen Sßappenbrief. ^n einem rottjen, mit bem fjersoglidjcn §ute unb SWantel gejierten o&alen ©djilbe, gehalten üon jtoei fd)toar3en unb golbenen
1) Orig., 2Ibel3=&rd)tf), sBien.
2) Urfunben bei SKontbel, ©. 231 fg. — £ie Originale ber tmftolgenben an erfter unb ameiter ©teile angeführten Diplome befraben fiefy im $lbelS* «r*to, Sien, (^ergamcntbänbe m. 3©-) - Sergleidje and) 3nftr.*«ud& 1022f lit. D. 19; 1051, lit. D 19 fg., Sanbtafel, $rag.
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Greifen mit ftelbpanieren f geigte biefeS Sappen, burdj eine fdjmate golbene Cuerlinie geseilt, jroei nadj ber rechten ®titt über einanber fcfreitenbe golbene fibtoen.
Ungleich toidjtiger ift ba$ vierte unb lefcte faiferlidje Diplom ber
gebauten ©erie, eine förmlidje DotationSurfunbe. 63 beruft fidj
barauf , bafj bie belogenen patente beu £itel, baä Söappen unb ben Slang
be£ Sßrinjen beftimmt Ijaben, fomit nunmehr bie faiferlidje Äbftcfyt baljin
gelje, „and) beffen Ijäuölidje Sage in berücffidjtigen unb iljn burdj Qu*
nrctfung eines angemeffenen jäljrltdjen ©nfommcnS in ben ©tanb ju
fefcen, bie fym erteilte ljerjogliclje fflürbe unb Mang $u behaupten."
hierauf erinnert es an ba£ Sonferenaprotofoll Dom 4. Decentber 1817
unb citirt beffen SBortlaut, jebodj in ber Sßeife, baß ber fiaifer bort Ijabe
erflären laffen, „jugunften beS ebengebadjten ^ßrinjen auf bie in Söhnten
liegenben, unter bem Tanten ber pfaljbairifcfyen @üter unb §errfd)aften
befannten . . SBefifcungen, loeldje traft beS ÄrtifelS 101 ber SBiener Son*
greßacte Unferen *ßriüatbomainen in bem «ugenblicfe anheimfallen follten,
too ba£ ^erjogt^um Succa bem ©roßfyerjogtfjume loscana einverleibt
toirb, bergeftalt SJcrjtc^t $u leiften, baß biefe ©ilter unb §errfdjaften bem
^rinjen grranj $ofef ßarl ^erjog von 9teid)ftabt übergeben unb üon
i^m lebenslänglich genoffen »erben follen." Demgemäß er*
Hart nun ber Äaifer feinerfeits „Ijiemit feierlidjft", baß in bem Stugcnblicfe,
in toeldjem bie bcjeidjneten #errfdjaften unb (Mter, tueldje namentlich an*
geführt »erben, ben faiferlidjen $rioatbomainen anheimfallen ttmrben, „2Sir
<tuf biefeS £>eimfalferedjt für Uns, Unfere (Srben unb Ifyronfolger sugunften
bes ^rinjen ftranj ftofef Karl, ^er^ogS fcon 9fteid)ftabt, fcerjidjten unb tootlen,
baß bie foeben erwähnten ©üter unb $errfd)aften mit allen iljrett betoeg*
liefen unb unbeweglichen ^ugefjörungen unb barauf Ijaftenben 25erbinb*
lidjfeiten biefem bringen, Unferem geliebten Snfel, als bie ju feinem
Unterhalte beftimmte Apanage oljne äuffdjub in ber Art übergeben »er*
ben follen, baß er gebaute ®üter unb §errfd)aften lebend
lang befifcen unb genießen fotl." . .
£>iebei erfdjcint auf ben erften SBlicf auffalleub, baß baS ßonferenj* protofoff beS 25orjaljreS, ttrie ttrir gehört, naäj ber fcorliegenben Raffung eine ßntfagung jugunften beS *ßrinjen „unb feiner geraben unb männlichen SKadjfommen" in «uSfidjt geftellt fjatte, toaljrenb in ber £urd>fül)rungSurfunbe biefeS *ßrotofofiS fjicüon n i d) t bie Siebe ift, fon* bern melmeljr nrieberfjolt flar unb beutlid) betont toirb, baß ber $rina bas fraglidje |)er3ogt^um lebigli^ „lebenslang bcfiften unb genießen fott." 3^m n?ar im December 1817 in aller 3'orm ein fünftigcS ©igen*
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tfjumSredjt gugefprodjen toorben; in SBirflidjfeit tuurte baSfelbe burdj, Diplom fcom 22. 3uü 1818 ju einem Ijödjft bürftigen, um nidjt ju fagen: armfeligen s3iu§niefjung$redjte begrabirt. S)ad jur 25er* füguug fteljenbe Sktcnmatcriat jtmugt ju btefer ©onftatirung.
(£ß unterliegt faum einem ,3tt>eifel, bafc biefe Äenberung ber ur* fprünglidjen ?tbftd)t, bie nur mit 3uftintmung be£ dürften äftetternid) bargelegt unb burdjgefüljrt derben fonntc ober ttiollte, auf eine ©inneö* änberung biefe« allmächtigen faiferlidjen JRatljgeber« jurürfjufü^ren ift. ©emi§ trar bie bezeichnete £I)atfad)e fein blof$er 8ufatl. Darin lag 9ftetl)obe. Da« ©egentljeil ju Behaupten, toäre eine Unterfdjäfcung ÜWetternidj'fd^er $olitif. ©ie tt>ar ganj offenbar im Saufe ber legten 2ttonate ju ber Ueberjeugung gelangt: an öonaparte burfte mit ifjrem guttun in ^infunft nidjt nur fein ©ouüerain, fonbern aud? nid)t einmal meljr rechtmäßiger Sefifcer einer Sßri&atljerrfdjaft toerben. Wlan Ijat behauptet, biefe Sßenbung ber Dinge, bergufolge bie SGBürbe eine« #erjog« üon 9ieid)ftabt „auSbrücflidj nur bem ^ßrinjen perfönlid), nidjt feinen 9iad}fommen üerlieljen tuurbe", fei „auf ^reujjen« SBorftellung11 aurüdjufü^ren.1) 9iidjt unmöglidj. Dann aber fam babei ber preu&ifdje $of eben ben Intentionen üRetternidj« in anffallenber, man mödjte fagen: rüljrenber ©eife entgegen.
aSer^ältntßtnägig Hein genug toar ba« neue £crjogtf)um 9ieidjftabu
ffi« fonnte fid) mit bem geroefenen gürftentljum grieblanb in feiner Sßeife
meffen. @« bilbete feinem äußeren Umfang nad) faum ben feierten £ljeit
be« lederen. Die Slrea 6etrug nad) bem heutigen ©taube ber Dinge,
genau gemeffen, 26.318 ha mit einem Sataftralrcinertrage üon 302.738 fL,
meldtet ©rtrag jebodj hinter bem tmrflidjen ©rträgniffe gcioi§ jurüdfteljt.
3Boljl mit annäljernber SRicfytigfeit ttmrben \)k ©infünfte, bie ber $)erjog
fcon sJieidjftabt au« feinem ^erjogtljum ju gewärtigen Ijatte, mit jäljrlidj-
500.000 ftranc« beziffert. @r fottte aber biefer (Sinfünfte nid)t tljeil*
ljaftig toerbeu. ©otoeit wir unterrichtet finb, mürbe itjm aud? niemals
Gelegenheit geboten, „fein" ^erjogtljum in $erfon ju befugen; feine
„Untertanen" ljaben iljn nie gefehlt.
# *
*
3u geräufcfylofer ^urüdfleaogenbeit, fo üiel wie nur möglich in un*
mittelbarer 9Zäfje feine« faiferlid>en ©rojfrater«, Verlebte ber $rinj bie
nädjftfolgenben Qafjre faft ausfdjliefclid) im ©djBnbrunner ©djloffe. ©djon
im Quni 1815 tjattt taifer ^ranj alle STnftalten für bie fünftige ©r*
1) £. to. £reitfd)fe, ©iftorifefte unb politiföe 8uffä$c, III, 156.
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jiefyung feine« ßnfelfinbe« getroffen unb ben (Seneral ©reifen 9Hori$ $ietrid)ftein mit beren Oberleitung Betraut, Ml« ben unmittelbaren, eigentlichen Sebrer unb ©rjieljer toäfylte üftarie ßouife, jtoeifello« auf fciel* feitige (Empfehlung, eine befonber« &ertrauen«tt)ürbige$erfönlidjfeit, beren Sergangenljeit tote beren Sljarafter jebe getoünfdjte 93ürgfd)aft leiftete.
Die« toar Eapitain 3oJ)ann 33. fj o r e ft i^ ein JBelfdjtiroler au« guter gamilie, geboren ju Orient *) am 30. 9JMrj 1776. ©r mar, nadj* kern er an ber $ngenieurafabemie ju SBien feine ©tubien mit au«gejeid)* netem erfolge jurücfgelegt Ijatte, al« jtoanjig jähriger Jüngling (1796) in bie faif erlidje Armee getreten, in ber er bi$ 1810 mit trieteu ©fyren biente unb bie großen Kriege Oefterreid)« toäljrenb biefer Szit, oorjügUdj in Italien, mitfodjt, ein 9ftufter unerfdjüttcrlidjer Eingebung unb Sreue. 3Rad) einem längeren Aufenthalte in Srobt) lehrte er nad) SBien jurücf. „Hauptmann Srorefti ift ein erleuchteter, befdjeibener, fluger unb fefter SWann, ein 3ftann eine« ganj fidlem Sljarafter«, ber burd) ©nttjufta«mu« fidj getoiß nid^t irreleiten lägt." ©o lautete ba« Urteil eine« Ijerfcor* ragenben 3*itgenoffen.2)
SBereitnritligft genehmigte ber $aifer uadj ffiinljolung umfaffenber unb eiugefyenber Informationen tton Sßari« au« ben 33orfdjlag feiner Jodjter, u. jto. mit einer an ben ©rj^erjog 9tainer, al« föegenten'©tell* Vertreter, abreffirteu ffintfdjliefjung öom 4. September 1815. ^ieüon nmrbe ftovefti burd) nad)ftel)enbe« ©cfyreibeu ©ietridjftein« üerftanbigt — e« fpridjt nod?, allerbing« nidjt ganj correct, fcon einem ,,<ßrinjenüon Marina'':
„2(n be« £errn 3?oI). SBapt. ü. gorefti ffio^lgebo^ren. ©einer ffaif. |>oI)eit ber ßrjfjerjog Rainer fjaben mir mittelft $>anb Billet oom 211- biefe«, praes. ben 24ten abenb«, ju eröffnen geruhet, @e. ÜÄajeftät ber Äaifer fänben e« fotooljl für bie intellectuelle al« fittlidje 2lu*bilbung be« ^ringen v. Parma notfytoenbig, ba§ berfelbe fdjon jefet einen ßr* jiefyer erhalte.
Die SSaljl be« Individuums jur Sefleibung biefe« fo ttndjtigen Amte« ift üon befcen grau SKutter Qljro 9ttaj. ber Saiferinn Marie Louise auf (Euer ©ofylgeboljrcn gefallen.
Se. SKajeftät ber Äaifer Ijaben biefelbe tiollfommen genehm gehalten unb bafyer mit £öd)fter @ntfdjlie§ung öom 4len biefe« 9ttonatljc« @uer ©itygebofyren jum ffirjieljer be« *ßrinjen v. Parma ju ernennen geruhet.
1) 2)a« ftofgenbe nad) gefälligen üttittfyeüungen ber 3ramtlienangel)örtgcn, foroie na* ben in ber „9litterftanb«urfunbe" be« benannten (Drtg., Pergament* . banb m. ©.) Dom 19. Sluguft 184t enthaltenen Angaben. •2) SRontbcI, S. 83.
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$nbem *d) bic Sljre fyabt, @ie Ijiefcon Vorläufig ju fcerftänbigen, erfudje idj ©ie, @id) ju ftljrer ÜWaj. bcr ftaiferinn ju Verfügen, atlbort bie nähern 9lKer^öd^ften 2lnorbnungen einsuljollen unb inbefeen bicfc ffir* nennung gefjeim ju galten, bte ©ie berechtiget toerbeti, babon ju fpredjen.
©djönbrunn, ben 25ten Septemb. 815.
Graf Moritz v. Dietrichstein m. p."1)
Die StuSjeidjnung, bte bem Sa^itain Oforefti Ijierburdj gutljeil nmrbe, ift um fo Ijöfyer anjufdjlagen, afe fte ntd^t gefugt toax. ftorefti ljatte audj gegen Napoleon gefodjten. SKadj ber unglücflidjen ©djladjt bei föegenäburg (1809, 22. 2tyril) mit bielen anberen Öfficieren in ®e* fangenfe^aft geraden, toar er &tu$z eines für iljn äußerft fcfymerjlidjen, ttnberlidjen Auftrittes. Der übermütige ©ieger freute uidjt baöor jurücf, feine ©efangenen mit SJonoürfen ju überhäufen unb gegen iljren ÄriegS* Ijerro brutale ©djmäljungen auSjuftofjen. Daran mufcte gforefti ftdj un* tmUfürlid) erinnern, als er bie oben mitgeteilte ^Berufung in Smpfang naljm. (£r fdjrieb roenige Sage nad) bem Antritt feiner neuen Stellung üertxauftd) einem naljen 93ern?anbten : a)
„Als ber grope Napoleon, ftolg unb Ijodjmütljig geworben burdj ben Sieg bei SRegenSburg, foldje SBeroünfdjungen gegen Oefterreid) ausftiefj unb ftd) fcornaljm, bie gamilie Sotljringen bis jum legten ©proffen aus» jurotten; als er, toon 3^tt ju &t\i mit feiner Uebermacfyt brofyenb, uns arme ©efangenen mit niebrigen unb gemeinen SluSbrüden anrebete: \>a fyattt er getuig nidjt geglaubt, bafj fein einziger ©ofjn eines StageS am SBieuer £ofe 3ufludjt finben unb beffen Srgiefyung einem öfterreid)ifdjen Offerier anvertraut toerben würbe. Unb bodj, fo ift bcr Sauf ber Dinge in biefer unfteten SBelt! Napoleon ftürjtc jtoeimal fcon bem toiberredjt* Udj eingenommenen Sljrone, unb id) gelangte aus bem elenben ©djmufce fcon SBrobt) jum ©lanje beS |>ofeS, iubem idj jum |>ofmeifter beS ftrauj Napoleon, 5ßrinjen von $ßarma, ernannt würbe." . .
9tm 12. October 1815 trat gorefti fein toeranttoortungSDofleS, fdjtmerigeS «mt an.3) (Sr feilte beffen ^fttdjten in ber erften £eit mit
1) ^Beglaubigte gteid&jeit. Stbfdjrift.
2) Sorefti an föatmonbo Öerrom, dd. ©4önbrunn, 25. Oct 1815. £)rtg„ etgenbänbtg. 2)er ©Treiber betont: „Questa onorifica ecelta cadde sopra di me senza ch'io giammai fatto un solo passo e senza che io avessi neppure sequato, ch'ella fosse possibile." . .
3) 9fäljercg über bag Steufjcre fetner Stellung in „Kegiatres de la maison de Sa Majeste Tlmperatrice, Duchesse de Parme, Plaisance et Guastalla. Palais de Schönbrunn ce 12 Octob. 1815." . . „Ses appointements sont fixös coDformement aux proportions etablies par Sa. Majeste L'Empereur notre
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äftottljauS @blen öon Eolltn, einem geteerten, burdj jaljlreidje *ßubli* catümen äftfyetifdjer unb poettfdjer Statur, fo inSbefonbere burd) bie Verausgabe ber SSBerfe feines bamals Bereit« fcerftorbenen ©ruber« $einridj fcortljeiUjaft befannten unb allgemein gearteten 2Kanne, ber bisher ber Crj^erjogin Caroline literarifdjen Unterridjt erteilt fyatte. Dbtooljl ber fJrinj erft bier ein Ijatb $aljre jäljlte, toaren feine natürlichen fjä^igfetten bod) bereit« berart getoeeft unb enttoicfelt, t>a% es notljtoenbig erfdjienen tytk, feine (Srjieljung in männlidje $änbe gu legen.
Der ftnabe mar fcon auSgejeidjneter ©djönfjeit, fotuie fcon überaus artigem, anmutigem Skneljmen. ©r fprad) gut franjöfifdj mit ber bem $arifer eigenen SuSfpradje. Sänge Qtit ftraubte ftdj baS Sinb gegen bie (Erlernung ber beutfdjen ©pradje, als beforgte es, fobatb es ftd) iljrer be* bientef aufjufjören, ein g-ranjofe ju fein. SKadjbem fein SDBiberftanb ge* brocken toar, lernte es mit ftaunenStoertljer 2eid)tigfeit, unb in feljr furjer 3eit fprad) es ebenfo geläufig beutfdj ttrie franjöfifd). grüljjeitig lieg ber fitiabe bemerfeu, ba§ er meljr backte, als er fagen tooHte. ©s toar bie Aufgabe ber Srjicfyer, biefe Neigung p mäßigen, ba fie fonft jur 93er* jtellung f)ätte führen fönnen; — fie ganj ju übertoinben, tootlte iljnen nie gelingen.
33on Ijödjftem pftydjologifdjen $ntereffe finb bie ausführlichen unb genauen Angaben, bie gorefti über bie allmählichen geiftigen Srortfdjritte bes ^rmjen beffen SBiograpljen üftontbel Vertraute.1) @S ift f)ier leiber rndjt ber Kaum, barauf nä^er einjugefyen. 9?ur eines djarafteriftifdjen 3ugeS möge gebaut »erben, ber an bie oben mitgeteilten SBorte goreftis jemaljnt.
Der <ßrinj fyatte baS je^nte $at)x erreicht, als bie 9iadjrid)t öon bem Jobe Napoleons, feines SSaterS, nad) äöien fam. 35er Äaifer be*
Auguste Pere a l'egard des Gouverneurs de notre eher frere S. A. Imp. TArchiduc Frangois. . . Traittement annuel — valeur de Vienne — fl. 2000; Supplement aecorde a tous les employes de P6tat ä raison de 135 pour cent — fl. 2700 ; Totale fl. 4700. — 11 jouira en outre de tous les avantages ä la place de Gouverneur de notre eher frere l'Archiduc Frangois, tels que la table, le logement, le chauffage, l'eclairage, l'usage du linge de table et d'appartement, la disposition d'une voiture" etc. etc. $laä) oottenbeter ©rjiebung tuurbe gorefti eine Sßenfton non 1500 fl. in (Silber au* gefiebert, (»egfaub. Hbfcbrift.) 1) 9ttontbel, ©.83—109. — $er unter fyoreftt^ tarnen im „granffurter (SonoerfationSblatt" (1838, 9fr. 103 fg.) erfebienene Slrtüet „Sie @r* Stebung beS £er$og$ oon SReicbftabt" ift im ^cfentltdjen nur ein Sftacbbrucf aus bem Sudje SDfontbelS. fjoreftt bat notorifd) niemals einen Slufiatj fer* öffentlich
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auftragte fjorefti, fic feinem Böglingc mitjutljetlen. „Die« mar am 22. Quli in ©djönbrunn," erjagt ftorefii ; „an bemfelbcn Orte, an bem* felben Jage, an welchem er, cilfSaljre fpäter, uerfc^eiben follte, fünbigte id) ifym ba$ ©nbe feinet 93ater« an. Cr »einte bitterlid), unb feine Sraurigfeit mäfjrte mefjre Jage. ,#err üon f^oreftt/ fagte er bamat« ju mir, »mein ffiater badjte, al« er ftarb, mofjl nidjt, baß ©ie e« ftnb, &on bem id) fo t>ictc Kebeöotte ©orgfalt unb fo üiele groben fcon 3u* neigung erhalte!4 — ©r fpielte bamit auf jene SRegendburger 2lffaire an, bie itjm gorefti einft erjagt ljatte.1) „Site id)," fügt biefer bei, „bem jungen <ßrinjen ben lob feine« Sater« mitteilte, Ijatte er alfo mit vielem ©djarfftnn bie merfmürbige 3ufammcnfteflung gemalt, ba§ ber üon 92a* poleon Ijart bet)anbelte ©cfangene fcon ber 25orfel)ung beftimmt mar, einft ber ftüfyrer unb treue Sfreunb feine« ©oljne« ju merben."
Damit miberlegt fid) gleidfoeitig ba« nod) bei Sebjeiten be« ^ßrinjen melfad) verbreitete üftärcfyen, al« bätte man bei feiner Srjiefjung ängft* lid) fcermieben, il)n über bie ©djicffale be« 33ater« aufjuflären.*) Dem ift — mie nod) fpäter gezeigt merben wirb — entfd)ieben ju miberfpred)en. „©ein 3Sater mar il)m bie Äfe feiner ®ebanfenmelt."
Mental«, beteuert ft°*cfti, in feinem Älter unb bei feiner (Mögen* fyett fjörtc man ben grinsen feine frühere fiage bebauem; ,,bod) maren," fegt er fofort f)inju, „mie id) fd)on fagte, feine Sßorte weit entfernt, alle ®ef)eimniffe feiner SBruft ju enthüllen, ©päter bemerfte man, baß er bie 3fel)ler, meiere fein SSater begangen fyatte, richtig beurteilte ; nie fam aber in biefer SBegiefjung ein SBort über feine Sippen. " Defto rüdljaltlofer unb offenherziger mar ber $rinj, jum Jüngling herangereift, gerabe in biefem fünfte bem ©inen gegenüber, ber fid) rühmen burfte, feine ©eeie ganj erfüllt ju l)aben. 2Kan lefe bie prächtige ©d)rift „ÜRcin 23erf)ättnif$ jum #erjog Don üteidjftabt" Dom ®rafen Sßrofcf dj*Dftcu.
Die Neigung be« jungen £erjog« ju feinem ©rjiefjcr mar eine auf* ridjtige. Da« bemeifen feine eigentjänbigen 93riefe an Storefti, bie mir f)ter ber ÜÄe^r^abl nad) jum elften 2Me veröffentlichen. ©« fiub iljrer nur mentge, ma« fdjon baburd) erflart roirbf baß ©Treiber unb (Smpfänger faft ununterbrochen jufammenlebten unb fid) f)öd)ft feiten — in jaf)re* langen ,3mifd)euräumen — für furje ,3eit wn cinanbev trennten. Diefe ©djreiben reiben bi« in ba« jmölfte %at)x be« ^rinjen jurüd, mafyrenb
1) üRontbel, ©. 90 fg. — SSergf. 9$rofefd&*0ften: „Stein Serbfiltmß" u. f. »., ©. 75.
2) SJergl. u. 81. „SWarte £oui[c unb ber $erjog üon 9teid)ftabt" :c. (Sern, 1830.) — £rettf*fe a. a. C, IIIf 157.
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iic legten 3*tfen ein ftaljr bor feinem Jobe gefdjrieben mürben, $ebe 3eite trägt ben Stempel ber Sfyrlidjfeit unb ©aljrljeit. Unb bennodj i ann man fidj bei üjrer Durdjftdjt be3 SinbruäeS nidjt erwehren, baß fie nidjt $ffe£ fagen, toaS fie fagen fönnten ober möchten. Das gilt felbft* rebenb mef>r Don ben fpäteren als ben erflen SebenSjeicfyen, bie uns öon berfelben |>anb erhalten toorben finb. ©ie »erben toefentüdj crgänjt burdj eine größere Änjaljl ©djreiben beS $rin jen an ben ©eneral ©rafen Sfram Sfbalbert bon 9ieipperg, ben bekannten jroeiten ©emaljl ber ffijt* f atferin üftarie Souife, ber jebodj als f oldjer, tuie nnr anjunefymen genötigt finb, feinem ©tieffofyne n i dj t befannt getoefen ju fein fdjeint.
$m Sfuguft beS ^aljreS 1823 tourbe bem sßrinjen geftattet, benÄaifer, feinen ©roßbater, nad) Sßerfenbeug, bem frönen, ^crrlid^ gelegenen f atferlidjen Suftfdjloffe nädjft 3pS an ber Donau, ju begleiten, ©eine 2Rutter teilte biefen Aufenthalt unb mit iljr ©raf SKeipperg, ber ttrieber einen feiner ©ofyne erfter <Sl)e — toaljrfdjeinlid) Sllfreb, geb. 1807 — an ber ©eite Ijatte. $m SJoügenuffe ber fjret^cit, bie iljm bergömtt tt>ar, be* ridjtet ber jugenblidje ©Treiber in fnappen unb bod) jiemlidj fließenben ©orten über bie fieinen greuben unb Seiben feines SanblebenS, nidjt oljne nebenbei getoiffenljaft bem geftrengen Seljrer gegenüber ju betonen, baß er audj feiner $ßflidjt als Sernenber einigermaßen ©enüge leifte. ©eine ©djreibtoeife ift eine bötlig ungefünftelte, anmutfyenb finblidje; bie ©djriftjüge nodj fnabenljaft, bod) feft unb gleichmäßig. 9tteljrfad)e €orrecturen jeigen, \>a% er bei güljrung ber fteber, toentgftenS in ber beutfdjen Spraye, nod) ©djnrierigfeiten ju übertoinben fjabe. ?ludj ein 3Softfcript fehlt niefct nadj Strt ber tinber unb grauen.
SBir finben ben ^ßrtnjen brei Qa^re fpäter (2) toteber in einer ©ommerfrifdje, in bem befdjeibenen, anmutigen Sßeinjierl, inmitten dner reiben, großartigen 33ergn?elt. Unb toieber ftnb ©roßüater unb SKutter mit iljm. 3Btr erfahren aus einem furzen SBtffet, baß er in lefcter 4}eit mit feinem Seljrmeifter bie Qngenieurtmffenfdjaften betrieben Ijat, u. gm. nidjt bloß tljcorctifd^ ; bie „SlufnaljmSftunben" in fiajenburg finb iljm in freubiger (Erinnerung. @ie erfdjetnen iljm als eine gute Vorübung für bie großen unb toeiten Spaziergänge, bie er nun loodjenlang, befonberS in Segleitung feiner SKutter, unternimmt. Qu ©efettfdjaft beS Äron« prinjen, beS nachmaligen Äaifers gerbinanb, füljrt er fogar eine 93e* fteigung beS Detfdjer au§, beS fagenreidjen nörbtidjften SergftodcS ber nicberöfterreidjifdjen Sllpen mit ber entjüdenbfteit 3luSfid)t auf baS Donau* tffal. <£r ftettt fie ^ö^er aU bie fcom ©c^neeberg, bie er auc^ fdjon lennen gelernt; fie ift, toie er fagt, „romautifc^ fd^öu". Der ©inn für
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Sttaturfcfyönljeit gefyt if)tn feineStoegS ah. S)te Sßälje be$ SaiferS ift iljm: feljr lieb; er toünfdjt, bafc ber Äaifer rrnoc^ redjt lange ijier Bleiben mödjte." £)as 9tHeS ju fagen, Ijat aber ber junge 9ttann foum bie Qzit~ ©r beruft ftd) beSljalb lieber auf bie „3frau Siefel", fie „tt>irb biefeS toeit beffer nnffen." goreftis ©irtfjfdjafterm toar früher offenbar Ijäufig in SBeinjierl. Qfn ber @ile fcergifct ber ©Treiber fogar, einen begonnenen ©a$ ju üoHenben.
Die fünf folgenben ©djreiben (3—7) ftnb an ben©rafen9Ui:pperg gerietet, ©ie gehören ben Qaljren 1825—27 an. 2Kit einem SBort Der* ratzen fie ba£ befonbere 25erljältni§, in toeldjem iljr Stbfenber ju bem Stbreffateu ftanb. „3Wein tljeuerfter £err ©raf!" ober „Mon General!" ift bie Hnfpradje, mit ber er fid) tym nähert. $at er oon jener morga* natifdjen @f)e, bie feine üon ifjm aufrichtig, innigft geliebte SKutter mit biefem Spanne üerbanb, nichts toiffen toolleu? §at man für gut befunben, ü)n bafcon nid)t8 ttriffen ju 1 äffen? SBie war e3 möglid), baS öffentliche ©efyeimnifj iljm gegenüber 3U toaljrenV — ©er fonft fo offene, unge* jtoungene, ja Ijerjlidje £on, ben feine geilen atljmen, jtoingt, tute gefagt, jur Annahme, bafe bas fdjeinbar Unmögliche fid) Ijier tfyatfädjlid) ereignete.
©ctoiffenfyaft unterrichtet ber ^ßrinj ben ©rafen oon ben ^ortfdjritten fetner ©tubien. llnb biefer üerftefyt e£, ben Jüngling an fidj ju jie^en^ er üeranlafjt if)n, feine fdjriftlidjen Arbeiten iljm fcorjulegen. 3Mefe ©cifteS* probuete aber foirmen itjrcm 33erf affer au3 bem |)erjen. Darum finb bie Sobfprüdje, bie ifjm getyenbet toerben, für il)n enttoeber leere Sompltmente ober im beften $alle Aufmunterungen, ftdj immer meljr ju fcerüollfommneiu Qn ©djmeidjeleien fieljt er nid)t3 anbetet, aU bie STünbiguug bteljeriger grcunbfdjaft; feine 33cfd^etben^eit verbietet iljm, bergleidjen oon irgenfr Qcmanbem anjuneljmen. Um nidjts beneibet ber sJJring ben ©rafen mel>rr als um ba§ ©tücf, ber 3ftutter immer nafje fein ju bürfen, jumal bei ©clcgenljeiten , tote ber iljrer ©eburtstagsfeier.
ÜRit toarmen ©orten banft er ben 9?atljfdjlägen SietypergS, ftd) ber franjöfifdjen ©pradje befonbers gu befleißen. ,,©ie foHen fie nidjt auf unfruchtbaren unb unbanfbaren S3oben gefäet fyaben," ertoibert ber Snabe mit faft begeifterten ©orten. „Stile nur benfbarat Setoeggrünbe muffen mir ben SBunfdj einflößen, mid) in iljr ju oeroollfommnen unb in bie ©djtoierigfeiteu einer ©pradje cingubringen, bie für mtd^ augenblicflicfy ba^ toie^tigfte t?on allen ©tubien getuorben ift, ba fie bie ©pradje twar, bereu ficf| mein SJaier bebiente, um in allen feinen ©d)ladjten ju comman* biren; burdj bie er feinen tarnen mit 5Ku^m bebedte unb in ber er un& in feinen unoergleicfylidjen S)enfn?ürbigfeiten ber Ärtegöfunft ba£ le^rrei^fte
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Äntefeu jutftcHicfe, unb toett e£ fein HBrße foor, ben er Iris jn fernen («jteD fttgcnbliden immer ttneber airtfpr«^, ba$ idj bie hatten ai^t berle*g*e, in >er idj geboren luorben!" . . . <Rn IBerg wh Serb&djttgungen ber Srfttefyang be$ ^ßrutjen toitb burd) biefe feine Äeufcerung für immer fcefeitigt.
fflit freiurtrtidfrer ^eifoafyme bttiiftö er (9) bem Skalen Aber bie a $dge <ine$ UnfÄfieS fcrfeigefül)t*e ffirfrenfung Srjljerjüg g eti> in a «b *, taS jtadjmatigett ftaifaß, im ^exbfte beg $afyre$ 1828. Q^m fdjeiirt «ber kr fcrfje *ßadent me$r an Sangermeile ate an ©djmerjen pi la&oriren; tz Aar ein föarfer 8eobad)tex. äuffaHcnb ift fein tktfyetl über ben an* glMidjen General 9)1 ad, be$e* |)üifd)eibtu er 9&et$jerg mdbet. Qfym Jpben „bie ausgejeidjneten ÜDtenftc, bie er goletftet, bie gleite 9ta)tu«g «ingepfet, ^te [ein lUigBief". $a, er hefeirat, in bem ©efebide triefe« ©enerate einige Äefjnlidtfeit ju finben mit bem ieineä eigenen beworbenen ftoterö, trofc ber 93erfdjüebenfyeit ifyver ©tettungen. „Serbe," erttärt ber ftkj, ^^bereinft mit Sftufym beberft, faäter fcont ©lad berlaffen, eitbigten ilpt fianfbafjn im S>nnM. 2)pd) fceibe umxbeu audj üi i^rer ©cuiebtigung geartet »eil fie zurzeit ä)rer'@r% ftdj Sldjhtng ju berfdjaffen towifJÄeu." — <£in föfcie* ©Ott im 3£u»be eines fiebjefynjafjrigen 3&ngliwg*.
2>a mar fdjon ein Sreigntjj eingetreten, ebenfo wtettDartet itne er» freulkjj nadj ber 9Jteinung uufereS ^rinjen; ein @reigui§, ba£, mie er fast, „bieleS öorbeeeiten" foU, ja baS iljn „plöfclid) jum gUkfticfyften ber SRenfdjen madjt". (£r fütflt fi$ bobon beravt ergriffern, ba§ er \m ®IM aller 3Belt erjagen möchte unb fid) unmöglich )*erfagen fann, feinem in uadjjter 9?ä(je toeüenben Eeljrer uub greunb im Uebermafc ber ©efüljie ftd) fofort mitzuteilen (S), ber fd)lagenbfte SietoeiS gegen -bie äkfyanpiiwg, er teure b^n 9tfatur berfdjloffen gemefen. @r mar *$ unbebingt mi)t, fanbern Ijatte melmeljr baS lebljaftefte Sebürfni§ nac^ aJüttfyeiüuig.1)
Hub jene^ ®rei|Äi§, ia^ ifyn fo in ßÄtjücfen gemt^eai lägt? — 2üer «nftige fiönig ton föom nnb fiaifer bon %xanttä<fy nnicbc i?im feinem ©ro^toter am 17. Stuguft 1828 jum f. !. — |)au|)lmaiKU er* nannt! — ß^ ift gerabejn rüfycemb, i^it barüber f^rec^eu ju fyören. rfiumfen bor greaibe uwb laum «im ©tanbe, eine ?lntmort ju ftammeln/' )o noijm er m§ eigenem ©eftänbuige biefe sJiad>vic^t auf. 2)ie Butter $ t%, ber er bie ßrnennung eigentlich 311 banfeu t>at. Sie t^atte bat Saijer mehrere Xag/t lang Darbereitet unb if)iu eubüc^ U)re Sitte tan> jeteagen. 2ier Äai^r meigarte pc^. ®r a^jik jn^eifotto^ bag fein .©taat^
l)$ralef**Often a. a. O-, 85.
Wttt^iliragcn. 97. 3a^rgangf l ^fft. 2
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njinifter nid)t etntoerftanben toäre. Aber bie £odjter toat bieSmal ftärfer als ber üDKnifter. ©te Ijatte bcn flugcn ©infatt, einen un&erbädjtigen SBunbeSgenoffen anzurufen, ben ©rafen SDietridjftein. Auf beffen SRemung compromtttirte fdjliefjlid) ber ffaifer. üDietridtftcin aber vereinigte feine 33itte mit ber ber Äaiferin, unb bie gnte ©adje Ijatte geftegt.
SBie gefagt, ber *ßrinj toar überglücflidj unb in biefem ©lüde über* ftrömenb bon Danfbarfeit gegen fteben, ber baju beigetragen Ijatte: bie üttutter, bie ©rafen SWeipperg unb ©ietridjftein, bie ©enerale Shitfdjera unb ©alte u. f. xo. Derßrfte aber, bem er bie grcubeubotfdjaft fdjretbk toeil er gufallig abtoefenb, ift ßapitain 5^^efti. „£ljeuerfter £>err Äamerab" — fo fpridjt iljn ber #erjog an, ftolj barauf, ftdj mit 8tcd)t fo nennen 311 bürfen, benn nun ift er tok er ©olbat. $attt ber gute Äamerab bod* jahrelang biefem ©taube mit ausseidjuung gebient unb iljm felbft, feinem .Sbgting, ben erften Unterricht barin erteilt — einem ©taube, ben er ifjm „als ben emsigen fcorftcHte, ben er ergreifen fonnte". *Bon nun an toitt er ftdj benn mit Srnft \)tn militärifdjen ffiiffcnfdjafteu tuibmen; nid}t£ foH iljm ju ferner fein. „Sljrtrieb unb ber ©unfdj, mid) biefer StuS* jeidjnung ttrilrbig ju betueifen, tnerbeu mid> änbern," ruft er auS; „idj toiU alles Äinbifdje ablegen — im wahren ©inne beS SBorteS ein ÜIÄamt toerben. 35aS ift mein fefter ffintfcbluß!" . . .
2ftan üerftel)t biefe ©pradje nid)t, toeuu man nidjt jtpif^en ben feilen ju lefen bcrfudjt. @S fefjlt aber ganj unb garniert an genügen* ber Anleitung ju foldjer interlinearer Erläuterung.
SS toar im grüljfommer beS $af)reS 1830, als bem ^ßrinjen jum erften 2Wale ber SKanu begegnete, ber iljm im Äugcnblicf als fein anbereS Qdj erfdjien: *ßrofefd)*Dften. Sine jugenblid} fräftige, eble ©rfdjeinung, tpeftmännifdj unb toiffenfdjaftlid) Ijoctygebilbct, Acn bon einer mefyrjäljrtgen Drientreife surüdgefeljrt, von ber er ebenfo toie bon ben großen euro* päifdjen £ageSfragen mit berebtem 9ttunbe ju beridjten ttm&te; eine bon #auS aus fdjroärmerifcfye, für alles ©nte unb ©djönc erglüljenbe SWatur : toaS tpar begreiflicher, als baft Ijier ein £>on Sarlos feineu $ofa in ?ßerfon gefunden ^atte! „Arm an Sßirflidjfeit, reid) an (Srinnerung unb an Hoffnung," fdjlofc fiel) ber faum ^tDaitäigjä^rige tf)in mit ber ganzen ©lutf) feines ^erjenS an. „©eben ©ie mir 953af)rl)ett!" beftürmie er ben ftrennb, feine £>anb erfaffenb ; „bin id) nnrflid) etioaS toertfj unb einer großen ^ufunft fäl)ig, ober ift nid)ts an mir? SBaS benfen, tt>aS ertüarten ©ie t)ou meiner 3uhinft? SßaS fauit ber ©ofyu bes großen Äaiferö trerben? . . Qft es mein 3>evl)äuguiJ3, nie lieber nac^ grantreid^ ju
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fommen, fo ift es mir ©ruft mit bcm SÖunfdje, DefterreidjS a über er $rinj Sugen ju werben."1) . . .
„DefterreidjS aubcrer ^ßrins (Sugen !" baS trat es, was bem ^ringen öor ber ©ecle fcfywebte, als iljm fein faiferlidjer ©rojftater bie Sljarge eines ^ttptmanneS fcerlief). $lid)t am QkU, wofyl aber am SuSgangSpunfte ju km 3iele feiner SebenSroünfdje fafy fidj ber ftüngling, beffen felfenfefter finifdjlufc es nunmehr ift, ein 3Äami ju »erben. Unb er fjielt ©ort.
9JHt Seib unb ©eele ift er babei, ftdj jum fcollenbeten ©olbateu Ijeranjubilben. 3für iljn beburfte es fünftigfyin feines ©pomS, üielmeljr mir nodj eines 3ügelS. 3Äit bem größten (Sifer betrieb er aufjer bem eigentlichen ©tubium bie Seetüre ber bebeutenbften ftrategifdjen unb ge> fdjidjtlidjen SBerfe älterer unb neuerer 3eit; mit ber gleichen Eingebung oblag er ben militärifdjen ©jrercitien ju 3fu| unb ju *ßferb. @r muf$te immer wieber Don neuer Ueberanftrengung jurücfgeljalten werben.
2)afcon geben anä) bie nädjftfolgenben ©riefe beS bringen an ben ©rafen SRetpperg 3eugmf$ (10—12). £)er eine, aus ©aljburg, ift in ber Stunbe beS abermaligen SlbfdjtebeS Don ber üWutter unb bem ®rafen gefdjrieben, Sefcteren foöte ber Sßrinj nidjt wieberfeljen. Sßie in SSora^nung beffen geftefyt er offen: „1)ie Trennung Don meiner SKutter unb fcon 3^nen fyat mid) Diesmal mefyr als je betrübt, unb wäfyrenb ber galjrt t>abe iö) nur an bie SBeweife fcon ©üte unb ftreunbfdjaft gebaut, bie mir ju geben $f)nen gefällig War — insbefonbere feit ber glüdttidjen Qdt, ba id) bie Uniform trage, bie id) lünftig ju fcerbienen Ijoffe, inbem id) btc Saffenlaufbaljn mit SRuljm unb ©fyre burdjeile, gegenwärtig aber, inbem id) mid) mit Smfigfeit für einen fo eblen S9eruf Vorbereite."
©raf SReipperg war leibenb. SErofebem unterlief* er nidjt, ju Seginn bc$ neuen SaljreS fidj mit feinen ©lücfwünfdjeu brieflich einjuftellen, ©offlr üjm ber $rinj Von gangem £erjeu banft, mit ber 33erfidjcrung, bafe „bie fraftigen unb auSbrucfSfcollen ©djriftjüge" iljm bie ©enefung üjreS Autors befunben. @r fyofft alles üon ber 2Bieberfel)r ber guten 3#eSjeit, „unb bie Suft wirb fcollenben, was bie Siebte fo gtüdtlid) be* gönnen fyaben." . .
2)odj nidjt nur SReipperg war ein franfer 2ttann geworben. ?ludj uafer jugenblidjer ^rtnj begann bereits ju fränfeln. ©ein Äörper, in 2roIge rafdjen SBac^St^umS ^od^aufgefc^offen, toar e^er fd)toäd)tidj als fräfttg wib beburfte einer getoiffen Schonung. Unb juft fein lefctertpafynteS ©^reiben lägt mit SBeftimmtljeit annehmen, ba§, wenn nic^t fdjou früher,
l)$rofcf*-0ften, 12 fg.
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fo eben gu SBeginn be8 3fal>rea 1829 fx$ fai i^m bie ©puren jene« SeibenS einteilten, ba3 iljm fpäter fo gefäfytfidj werben füllte. „Unfe* Sarneoal," fdjreibt er bem ©rafen, „wirb ntdfyt fo antmirt fein, wie in früheren $af)ren, jebenfaHs aber nicfyt gtänjenber für midj afe für ©ie, ba man mir ba« Xattgeti t>er6**en Ijat, nm jeber Äungen* affection äorjubeugen." . .
•Wod) ein paar unbatirte $tikn be£ *ßrinjen an ben ©rafen SKeipperg fhtb mrrljanben, ttermutfylid) an« ben erften grebruartagen 1829. @ie freuen fidj über bie guten SRadfyriäjten, bie bom ®efunbf)eit£$uftanb fre£ ©rafen eingelaufen unb bem ©Treiber „ein tmauSfpredjticijeS SBergnfigeii" berurfadjen. „3$ fyojfe," fäfjrt ber ?ßrtns fort, „bafc ftc ftdj rafdj folgen »erben; bie Shrrtft ber Slerjte, bie Pflege meiner SKutter unb berSDamen, fototc $f)re gute Sonftitntion werben bajn bettragen. Sie werben batb nadj *ßarma jurücffeljren, id) bin beffen gewiß; unb e$ wirb Q^nen fcon $l)rer ftrartftjeit ntcbtö bleiben ote bie Erinnerung an bie atigemeine £fyeitnal)me, fowie iiejcnige Qfyrer 2Hajeftäten, ber @r#jerjoge, aller ^rer ©affengefäfyrten nnb Q^rer 3freunbe. ©te finb jafylreitfy, biefe gteunbe; iä) fdfrmeid>le mir, ba§ ©ie mid) immer gu iljnen jagten toerben. $&) tüfte ©ie bon ganzem §erjen." . .
äßenige ®oc§>en — trieSetcfyt nur Sage — fyäter, am 22. ^e&rnar 1829, ftarb ©raf «bam »balbert ißeipperg.
SEBie fid) bcnfen täfjt, waren bie SRadJTidjten be$ ©ommerö 1830 au$ $aris t>on ungeheuerer SBüfung auf ba$ ©ewrütfygleben be3 ^ntt^en. ©ie ^ulirebolution fyatte ben £l)ron feine« SJaterö plöfclid) wieber erlebtgt sJDiit flammcnben Settern traten bie ©orte be$ 'toätedidjen 5Ceftamente$, „qu'il est ne prince fraiwjais", tor feine ©eete, iwn nidjt lieber ju oerfdjwinben. t$t touf$te fefjr genau, bafc Jaufcnbe unb afoer SCaufenbe rn feiner alten £ermat nadj ifym verlangten, uon if)ra afiein bie Ä&eberljeT* fteßung ber £etrlidjf eit be£ glomic^nÄatferlfyroneg ermarlenb. «tterbiiigs Ijatte er babei woi)l feine Ahnung bon ber Serfdpwöaing ftowfyeg, bes $erjog$ oon Dtranto, beS äRarfdjalte Sföaif an, fawie be£ €ommanbttnten oon ©trafeburg unb aller übrigen ©enerale, welche bie £ruppen auf ber Sinie bi« ^JJari« befehligten unb fid^ gegenfeitig eiblic^ verpflichtet Ratten, ben ^erjog im Xxwxrtpi) naij ^ßari« ju füt^ren.1)
®er STranm eines ^ringen €ugem war wm nun an für ben Sftrifer* fo^n ausgeträumt ober wtrrbe bo^ nur f^ernfbar t?on if»m *feftge^a!ten, nm «nbevc, fjetnfte^enbe über bie wahren trbft^ten be§ SCrSumenben
1) <ßroEcj*sCftcn, 8. 80.
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ju tauften. „3rent liegt «einem #er$ett ttnbanf gegen Defterreidk" er* Sffncte ei p$ tan SSufeifreuitÄe, „ober kfr beide (urf 5ranfre«&* Sljcotte fifcenb eise mächtigere ©Äfre ilpt toetfeen ju tötmen, atö in ber tftaUe ctne$ <ßrntje n (Sugen. 3to bitfe fpred>e id> tti$ ^u0, fcamtt man mi<l) bte SSaJjit ber 93t5a|fett fii^are, bie für ben @ofyn %a&Qleon$ bie aÄein richtige ijt ^ebet ÄrkgjBrttJjm, ma i$ üpt immer erwerbe, toirb miefy bem Jlirou* n%r bringen."1) $>ie £fconbcfteigung 2oui£ ^ittp^ beirrte il>n ntdjt iM feinen Öffnungen. Sie die ©ett glaubte er uidjt an bie $altbarfeii biefes Sljtwie«; fjürft 2Rettemiei> pfo^ejeite nad) brei Penaten einen neuen Umfterj frei 35tnge in granfreid). Unb lein (geringerer als Äaifer Öranj felbft fowrad) in jenen Sagen jn bem $rinjen unnmrounben toon, ber )Sli& Udtfeit eines SBanbete ber $e*tyiftiriffef ber ifyn auf ben franjöjifdjen J^ron führen fönnte.2) SWidjt anber* aber bauten unb fpradjen 2Karie Souife, bie 3Hntter, öraf ©ietricfrftein, ja balb ber gan# 2&etter #of. SBar e£ ein S&un&er, ba& fty be$ $rätenbenten allmätjlid) eine ©ttmwnng; bemächtigte, bie feine @eelc #t tier^ren brotye?
3$on aöebem ftalyt in ben netteren Briefen bes jnngen SQexioqß an feinen ©r^iel^er, bie »oir uoefy mitjirtfyeilen traben, felbftüerftänbtk^ fein SSort. 35wi bem frtdjften unb &t^ti\\f ba* üpt befähigte, fdjrieb er and> je|t niebt ©efto bejeidjnenber ftnb biefe feilen fir feine Stent* unb |)anbluug$toeife im getoöfjnfid^en %&en. @ie geben feinem £>er$en ba« benfbar befte 3eugm&.
9?ocfy brei ©^reiben liegen Dor (13—15). 2)a3 eine ift ttom Anfang DetoberS 1830 au« ^refjbnrg batirt, »o ftd) ber taiferlidp £ef aud «nla& ber JfrSmntg (Sv^xioQ 3tobinanb3 jnm Äönige t?on Ungarn t)ier SBodjen lang anlieft. 3>re glanjenben unb lärmenben fteftltdjfeiten, We ftd} ba brangten, nahmen ben ^rinjen ntd)t fcoBftänbig in Slnfprucfy. Sin ftrebfamer junger 2ttann, ber ftdj bem SWilrtätbienft toibmen moöte, tyxftt ftdj um feine ^Protection benwrbeir, bie er if)m benn awi) naij allen ©eiten mit einem SWadjbrudf angebeiljen ließ, ber giüfcer faum gebaut merben fömtte. Unftreitig: |)er3en«gilte n?ar bie l)ert>orrageitbfte Sigenf^aft be« ?rinjen. SDer WaufSd^ ber Sr'önungeifefte aber Keß ifjm aui) täg(id> jmei bis bret ©tmtben S^i W ber ßectürc, b. b- bem ©tttbhim gn »ibmen. Cbmfo Faö er bie ^ittnigen täglich mit Segierbe.
©in unDatirte« S3Iatt ftammt aus ben erften Jagen be^ Qaf)re$ 1831. 65 fpvic^t t?on überftanbener ^ranf^cit unb erfunbigt fid) nad) bem
1) »afilbft, &. 17. — »ergt Stcttfd^c, a. a. £., in, 157 «nb 207. S> $rotef*»Oftc»r S. 2ö ffi.
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S5eftnbcn beS toorübergeljenb gleichfalls ertranften fjoreftt. „2Bie geljt es?" fragt bcr ^crjog; „ber ©djiueiß luirb 3$nen fic^cr feljr n?oI)I getl)an Ijaben. 2Rir toentgftenS ljat er eine große SSeränberung in ber Äranffyeit bettrirft." — 2)ie Sefferung fotttc leiber nidjt anhalten. — üDer 2Raler ©djnorr (offenbar ber befannte |)iftorienmaler Subtoig gerbinanb ©djnorr tton ÄarolSfelb, ber bamals beinahe ausfdjließtidj fcon ben ®r$er}ögen Sofyann unb %xani Sari befdjäftigt toar) fyatte gebeten, iljm eine Angabt Segnungen üorlegen ju bürfen. Die 33itte fyatte, ol)ne Qtoztfd toegen Grfranfung beS ^ßrinjen, abgenriefen toerben inäffen. „9?un tootlfommen gefunb," fdjreibt biefer, „toerbe idj im ©taube fein, baS SCalent beS §tTtn ©djnorr ju toürbigen, unb ba id) gegen einen Äünftler nidjt fyart fein toitl, ertoeifen ©ie mir ben ©efaHen, iljn toiffen ju laffen, baß idj morgen um V24 Ufyr SWadfymittagS feine Qziiinnnizn fefyen mödjte."
SBenige 9Honate fpater — am 14. Quni 1831 — tourbe baS bis* ljerige SSerljältniß beS ©erjogS ju bem ©rafen £)ietrid)ftein n?ie su gorefti gelöft. ©eine claffifdje unb militärifdje (Srjiefyung toar beenbigt; er trat „in bie £rujtye" ein, in ben praftifdjen SDHlitärbienft. ©S brauet feine 23erftdjerang : mit taufenb greuben folgte er biefem Stufe, toie bem feiner (Srlöfung. £)ennod) üerfäumte er nidjt audj in biefem ftaffe feine Sßflidjt unb ©djulbigfeit. 9fm Äbenbe besfelben StageS, an bem er ben legten Unterridjt burdj fjoreftt genoffen Ijatte, richtete er an biefen einen furgen, aber überaus fycrjlidjen, bauferfüllten SlbfdjiebSbrief.
,/Der lefcte £ag," fdjrieb er — n>ol)l nidjt oljue Slbfidjt in ber üButterfpracfye feines SeljrerS — „ber legte Sag, ben nrir in ben SBe< jieljungen äufammen verleben, in benen iuir burdj fedjjefyn $ai)xt geftanben, muß unbebingt bcr Erinnerung an eine ®üte, eine ^erjlid^feit unb 3rreunbfdjaft geluibmet fein, bie 3t)r 95ilb in unauSlöfdjtid)er SBetfe meinem |>erjen eingeprägt fyaben. ©lauben ©ie mir, baß bem nid)t nur ^ente fo, fonbem baß biefe ®efül)le mein #erj jebergeit belegen werben, baS im £icfften burcbbruugen ift fcon biefen 2leußcrungen meiner geber." . .
£)odj man lefe biefe SBriefe öollinljalilid), fo, nrie fte uiebergefdjriebcn tmtrben. ©ie geben erft bie 9Röglidjfeit einer richtigen ^Beurteilung iljreS ©djreibers. $l)re 3Kittljeilung bürfte um fo toitlfommener fein, als SReli* quien biefer Art, ber 9?atur ber ©ad)e nad^, toie ernannt, ungemein feiten ftnb.1) 2Bir geben fie in bud^ftäbltdjer ©euauigfeit toieber.
1) SStr banfen bie Senkung biefer Schreiben bcr befonberen ©eföHtgfett ber !Eod)ter ßap. gorefttS, be§ Sri. 3ofcftne öon goreftt. — 9bix bie ©riefe
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(in ^orcfH.) 1.
$erfenbeug am Uten «ug. 1823. Sieber §err t?. gorefti!
©ir finb in bem lieben unb fdjönen $erfenbeug, toeldjeS ftfynen cinft aud) fo gut gefiel, glüdlid) angefotnmen; toenn es nur audj nidjt regnen modjte, benn geftern regnete es faft ben ganjen SCag. $n ber ftrül) gingen nrir geftern mit meiner ÜJhttter tyajieren unb tourben t?on einem fc^r ftarfen ©ufj überrafd)t, nrir toaren bamaljls in ber ©egenb bem 3t o 1 1) e n i) o f , ben fie audj fennen unb tourben, bis ttrir nadj ^oufe tarnen, ganj nafc, eben fo erging es uns 9Jadjmittag.
@raf 9?eipperg uafym feinen ©oljn mit Ijiefjer unb behielt üjn bet) ftd) bis geftern. £e$terer bat midj audj $!jnen toiel fdjBueS ju fdjreiben, unb :$ljnen ju banfen für bie ©üte, bie ©ie gegen ifyn Ratten, ©eftem Äbenb naljm idj Don ber ©räfinn SBalliS eine £anä*Section unb ©raf Sietridjftein ftrielte Slamer; idj Ijörte xfyx gitm erften Sttaljt fpielen. ©Ijer als id) Qljnen jefct fdjrieb tt)ieberf)olte idj in ber italicnifdjen ©ram* mair ein *ßaar ©efprädje.
£>eutc fpeift ber regierenbe §erjog tton Koburg bei) uns, toeldjer Srainburg gefauft Ijat unb bort biefen ©ommer jubringt.
$d> bitte erhalten ©ie in Qtyrem Slnbcnfen
Qfjrcn ©ie innigft liebenben 3Bgthtg ^ranj.
P. S. 3Reine Smpfetjlungen an bie ©räfinn unb ben ©rafeu $>altoerme.
(«n Swejtt.) 2.
(SBeinjtcrl, 3. ©eptember 1826.)
Siebfter $err Hauptmann!
3$ ergreife mit ftreube bie $eber, um midj um ffix toertfjeS
SBofylfein ju erfunbigen, unb um $l)nen gu fagen, baß idj mit ftreube
an ©ie unb an unfre SlufnaljmS*©tunben in Sajenburg, bie mir als
jeljr gute SSorilbung im ©efyen, für bie großen ©pajiergänge, bie idj je£t
1, 6, 8 unb 12 Hegen im Originale toor ; bie übrigen hmrben toon ber Samitie . int 3al?re 1863 bem Satfer Napoleon III. sunt ©efdjenf gemacht — ol?iic baß berfelbe, tote bemerft su »erben fcerbtent, btefe $Iufmerffamfeit einer Scadjtung getoürbtgi fyättt. — 9?ad*bem ba$ üflanufeript üorliegenben 5luffafceS ber SHe* baetüm bereits fängft übergeben toar, würben einige ber bicr toeröffentltdjten Briefe Don anberer ©cite int 9ttorgenbIatt ber „leiten freien treffe" öont 8. 5lprtl 1898, jebod) sunt SEr^ctl nur brudjftücftüctie, 311m üt^etl in bfojkr Ucberfefcung abgebrueft, fo bau aud) tfyre SBiebergabe an biefer ©tette uns üon me^r als einem ©eftdjtSpunfte aii$ öottfcmmeu geredjtfertigt erfdjcint.
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unternehme, bienten, benfe. SJor jttjei Sßodjen Beftieg id) mit kern ftro*- ptiÄjen ben Ötfdjer, ton »v auß tmr eine prächtige ÄuSfidjt bis nadj £inj unb Sitymen genofjen, idj toaat mir ja Jagen, baß fie fdjöner ate btt ttottt ©djrnceberg ift. Die gange (SWgtirfc Don Sfteinjierl nadj ©c^eifrö über ©urg an bent Äateiiljof ift rontaattifd^ fcfyön. 2J?eme SDiuttEX f)at audy einige febr große ©pftjiergäirg', bei loeld^u i<$ fie 6e* gleitete, larternotfimiL ©ie fo nrie ®e. SWafeftät ber Äaifer unb Mt Äaiferi* u«b bie örj^erjoge Bcfaiben fhfy äffe fefc gut, bem Änifer fdjläg* 6t$0nberS bie üortrefflidje Saft fcljnc gut air.
©ier fpridjt man gor nic^t oou unfem StBretf c ; td) tuünfdje, ba$ ber $aifer nodj redjt lange tjier Bleiben mödjte. SP6cr ju toaS brause id> 3^ticTT affe3 biefeä ju fdjreibeu, benn ftfyre grau £ i f e I n?irb bicfeS loeit Beger »igen. SSerjeifjen ©ie mir toenu td) 3f)ncn nidjt meljr fdjreiBe, aber tpeil meine SKntter mfdj girm Sfien fjoten laßt. 3dj fuße ©te unb fcerbteibe
Qfyr ge^orfamfter SMartr
$rans föetcfyftabf. ©einjierl am 3ten ©eptemBer 1826.
(SIrt SRei'Werg.) 3.
(ffiien, 14. Dctober 1826.)
9Kein tfyeucrfter f)err ®raf!
3Reinem 33erfpredjen ju golge, ergreife idj bie 2feber, um ©ie toon meiner forttoäljreHbett £anfbarfeit, für bie mir fo jafjlreid) ernnefenen ©efäöigfeiten ju fcerfidjern, unb um ©ie ju bitten, mir forttoäljrenb Qljre ftreunbfdjaft unb fo gütige 9?adjfid>t ju fdjenfen.
Sfir finb ÜDienftag1) um 7*S Wljr in 85ien angeforoincKy nadjbem ttrir jtoifdjen (Stnunbcn unb £a neb ad) ben maj^ftätifdjen. Jrounfaö befrijeu, bie Siadjt burcfygefaf)ren, ju ÜÄölf un$ eine ©tunbe aufgesattelt unb ju ©t. ^öTten ben (Sencral 3Kad2) Befudjt fjatten. 3fn Sftötf trafen ioir ben ®enerat ©tarfyemberg an, ber auf \ünt ©iiter reift, um bort bis im Dejember ju jagen.
JÖöfyrcnb i(ty ^Jfynert biefeS fdjreibe, etfyafte icfy ^ren gütigen ©rief au$ ©afjBurg, ber mid) um fo meljr freut, als id) erft au3 ^nnS*
l) 10. Dctofor.
2> Siebe uvten dir. I0r %nm. 4.
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bxui 5Rad}rid»teH fpffte, unb i^ « bemfelben lefe, bafc ©ie btt Steige bt* Salzburg, gluefiid) }tt?ttrfgelegjfc ^aBeu.
3$ bitte ©ic, ber ©räfin 2Balli$ unb Toccoli nwhte uiifcr* tljömgjie Cmpfeljiuug ÄuSfuridjien unb mandjeftnal 311 beulen au Qftien ergjtbenften fjreuub
gtanj ü. Äcidjftabt. SBSieu ben 14tcn Oftober 1&26.
(2u Sßei^rg.) 4.
Sßkn ben 24ten Dftober (1826). äRein t^entrfter |*rr ©raf!
3fdj iiberfenbe ftljnen Ijiemit bie ©djilbernng meine« ÄuäfhtgS auf ben £>tf djer, ette f$ma$e 3todjbilb«ng 3fyre$ bmrdj Sürse un* Äfctyttgfeit fo anÄgejtid^neten Ä»ffa|e3 Aber bro ©djneeberg. — ÜWögen ©ie bei IDurdjkfung bfefer ©latter rmfft auf bat guten Sitten, <tl# auf ben früjalt fefjen; mögen ®ie meiner ungeübten gfcber, meinem ttn&ermögen im ÄuSbtäcfett bie grölet, bie beerin öorfommen, hergeben; mögen ©ie enblidj überzeugt feinr ba| id) nur aud %mäft, burd) ehte unreife ©djtift bie (Sfcfurcfyt, bie i$ ^Ijnen föuibe, ju üerlefcen, fie Sljnen nidjt früher iiberfenbete. $>*r$ ben heutigen ©$rüt breifter gemalt, »oge idj, ©ie um 9iadjfidjt ju bitten unb er{t binnen trierje^n Sagen ben jweiten Slnf* fa^ ben ii) 3^nen üerfpradj, ju ernwrten.
3$ tonn mir leid)t bie greube ö*r$teBen, bie ©ie empfanben, als ©ie ben Älfreb1) toieberf«be«. :3$ Mte ©ie, tyra rec^t *iel ^reunb» fdjaftlidjeS ton mit ju fagen, fo tute au$ ben #of *©ameu unb bem Paveri meine ömpfefyhmgen auäjuridjten unb berfidptt ju fein, bafe id) mit £odjad}tung bleibe
ftljr ge^rfamfter Diener Sranj ffleidjftabt.
(«ir »etwerg.) 5.
(mtn, 16. December 1826.) Monsieur le Comte! Je m'enpreate de repandre k Vatre dermere kttre du 17 No- vembre. Je sais que les louanges que vous m'y doniiez ne sont point
1) SUfreb Sluguft Sari, ßeb. 1807, ältefter (2ofrt beS ©rafen SIbam Slbalfcert 9ßetpj>erg cm3 beffen erfter ©tje.
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des compliments, mais que ce sont des encouragements, pour mieux me faire reussir dans le second petit essais que j'aurai 1'honneur de Vous remettre.
Dans tous les cas je devrais refuser Vos louanges, par ce que je n'en suis pas digne, et que je suis persuade des defauts, surtout de ceux de style, qui remplissent ma petite description, qui s'eloigne bien de son but, celui, d'etre parfaite dans la representation des contrees que j'ai parcourues. Je suis en memo temps tres peine de ce que vous aviez voulu me prouver par-lä, que bons cessez de m'honorer de Votre amitie, en me flattant, par des expressions que la modestie me defendrait d'accepter de personne, et moins encore de Vous, Monsieur le Comte, si m§me j'avais la faiblesse de m'en faire un merite.
Je vous envie, bien plus que jamais le bonbeur, d'&tre si pres de ma mtere, de l'avoir felicite, le douze1) Vous m&me, tandis que moi j'ai du me borner k Lui ecrire, pour une journee aussi solenelle, et qui ferait naitre dans mon coeur le desir de me rendre ä Parme, si je n'etais persuade, que le changement qui s'operera en moi et qui sera le resultat de ma ferme resolution de me livrer avec exac- titude ä l'etude des sciences, afin de meriter par mes progres Vos eloges, qui seront pour moi toujours le garant le sür de la satis- faction que j'aurai pu vous procurer, . . .2) sera plus manifeste Tete prochain ou j'espere toujours vous revoir.
Vous m'ecrivez, Monsiur le Comte, que vous avez la bonte de m'envoyer la description du voyage du Col. de Stilvio, et je vous en serai bien reconnaissant comme aussi h Alfred qui a con- serve mon Souvenir. — Soyez persuade, Monsieur le Comte, que je suis avec respect
Monsieur le Comte
Votre tres obeissant serviteur
Fran$ois Duc de Reichstadt. Vienne le 16 Decembre 1826.
1) SDcr 12. S)cccmber war bcr ©cburtötag 3Rarte Soutfcn«, ber Ottutter bc« ^eraogö.
2) ^ier fdjetnen im Onginal einige SBortc ju feblcn.
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(8n 9tajfl>erg.) 6.
(SojcuBurg, 26. Sunt 1827.) Mon General!
J'abuse de nouveau de votre bonte, en vous envoyant une traduction Italienne, bien plus agreable que les precedentes, k cause de l'original aussi elegant et expressif qu'amusant, instructif et interessant par la noble franchise qui y regne. — . Je prie, votre Excellence, de ne pas croire que je veuille egaler par mon faible essay l'original; car je sui trop persuade des talens eminens de Pauteur et de mes faibles facultes, pour croire d'avoir fait une traduction qui reponde ä ses pensees et ä ses tournures parfaites. — . Mon but principal etait de donner peut-etre au digne auteur une nouvelle preuve de ma veneration et de ma gratitude sans fin que je lui dois ayant tant de preuves de sa bienveillance que je chercherai k meriter ä Pavenir plus qu'auparavant. — .
Comme vous connaissez fort bien, mon General, celui qui a ecrit cette narration et qui a pris une part si glorieuse ä la belle entreprise y exposee, je compte sur votre indulgence si je vous trasmets ma dite traduction. — . Recevez-la je vous prie comme une nouvelle marque de mon estime pour vos bauts merites, de mon amitie sincere et de ma gratitude profonde. — .
Pespere lors de votre voyage äVienne de pouvoir vous donner de vive voix des preuves de mes progrfes dans les mathematiques et dans l'bistoire ques vous possedez dans un si baut degre. — . «Tai subi il y a une quinzaine de jours mon examen de logique et je suis dejä imbu a cette beure dans les principes de la metapbisique et de la statistique, qui m'interessent beaucoup. — .
Je vous remercie bien, mon General, de votre charmante lettre et croyez que je serai toujours de Votre Excellence
Le tres-humble serviteur
Le Duc de Reichstadt. Laxenburg ce 26 Juni 1827.
7. öl» SWeiWetfl.) (<5d>ön&rmm, 22. (September 1827.)
Mon Generali Assure par vos lettres recentes de ne plus vous revoir cette annee ci, je recommence ma correspondance, que j'aurais desire
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convertir en un commerce verbal. — I/Espoir que le Colone! Werklein nous avait donne de vous voir dans le cours de cette automne, m'avait fait suspendre ma reponse ä votre derniere lettre, craignant que la mienne ne vous trouvat plus ä Parme.
U est vrai qu'en attendant j'aurais pu vous en ecrire une demie douzaine, maia Fespoir de finir un travail que je desirai* vous presenter avec ma premiere lettre, dont je ne pus venir a bout, m'a mia en retard, dans im de mes. plus agreables devoirs, jusqu'a cette heure. —
Je vous remereie infininient, mon General, de vos conseils con- cernant la langue £ran$aise. — Vous ne les aurez pas semes sur une terre inculte, ni ingrate. Tous lea motifs imaginabies doivent m'inspirer le desir de m'y perfectionner et de penetrer les difficultet- d'une langue qui est devenue ä ce mement-ci povr moi la phis essentielle de mes- etudes> puisque c'etait eile dont mon pere s'est servi pour Gammander dans toutes ses batailles oü il a glorifie son nom, ei dans Laquelle il nous a laisse le souvenir le plus instruetif dans ses memoire* incomparables sur Part de la guerre, et pareeqae c'est sa volonte qu'il a exprimee jusqu'a ses deraiers moments, que je ne doive meconnaitre la nation entre laquelle je suis ne. — Vraiment j'ai la ferme inteation, que j*ai commence ä mettre eu oeuvre de m'appliquer avec toute l'assiduite possible a cette efcude.
La semaine prochaine j'espere subrr mes examens de meta- phistque, de la langue kitine, du Statistique et d'histoire dans laquelle je suis parvenu jwsqu'k Cbarles-Quint. — Outre cela je me suis occupe durant cette ete de la Geometrie, de Trigometrie (sie) et de la levee du Terrain.
Peut-Stre serai-je deja dans la fortification quand vous vien- drez Pete prochaine äVienne. — Gustave y entre au mois d'Octobre. II m'a cbarge de tous dire bien des choses tendres. Quant a moi je suis avec un profond attacbement Mon General!
votre tres obeissant et attache
Francis Reicbstadt. Scbonbrunn 22 Sept. 827.
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8. (In fjoreftf .) {6#&t*niimr 18. ftugnft 1688.)
Sljeuerfter $>err (kamerdb!
$6) beeile mid^ ob*«! ba$ angeueljmfte ßretguifc meines Sieben* mitjutljetlett. — . ©n ßreignijj, baS eben fo unerwartet, als erfreulich war; ein Sreignifc, ba$ öieleS torbereüete; ein ffireigniß, baS miä) plüfc* lidj #im glücflidtften ber 9Kenfdjen machte- — . — .
öeftetn öor ber Safel rief ber Äaifer weine SJhrtter in fein ©djreib* jistmer; «a$ einer fnrjen lUtferrebung fam fte JjeraaiS, fjwad) fiteren Sofötat *>iele$ mit bera General *) unb bem (ärafm,2) fott>ie beij ber £afel mit bem Äaifer, nwbety fic mid> immer anfalj unb lädjette. — . SWad) ber £afel fpielle ber Äftifer tnie gett>ö$idic& feine Sßarfyie, unb erft Utfm fcuSeinanber geben rief er mid) ju |id^. — „3)u J&aft fdjjm Iängft etoaS gettmnfcfct," fagte mir ber ßaifcc. „ftdj, Eur Majestät/' «itoortete idj ganj Verlegen unb bad)te an einen ©djerj, ben meine SKutöer mit mir machte. — „3a," ertoieberte er, „unb jum 3ei<$eu meiner $ufriebenl)eit unb ber Dienfte, bie td) öon Dir emart^ «uienne icb Dicfc jum Haupt- mann in meinem Jäger-Regiment. — . äöerbe ein brotoer ÜKenfd), baS ift afleä tt>a$ id) toünfdje."
#iemtt toerliefj mid> feine ÜKajeftät. — . £ronfen &or gteube unb faum im ©tanbe eine Änttport ju ftammeln entfernte idj midj. — 3m großen Saale »artete bie ftaiferinn meiner fo wie bie ©rjljerjoginnen unb alle Ferren; fic ttrflnfdjten mir alle ®lücf. — . hierauf ging id) ju meiner 9Wutter, ber id) meine (Ernennung eigentlich banfe. — . ©ie be* reitete ben Äaifer fdjon mehrere Sage barauf fcor unb braute iljm enfr* lid) geftem biefe Sitte [@amftag£ 3)] üor. — . abgeneigt, biefe* ju erfüllen, toieö er fie auf bie SKeinung be3 ©rafen Di et riefte in jurücf, ber bafür ftimmenb unb feine SBitten mit ben üjren einenb ben ÄuSfdjlag gab. — ©eftern griil) nmrbe e$ betuifligt, unb ÄbenbS fertigte fr 3Ä. 2. Äntfdjera, ber mir eine fu Iprglidß 2^cilna^me betoieS, baß id) nur mit ber kuigften SDanfbarteit feiner gebenden fann, ba$ ^anbbillet an $r. H<oh« n zollern au£; balb »erbe id) betj ber Armee ate fyatipt* mann Gelaunt fetyn, balb btqm ^Regiment pucUcirt »erben! — . — 35er ©eneral SKei^perg, ber bety jeber ^elcgenbext mir \o triefe Qciifytu feine« ©oljlroollenS gibt, tt?ar fef)r erfreut, midj als Offizier $u fe^en;
1) ®raf Reip^erg.
2) SDietrid)ftein.
3) 3m Drifl. burd^ftrtc^cn.
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unb ©eneral Salis badjte gleidj, als idj e$ ifym mitteilte, an ba3 Vergnügen, ba$ e$ ffintn üerurfadjen toürbe. — .
SBirflid) mügcn Sic, tljeuerfter #err Samerab, bcr crftc in SBien Don meinem eintritt in einen ©tanb benadjridjtigt feijn, in bem ©te inäljrenb mehreren ftafjren mit SluS jeidjnung bienten ; in lueldjem @ie mir ben erften Unterricht erteilten, nnb ben ©ie mir als ben einzigen, ben id) ergreifen fonnte, tjorftclltcn. — . ftefct luollen nrir mit ©ruft uns mit allen militäri^en ©iffenfdjaften befannt madjen; uidjts fott mir ju fdjnjer fetyn; ©Ijrtrieb nnb ber Sßunfdj, mid) biefer 2tu$jeidjnung toürbig ju betoeifen, inerten midj anbetet ; idj ttritt alles ffinbif dje ablegen, im toaljren ©inne beS ©orteS ein 9Wann inerten. — . £)a£ ift mein fefter Gfntfdjlufj. — • @3 nerfteljt ftd) Don felbft, t^euerfter #err Samerab, bafe nidjt btc {Rebe ift, jefct fdjon eutjutretten, fonbern bafc biefeS erft als bie SBeloljnung meiner Doffenbeten ©rjiefyung unb meines gereiften ©inne$ erfolgen toirb. —
Der ©raf fdjreibt ftljnen alles über meine ©quipirung weitläufig, unb idj hittt ©ie nur hierin fo toiel möglidj ju eilen. — .
©mpfeljlen ©ie midj fünftens bem Steg.1) Obenauss. bem 9Ji a \ o r Weiss, bemBartholemy [bie getnifj Ijerjlidjcn Slntljeil an meiner (5h> nennung nehmen] unb bem #n. 33urg«*ßrälaten.*)
$dj üerbleibe, |)err Samerab,
Diener unb gfreunb ftranj u. SReidjftabt,
Hauptmann. — (In marg.:) Re$u 19 Aoüt 1828 Rep. n „
9. («n SRetpperg-) (©aljburg, 30. September [1828].)
Mon General! La Separation de ina mere et de vous m'a afflige cette foi-ci plus que jamais, et durant la route je n'ai pense qu'aux marques de bontes, et d'amitie que vous avez bien voulu nie donner, surtout depuis Fepoque heureuse que je porte l'uniforme, et que j'espere meriter ä Pavenir en parcourant avec gloire et honneur la carriere
1) SReaienmgSratb Sreifcerr 3ofef oon Obenauf fett 1825r ttad> bem Sobe 2tt. GofltnS, ebenfo rote SSeifj unb ©artbolemö, Seljrer be$ ^ersogö non föetcfcftabt.
2) P. 9Jtt*ael SBagner.
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des armes; et en ce moment ci en me preparant avec assiduite pour une si noble profession. — La route de Rosenhey m ä Salzburg est pittoresque, et surtout remarquable par les rians (?) naturages, et par le Kinsee,1) qui roule ses eaux le long de la Chaussee. — . Ärrives ä Salzburg nous avons faits des visites au capitaine du cercle, et ä PArcheveque ; et nous pensons nous coucher de bonne heure. — Je vous prie mon General de presenter mes respects ä ces Dames, et d'excuser ce barbouillage avec de Fancre claire comme de Peau, et avec des mauvaises plumes, et soyez persuade de l'amitie la plus sincere, avec laquelle je suis
Votre serviteur et ami
F. D. de Reichstadt Salzburg le 30 Sep. Capitaine.
10. (Hn SReiwerg.) (äBien, 11. SRobember 1828.)
Mon General!
Votre lettre de Turin du 25 8bre m'avait dejä bien rassure; votre heureuse arrivee ä Parme, et la marche de votre convalescence augmente mes consolations. Gustave et Erwin,2) qui se portent tres bien, out partage ma joie en lisant votre lettre. —
Le Prince hereditaire3) va mieux. — II est toujours encore au lit, mais l'ennui surpasse, ä ce qui me semble, ses souffrances. Le haut-bras est en suppuration, et les morceaux de woaate (sie) qui sortent de la plaie entretiennent encore une petite fievre. — Les dragees y resteront apparemment, et je plaindrais beaueoup le Prince, s'il devait attendre patiemment dans son lit l'epoque de leur sortie. —
La mort du General Mack4) vous aura sans doute affligee, mon eher General. — II etait dejä bien faible lorsque je le vis
1) Sic; recte „S&iemfee".
2) ©uftaü Slbolf griebrid& (geb. 1811) unb @rn> in <$rana (geb. 1813), <5ö&ne erfter ®f)t be3 ©rafen Hbam Slbalbert SReipperg.
3) ©rrterjog Serbin an b.
4) SÜR2. Garl Sttacf 3rreif>err Don Sei berief, geb. 1752, geft. au ©trotten, 22. October 1828, befanut burä) bie ungltitflidK Kapitulation öon Ulm am 13. Dct. 1805. Son einem Äriegägeridjte sunt £obe üerurtljeilt, burdj faiferl. @nabe aber ju Saffation unb atpeijäbrigem eJeftungSarreft üerurtbetlt, war er nad) SBieberaufnaljme feinet SßrocejJeS am 3. 53)ecember 1819 in feinen mtü* tärifdjen SRang n?ieber eingefefct morben.
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ä mon retour de Salzburg. — Les Services signales qu'il a rendus n'ont inspires autant d'estime que 8<m infortune, et favoue que je torouve quelque analogie entre «on sort, et celui de fem man pere; quoique dans des positions fort differentes. — Taus deux jadk oouverts de gloire et abaadonnes par la foituae, ont termine leur carriere dans l'obscurite; mais ils füren t respectes meine dans cet abaieseroent, parce-qu'ils s'etaient fait respecter dans lenr grandeur. —
J'ai repris roes occupationB depiris mon retour de 'Hollits-eh. — Les etudes militaires paitagent mon temps avec le droit, !a statistique, Phistoire et les langues.
Mess : Foresti et Obenaus vous presentent leurs respects. — Veuillez bieu £tre Pinterprete de mes sentiments envers ces Dames et soyez persuade, mon eher General, de mon amitie inalterable.
Francis de Reichstadt.
Vienne ce 11 Novenibre 1828. P. S. Je viens de recevoir la lettre de ma chere Maman du 3. —
Je vous prie de lui dire, que je lui baise les mains et que je
lui repondrai Samedi.
11. (Sit SWeipperg.) t # (Wim, 10. Jänner 1829.)
Mon Oeneral!
Je vous remeorcie de vos voeux pour la nouvelle anuee, «et de
votre bonne lettre dont les caracteres vigoureux, et expressifs doub
annoncent votre convalescence. J'esypere tout de la bonne saison qui
va recommencer; et l'air finira ce que les medecins out eatrepriß
si heureusement. — Le Comte Tige1) est leve, et sart, mais la
pc-rte de tout de sang Pa extrfement (sie) affaibli ; il est waigre, et
devenu calme. — Vos fils, mon General, aont hien-portans; on con-
tinue ä les louer, et Erwin s'applique avec du succes. Je voiß
Gustave tous les dimanches, et nous nous rappelons les journees
agreables que nous avons passees chez vous, et que nous esperons
voir retourner cette annee-ci. — La fievre scarlatine edatee chez
les enfants de Mons. Obenauss, et qui le rencloitre chez lui, pen-
dant six semaiues, a, interrompu mes etudes de jurisprudenee etc.
Les etudes militaires n'^en faront que gagner. Notre c&nneval ne sera
pas si anime que les annees precedentes ; mais en tout «as pas plus
1) SBofy^rtff Sofef $ige, barodlS f. f. Ofcerft mnb SDknfttftnrmwer be$ Ston- prinaen ^erbinanb.
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brillant pour moi, que pour yous, parceque on m'a defendu la danse, pour prevenir chaque affection poitrinaire. Croyez, mon General, que personne ne prend une plus vive part ä tout ce qui vous concerne que
Yotre
ami et serviteur Franpois de Reichstadt. Vienne ce 10 Janvier 829.
12. 8fo SGeiwerg.) (— 1829.)
Mon General!
Les bonnes nouvelles que nous recevons sur l'etat de votre sante me causent un plaisir inexprimable ; j'espere qu'elles se suivront rapidement; Part des medecins, les soins de ma mere et de ces dames et votre bonno Constitution y contribueront. Vous retournerez bientot ä Parme; j'en suis sür, et il ne vous restera de votre maladie que le seul et agreable souvenir de la part universelle qu'y ont pris L. L. M. M., les Arcbiducs, tous vos compagnons d'armes, et vos amis. — Ils sont nombreux ces amis ; je me flatte que vous m'y compterez toujours. — Je vous qmbrasse de tout mon coeur
F. D. de Reichstadt Cap.
13.
&n Sorefti.)
Pressburg ce 5. Octobre 1830.
J'espere vous revoir mardi prochain, mon eher ami, et avoir regu alors une seconde lettre du Colonel Hart mann, qui a demande prealablement la permission h notre proprietaire de prendrQ Hasslinger comme cadet dans son regiment II a ecrit danß la meme intention au commandant de Pecole de Deutschmeister, mais j'ignore le resultat de cette double correspondance. — Le mois d'Octobre me rapelle ä ma promesse, et vous me rendrez un service bien agreable, si vous vous informez chez Salins de la reponse qu'il a donn^e ä Hartmann. S'il est contraire ä mon souhait, j'adresserai la meme priere au General Salis. Peut-etre avez-vous en meme temps la bonte, mon eher ami, de prendre des informations relativement aux frais de l'equipement, afin que nous puissions ter- miner, lors de mon retour, Paffaire en peu de minutes.
Küt^Unngen. 87. Oaljrgonfl. 1. $eft. 3
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Le sejour de Pressbourg est brillant, une fete, une parade, une reception chasse l'autre; mais je puis pourtant vouer deux ou trois heures ä la lecture. Nous recevons tous les jours lea gazettes, gräce ä votre bonte. — Le roi de Hongrie est entierement retabli de Vacces qu'il a eu, et toute la cour est bien portante. Adieu, mon eher ami, pensez quelquefois ä mois et soyez sür de la vive recon- naissance de
votre sinefere ami
F. R.
(«n ftorefti.) 14.
(- 1831.) Come sta? Sicuramente il sudore gli (sie) avra fatto un gran bene. A me almeno aveva fatto un grande cambiamento nella ma- lattia. Adesso intieramente sano, sarö in istato di pregiare il talento di Signore Schnorr, e non volendo essere duro di rimpetto ad un' artiste, Ella mi fara piacere di farli sapere che desiderei vedere
i suoi disegni domani alle tre e mezzo dopo pranzo.
F. R.
(«n gorejK.) 15,
(SBten, 13. Sunt 1831.)
L'ultimo giorno che passiamo insieme nei rapporti in cui siamo stati da sedici anni in poi, deve sicuramente esser dedicato al sovvenire d'una bonta, d'una cordialitä e d'una amieizia, che hanno impresso la di Lei immagine d'un modo indelebile nel mio cuore.
Creda Ella, che non e soltante oggi, ma che questi sentimenti animeranno sempre il mio cuore, che sente profondamente queste espressioni della mia penna.
Vienna ai 13 Giugno 1831.
Francesco Duca di Reichstadt.
9lie gab e£ einen ©olbaten fcon fo glüljenber, aufopfernber Se* geifterung für feinen 93eruf, tote ben $erjog fcon 9icidjftabt. SereitS im ^ult 1830 toar er jum 9Major, im 9ioüember beSfefben $af)rc$ jum Dberftlieutenant atoaitcirt; al$ foldjer trat er nnu in ba3 Regiment ©iulaty.
Salb nadjljer fat) iijn $rofefd)-£)ften nad) längerer Streimung lieber. Gr fanb iljn „entfdjieben ruhiger; feine ffiünftfje toaven biefelben geblieben, aber feine Hoffnungen tjatten fid) geminbert." CDic ©rflärung fyiefflr
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jhtbtn nrir in ben ÜRittljeilungen Dr. ÜWalfattiS, beS ^crjoglic^cn fieib* arjteS. Auf feinen SRatfy toar ber ffitntritt beS Sßrinjen in bie Armee, ber fdjon im SKärj 1831 Ijätte ftattftnbeu follen, aus (SefunbljeitSrüd* netten auf fed)S STOonate IjinauSgefcfyoben toorben. 5Wur bie forgfältigfte Pflege ermöglichte bie Durchführung beS 33orljabenS. „SBon biefem Äugen* Blide an/1 erjäfylt 2ttalfatti, „üerroarf er alle meine SRatljfdjläge ; \<t) toav nur nodj ber QufäavLtx eines (Eifers oljne 2Kaf$ unb (Srenjen für feine neuen ©jercitien." . . SineS SageS fanb iljn ber 9trjt erfdjityft unb t?otttg hinfällig auf bem ©opfya liegenb. „$<t) jürne biefem erbärmlichen fiörper," rief ber Arme aus, „ber nidjt bem SBiUen meiner ©eele ju folgen oermag !" ■) Der üteft toar tin rafdjer SBerbrennungSprocefc.
SRitte Januars !832 mufjte bie Dienftleiftnng bei ber Gruppe ein* gcjteHt »erben, ba bie Sörperfräfte beS ^ringen nidjt meljr ausreisten, 3m Februar toarf iljn bie Äranfljeit auf baS Sager, baS er im ÜWai verlieft, um ttneber nad) ©djönbrunn ju überftebeln, früher als fonft. Da bie Sftäume, bie er fonft ju betooljnen pflegte, nodj nidjt hergerichtet fcaren, bejog er ben entgegenfte^enben (linfen) 5^gel beS ©cfyloffeS, ben* felben, ben fein SSater im ©ommer 1809 bctootjnt Ijatte. 9?od) flacferte bort feine fiebenSflamme Ijin unb trieber auf, um jebod) balb für immer ju toerlöfdjen. ©r ftarb am 22. $uli 1832 in ben Ernten feiner un* glüdlidjen üKutter, faum einunbjtoanjig $at)xt a^-
©S fefylt nidjt an fcerläBlidjen, einget)enben 5Kad)tid)ten über bie legten Jage unb ben Eingang beS ^erjogS. ®leid)iuot)l glauben tüir nadjjtefyenbcn, bisher unbefannten 83erid)t eines unbebingt glaubtoürbigen 3eugen ber SJeröffentlidjung nidjt Dorentfyalteu ju bürfen. Der 33erid)t* erjlatter ift fein Slnberer als ^orefti, ber langjährige Setjrer unb Jreunb fce$ grüfyberftorbencn. ©r fdjreibt, nod) unter bem erften ©iubruef ber Mjogeneu fieidjenfeier, ber er beigetooljnt, feinem Sruber Qofef :
„9ßien, ben 26. ftuU) 1832.
lieber Joseph I 9Rein früheres Numero fcom 22. braute Dir bie $ad)rid>t t)on bem Eintritte beS ^erjogS fcon Reichstadt, feilte melbe id) Dir bie bereits gefdjefyene SBcife^ung ber Seiche, tocldje öorgeftern Stottgefunben ; bann bie geftern unb fyeute abgehaltenen Srauerfuctionen, als ©efdjlufc biefeS l}öd)ft betrübenben ©veignißeS. Die üon allen Seiten laut geäußerte £fjeilnal)me toar unbefdjreiblid) grofc. Die 33ett>egnng in ben Straften, baS |)inbrängen -jur 93urg gerabe fo tüte bei irgenb einer bebeutungS&ollen 2Belt*33egebenl)eit.
1) ÜÄontbet, ©. 171 fg.
3*
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©eil er in bem ©d)loße ©djönbrunn entfdjlummert ift, unb idj Be^ fanntermaßen nidjt meljr bei iljm mar, fo fyabe id) iljn aud) erft 4 ©tun- ben nadj feinem $infd}eiben gefefyen, nemlidj um 9 Ufyr SSormittagS am ©onntage. ©eine — toaljrenb ber Äranfljeit — fo fefyr geführten Büge Ratten fidj lieber ausgeglichen, unb bie gange föufye beö StobeS lag fdjon auf feinem Stntlifce.
3d) fann Dir meine bamaligen ©mpfmbungen nidjt befdjretben. ©ecfySgeljn ftaljre beS toertrauteften Umgangs Ratten midj an iljn fo eng gefnityft! ©eldj ein gefdjeiterteS Unternehmen toar biefe gange ©rgieljung! ©te toiele ©rtuartungen ber großen ©elt, toie oiele Hoffnungen eingelnec Wenfdjen ftnb mit biefem fdjönen Jünglinge begraben Sorben!
@r toar fdjon in ben legten ©odjen feiner Äranfljeit fo abgemagert, fo abgeborrt, ba§ er einem uralten SWanne gleid) falj. Qdj erfdjradE, aU idj einige £age früher in fein ©djlafgemadj tratt, unb er mir — auf feinem Sopha fifcenb — mit oieler aWütje bie $anb reifte.
9lm Slbenbe bor feinem £obe toar er aüßerft unruhig. DiefeS fcer* mehrte, toie natürlid), bie Äufmerffamfeit fetner Umgebungen. 9laty 2Rittemad)t tourbe es mit ifym ftiirmifdjer: e^ tourbe iljm atfed gu enge, gu beflemmenb. ©rfagte: „3fdj muß untergeben, ruft mir meine üttutter." Die gute SWutter erfdjien unb blieb bei iljm bis gu feinem legten Sltfyeni' guge. ©r tourbe in biefer toerljangnißöollen 9?adjt nodj einmal mit bem Sacramente ber ©terbenben Oerfeljen, unb als ber ©eiftlidje iljn fragte, ob er ein toenig betten toolle, machte ber $ring eine Bewegung, als tooCte er bie #änbe falten, toar aber fdfyon gu fdjtoadj bagu, unb feine lefctc ©tunbe toar ein fanfter ©djlummer. ©ott möge iljm jenfeits mehrere ftreuben oorbereiten, als iljm ljier unten gu tljeil geworben finb. ©eine ©tetfung allfjier tuar gu erfünftelt, gu gegtoungen, gu ttribernatfir* lidj, als baß er f)ätte glüdlidj unb gufrieben fetjn fönnen!
Stm STage nadj feinem Eintritte tourbe er im Seifetjn mehrerer Slrgte geöfnet. Wan fanb: baS ©eljirn gefunb, nur auf einer ©eite ettoaS toenig ©aßer — bie Suftröfjre ettoaS fdjabljaft — baS £erg gefnnb unb fdjön — ber Üttagen gefunb, aber Hein toie bd einem Ätnbe — bie ßeber, biefe fo oft befangene Seber, gang gefunb, aber ungemein groß — in ber Snnge ber linfe ftlügel ettoaS angegriffen, ber rechte ^lügel aber gang oerborben unb o ereitert.
hieraus gogen nun — toie getoötjnltc^ — bie Stergte ben ©djlußr baß ber Sranfe nid)t gu retten toar.
2(d)t unb oiergig ©tunben nad) biefer jammervollen ©egebenljeit, nemlid) am 24. oormittagS, gerabe einen ÜHonat nac^ i^rer Änfunft, ift
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$ Sffioj. bie ©rlaudjte ÜRuttcr beS SBerbüdjenen von Ijier abgercifet. Sie ftefr nodj iljren betrübten 33ater ju Persenbeug in Dberöfterreidj unb fe$t Dann iljre Steife über Salzburg unb Innsbruck nadj Italien fort. Sittmeifter Rieher toirb JDidj auffudjen, wenn $>u iljm nidjt juvorfomft. $ud>Ihre Excellenz bie ©räfin v. Scarempi ift al« Dberft*$ofmeifterin lubei. Unter biefen traurigen Umftanbcn finb Auftrage unb ©efdjäfte in großer 3Kenge auf midj gefallen. $d) unterjielje mid) gerne benfelben in jeber £inftdjt; benn an biefe Aufträge f Rupfen fid) fpredjenbe Stetoeife eine« nnbefdjränften äutrauen«.
£>ier u>tttl)et neuerbing« bie Spolera unb verbreitet überall große Sefiürjung: benn fte ift in ifyren ©irfungen fd^neffer töbtenb al« in ber erften epoque iljre« ßrfcfyeinen«.
(Es finb ja 3eiten toafyrer SBetrübniß.
$d) grüße eud) alle von ganzem ^erjen.
Sruber Johann." *)
. . . „Sßeldj ein gefebeiterte« Unternehmen mar biefe 3 an je Srjiefjung! . . . Seine Stellung alliier war ju erfünftelt, ju gejnmnqen, ju toibernatürlid), al« baß er Ijatte glücflid) unb jitfrieben fein tonnen!" . . . Da« ftnb bebentfame, merftoürbige ©orte, jumal im HBunbe beffen, ber biefe Grjieljung, bie er gefdjeitert nennt, t)nttt bnrdj* führen muffen. 2tud> fte gemahnen, al« ob fie nidjt alle« fagten, toa« fie fagen tonnten ober mödjten. §atte ber Seljrer von feinem Scfyüler ge* lernt? üttüffen mir audj hd i^m jttnfdjen ben feilen lefeu? £)od) fann audj ba« unmöglich baju bienen, einen 33erbadjt ju rechtfertigen, ber von notorifdj eingenommener, feinbfeliger Seite leichtfertig auSgefprodjen tourbe,2) beu furchtbaren 23erbadjt, ja bie birecte SBefdjulbigung, man Ijätte in ffiien bem ^Srinjen gegenüber von Anfang an „ftiflfdjtoeigenb an ber Slbfidjt feftgeljalten, baß Napoleon« Stamm au«fterben muffe."
Jorefti« 3(nfdjauung ftimmt inljaltlid) mit bem Urteile eine« jtoeiten, ni^tminber competenten ®ett)äl)r«manne« — Sßrofef d)*£)ften — voll* fotnmen überein, ber ftdj über bie Sdjulbfrage in ber ÜEragöbie „^erjog bon 9teid)ftabt" jroeimal, ju fefyr Verriebenen 3eton, auäfprad). Da« «fte äftal unmittelbar nad) bem £infd)eiben be« ^erjog«. ©r flagte:3)
1) Original, eigenfcänbig.
2) fcrettfdjfe a. a. 0., III, 156, nad) SBeridjten be« prenfnfdjen ©efanbten ®en. Ärnfemarf in 2Sten. — 3)ie „Memoires du roi Joseph" betoetfen in üorliegcnbem 3ralle, nrie toofy ntdjt erft umftänblid) erörtert au werben brandjt, nidjt ba« ©eringfte.
3) „Schreiben an *** über ben $eraog üon 5Reid)ftabt," ©. 10 fg.
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„2Wit feinen (Erinnerungen lernte er audj feine 33erpflid}tungen fennen unb füllen. >JWit gleicher fitebe umfdjlofc er beibe unb verbanb fo unter fid) in feinem ©emütlje jroet roiberftrebenbe ©lemente, beren Äampf^nad* meiner Ueberjeugung, feinen frühen lob madjtig beförberte."
SMcljr als ein 9flenfdjenalter fpäter, nur toemge ©odjen vor feinem eigenen Jobe (1876), fam ?ßrofefdj*Dften barauf jurücf. @r fdjrieb:1) „Der ^ring ftarb verjeljrt burdj ben Summer über feine Sage unb über bie Untfyätigfeit feiner ebelften firäfte. $i) fann midj von bent ©tauben nid)t trennen, baß eine glücflidje unb ttjätige Qfugenb bie STuSbilbung beS Körpers günftig geftaltet Ijätte. . . . Der Drang, ber ifyn belebte unb tübtete, mar fein vertoerftidjer, feine SSerirrnng un berechtigten (SbrgeijeS."
©r vereinigte in fidj unftreitig aufjergeiv&fjnlidje Anlagen beS ^)ergen§ unb bes ©eifteS, vorjüglidj aber äffe ©igenfcfyaften eines gelbfyerm, toie übereiuftimmenb von Allen, bie üjn fannteu, berietet toirb. grüljjeitig reifte fein Urteil über bie großen SWeifter ber SriegSfunft ber verfcfyie- benen Reiten. Dabei Vetbient hervorgehoben ju werben: unter ben teueren berounberte er am meiften SBallenftein, bod) — „nidjt ob bem, toaS er tfyat, fonbern ob bem, toaS er fonnte." *ßrofefd)=£)fien fügt fyinju: „9Wit einem in bem Jüngling oljne (Erfahrung faft unerflär* baren Safte mußte er baS 23cr^ältni§ in ben militcirifd)en Seiftungen unb bie ©ntoirfung frember Gräfte ju mürbigen, bie nidjt feiten ben großen 3felbljerm jum unglüdfftdjen unb bie flügften *ßläne in ber StuSfüfyrung fd)eitern mad)t."*)
„ütteine ®cburt unb mein Stob, baS ift meine ganje ®efd)idjte!" rief ber unglüdlidje $rinj in ber legten ©tunbe feinet ScbenS. Unb in ber £t)at gaben tym nur bie SBiege unb baS ®rab, tvaS er Vom Seben vergeblidj erhofft I)atte. ©ein ©arg in ber Äapujinergruft ju SBien trägt bie Qnfdjrift: „Aeternae memoriae ... in eunabulis Regis Romae nomine salutati" . . . ©eine ffiiege, ein ©efdjenf ber ©tabt $ari$, mirb in ber ffiiener faiferlidjen ©djafcfammer aufbetoaljrt. @ie gilt als ein 9Keifterftüd ber ßünftler ^ßrubljon, Dbiot unb Jljomere. 3luS ber* golbetem ©ilber getrieben, ftellt fie ein mit allegorifdjen Sfifluren um* gebeneS, reidjgejierteS ©cfyiff bar, über baS fid) bie Siegesgöttin neigt, in ifyren Rauben einen bo^elten Äranj aus Sorbeerblättern unb ©ternen. Qu einer ©loric von Sternen glanjt baS N — ber 9?amenSäng, beffen er fid) im Seben nidjt bebienen burfte.
1) „9Hein SSer^ärtntß" u. f. n>„ 8. 84 fg.
2) 6d)retben an *** (S. 26.
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5Rod) bei ScBjcitcn be$ ^Jrtnjcn, atebalb nadj bem £obe beä ®roß* fcrjogs grerbinanb III. oon £o$cana (1824), toar jtoifcfyen ©efterreid) wb £o$cana eine Uebereinfunft guftanbe gefommen,1) bergufolge ber &or* mate pfaljbairifdje ©runbcomplej in Söfymen, alfo ba£ bamate gemäß fotferlid>en 3>tylomS Dom 22. ftuli 1818 fogenannte £>ergogtljum töeidj* jtobt, in Stbänberung beä SrtifelS 101 ber ©djlußacte be$ SBiener £on* greffeS, erbeigentljümlid) bent faifer %xan$ jugefprodjen nmrbe. SDte Serljaltniffe be£ ^rin^en, ber ben Hainen biefer ßrbfdjaft trug, erfuhren burdj biefeS ©reigniß unfereä ffiiffenS feinerlei SSeranberung.-)
Die #errfdjaften unb ©üter, bie ba$ #erjogtl)um umfaßte, Hei* mef)r tfjatfädjlidj nod) umfaßt, übergingen feitfyer aU s#rioatbomainen an ben jeweiligen fiaifer Don Defterreid), in beffen SBefifc fie fidj benn fludj gegenwärtig befinben. £>ie ofteitirte faiferlidje Urfunbe, bie baS Dominium SReidjftabt fammt 3^9c^ruw9cn feterlidjft gum Stange eines ftfrjogtljumS erf)ob, tt)urbe niemals toiberrufen ober fonftttne außer traft gefe|t, fonbern befifct trielmefyr Ijeute nodj Dolle SRedjtSgiltigfeit ; bemnadj l>at audj baS ^)ergogt^um als foldjeS de jure tote de facto ju befielen tiid)t aufgehört. ®leidjtool)l erfcfyeint im großen Stitel beS SaiferS oon Oefterreidj neben fcielen anberen nid)t audj berjenige eines „|)erjogS t)ou SReidtftabt." — ffiarum nidjt?
Ott angeblidje äd)la(fct bei ßtm im 3aljre 936.
$on 3nt<m lUbljmtn*
©ietoo^l fd)on töubolf topfe foroof)! in feiner ©efd&idjte Saifer Ottos beS ®roßen3) als auefy in feinem SJudje : „SBibufinb Don torloei" 4) in einer, meiner $tnfid)t nadj, jeben «ßtoeifel ausfließenden SBctfc bar*
1) 6. u. «. gfr. SRaff eisberger, «Hg. geogr. ftattft. £eytfon aller öfterret*. Staaten, V (1845), © 158.
2) ütterfrourbigertoeife mürbe ton obiger £batfad)e bei ber Präger £anbtafel feine Sßotia genommen. — S. bafelbft, tauptbud) R, tom. VIr gol. 1 fg. — hierüber, »ie über baS #craogtbum SReidtftabt im allgemeinen unb 83e|on* bereu gebenfen mir bei anberer ©clegenbeit auSfübrltd) 5u banbeln.
3) 3abtbfi*er ber $eutfd)en ©efd>t*te I, 6. 53 u. fg.
4) 6. 81 u. fg.
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getrau l)at, baft ber ©djauplafc bcr friegerifdjen ffireigutffe, bon betten 2Bibufinb im 4. Kapitel beS 2. 93udjeS feiner ©ädjfifdjen ®efd)id}tett er= %ät)lt, uidjt in 93öljmen gelegen fein fann, taudjt bod) nod) in unferer Qtit ba unb bort, unb jtoar unter Berufung auf baS 3. Sapitel beS 2. SBudjeS ber ©ädjfifdfyen ©efdjidjten SBibufinbS bie 9fanal)me Don einem ©efedjtc Bei 33rit£ im ^faljre 936 auf, als einem ©liebe in ber ffette jener ©reigniffe unb ber kämpfe äugleid), tocldje an?ifc^en Otto I. unb SoleSlato Don Söhnten in ber 3eit Don 936—950 geführt nmrben.
©o fdjreibt aud) bie im 33orjaf)re herausgegebene $eimatSfunbe beS Sörilycr SBejirfeS auf ©eitc 54: „©djon im Qaljre 963 (sie!), als eS gnrifcfyen bem beutfd)en ffaifer Otto I. unb bem £erjog SBoleSlato L ttadj bem £obe ©enjels beS ^eiligen gu einem Kriege fam, tpeil ber ^erjog SöljmenS bie beutfcfye Dberfyerrfdjaft abfdjütteln moflte, fanb fcor 33rnj ein ®efed?t ftatt, in toeldjem ein 9?effc beS SaiferS feinen Stob fanb." üDiefer Umftanb heranlaßt mid), bie 3frage, ob jenes treffen üom ^aljre 936, Don toeldjem Sfiibufiub berichtet, in Summen unb bei ©ruf ftattgefunben, einmal Don ©runb auf 51t beleuchten unb gegen fünftige Auslegungen äljnlidjcr Art ficfyerjuftelfen.
1)aS Kapitel ber Sßibufinbfdjen ©Triften, toeldjeS in unferer 3rrage bie ©eifter fcertoirrte unb einjelne Interpreten auf ?lbtoege führte — baS 3. beS 2. 33udjeS — beginnt mit ben ©orten: Interea1) barbari ad novas res moliendas desaeviunt percussitque Bolizlav fratrem suum virum chri8tianum. Qtn weiteren Verläufe biefeS Kapitels toirb erjäljlt, ttrie ber Sööfymenfyergog 93oli;$laü einem benachbarten Häuptling, ber ben Sie* fehlen ber ©acfyfen golge leiftete,2) Un Ärieg erflärtc unb, nacfybem er bie biefem ju |)ilfe gefanbten jadjfifdjen |)eere üewidjtet fjatte,3) feine fjefte einnahm unb jerftörte.
2Ber biefer Häuptling toar, barüber fcfylt uns bis Ijeute jebe ju* tierläffige Äunbe. «pajef4) nennt itjn $)obromtr unb bejeidjnet tlju als dürften fcon &aai. ©eine bon 93oleSlato jerftBrte S3urg finbet er in SBlaftiSlab im ffliliuer Äreifc. Slucfy ^eljel a) füfyrt if)n unter bem Warnen ©obromir unb feine gefte unter bem dlamtn Slafttlatoa auf; baS ©e*
1) 3). t. na* bem im 3af>rc 936 erfolgten £obe $einrt*S I.
2) . . . „timensque sibi vicinum subregulum, eo quod paraisset imperiis Saxonum indixit ei bellum."
3) ^alacft) fGW#td)te 23üf>men* I, ©. 212) »erlegt tiefe Kreigniffe trrt^ümlt* in baS 3afjr 937.
4) ßobner IHr 658; IV, 21.
o) ©cfd)td)te ber Söfjmcn I, 3. 42.
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biet, fi&er toeldjeS er tjerrfdjte, lag aber nadj biefem ®efd)id)tsfdjreiber jroifcbcn Silin unb Seitmerifc, toobei er fid) jtoeifelloS auf bas -Seugniß bc$ $o$tna£ ftü$t, nadj toeldjem bie Surg jtoifdjen jtoei Sergen SWebucj mtb $rgipef an ben (Srenjen älpeier Sanbfdjaften SBbmenS, Silin unb Seitmerifc, geftanben bat.
2)er SKeinung, baß ber angebliche SDobromir gürft t?on <5aai ge* wfen fein foH, l)ält fdjon ^ßubitfdjfa1) ba$ ,8eugniß be$ SüSmaS ent* gegen, nad) welchem ber legte 3^^tg be§ luczker b. i. ©aajer dürften* jtammeS fdjon &or Soritooj unter bent Sperjoge 9JeIlan umgebracht, ba£ Saajer 3#*ftentf)unt ^ber bent *ßrager #crjoge unterwürfig gemalt Sorben fei. Gr ift eljer geneigt, tax subregulus für ben ©emal)l ber frommen Sdjtrefter beö 1)1. 33?enjel, ^ßfsibtela&a, ju galten, meiner bie £errfdjaft 2Rilja&ia befaß, bie ftd) &on ber Slbe bis nad? ®örli& erftredte, unb ber von £einridj I. jinsbar gemalt toorben, alfo ein Don ben ©adjfen abhängiger ftüxft n?ar. Ueber bie Sage ber jerftörten fjefte äußert fid) ^ubitfdjfa nicht näfyer, „ba mau hierüber nidjtS als mutfjmaßen fanu".a) Sud) ^alacfy tertuirft bie 9(nftd)t, baß jener subregulus ein ©aajer gürft, namens Sobromir mar, toeil ba§ ©aajer $ürftentljum fdjon längft t?or^er ju fein aufgehört Ijabe. 3)odj aud) er fyält ifyn für einen böfymifcfyen gürften.
Äarl ßljrtftian fcon Seutfdj3) fyält ben subregelus für einen fonft unbefannten dürften in SBöljeim ober an beffen ©rensen. 3)a& aber biefer subregulus fein böl)nufd)er gttift n?ar, unb baß fein ©ebiet nidjt mitten im Sanbe 33öf)tnen lag, tüte £)ajef, 3>obner, ^Jeljel, ^ßalachj 11. a. beftimmt annehmen, ergibt fidj, nne auety Sityfe bemerft, fdjon barauS, baß er jtdj bei foldjer Sage feines (Gebietes in jenem 3^^unftc idftoerlid) auf bie beutfdje |>ilfe Ijätte ftüjjen f'önnen; bie $ilfe, bie ifjm burdj eine ©djaar ber ÜWefaburier unb einen ftarfen Raufen £afftgauer,4) alfo t?on 2Werfeburg unb Jljüringen aus entfenbet ttjurbe, fonnte nur «inem näfyer liegenben füböftlidjen ©cbiete gelten. £)iefe£ muß alfo außer* i}a(6 am 92orbn?eftenbe beS böfymtfdjcn SeffellanbeS gefugt tterben, an iet boljmifdjcn ©ebirg&pforte gtotfe^en ber ©Ibe unb ber ©aale, fcielleidjt in bem ®aue ßf)utici, 9ii|"ani ober bei ben £alemiuriem. Sind) bie Sljatfadje, baß SoleSlato ©efammt^er^og toar, muß uns beftimmen, baS ncinus auf außerböf)mifd)eS £erratn ju beuten.
1) G&ron. @ef*td)tc SBd^mcnö I, <£. 338 u. fg.
2) I, ©. 341.
3) 9Rarfgraf ©ero.
4) 3). i). an£ bem ^aögau, in meldjem flWericburg lag. SDiefe^ fteißt ccd)ifd& nodj jefet SBltixbox, 3Ktttcn»albc. jDer beutfdje ^ame ift barauö nur cntftcllt-
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2(1$ Äßnig Otto I. Don jener SWieberlage, toeldjc SoleSlato ben bem befreunbeten subregulus ju t&ilfe gefanbten facfyfifdjen £>eerfdjaren bereitet fyatte, ^örte — bie 9todjridjt traf ifyn am 13. (September gu Queblin* burg, ttjofelbft er fid> bamalö jur Unterjet^mtng ber ©tiftungsurfunbe auf' Ijielt — mürbe er, fo beginnt bas 4. Sapitel be$ II. SBudjeS, barüber feineStoegS beftür$t, fonberu geftärft burd) göttliche Äraft rücfte er mit bem gangen §eer in \>aä ©ebiet ber JBarbaren ein, um üjrem SBiitfyen (Einfalt ju tfyun.1)
«lle einbeimifdjen Interpreten Ijaben nun in irrtfjümlidjer Auf* faffung ber oben citirten einleitenben SBorte be$ 3. SapitelS 2) bie barbari, gegen toelc^e ficf> Otto im 4. Kapitel toeubet, mit ben 23oemi, bereu ^erjog ber Srubcrm'örber SBoleSlato tuar, ibentificirt unb bemgemäfc bie im weiteren Verlaufe biefes Sapitete toon ©tbufiub gefdjilberten <£r* eigniffe : ben glücflidjen Sampf beS f&niglidjen gelbljauptmannS £erimann, bie barauf folgenbe 9Jieberlage (£ffef)arb£ unb beu enblidfyen ©ieg beS Äönigö uad) Söhnten verlegt, unb einige Don iljnen giengen nod) toeiter, tnbem fie Srüj ate ben £)rt bejeidjneten, roo gffetjarb feinen Untergang fanb. "Die 9?ieberlage @ffeljarb£ ereignete fid^ nadj äBibufinb in folgeuber SBeife: „ffiffeljarb, SiubolfS ©obn, toar über ba$ ®lücf beS $erimann bermajjeu erbittert, baft er gelobte, noefy ©rößereS ju leifteu, ober er toollte ba§ Seben laffen. Demnach fammelte er au« bem gangen Speere bie tapferften aWönner, bradj ba« Verbot beö flönig« unb gieng burd) einen ©umpf, toeldjer gtoifc^en ber 33urg ber geinbe unb bem foni glichen Säger war (et paludem, quae >rat inter urbem hostium et castra regis, cum soeiis transiit . . .). ^)ier ftiefj er fo* gleidj auf bie ^einbe, toarb fcon iljnen umringt unb fanb mit ben ©einigen allen ben Stob." Diefe Surg, toelcfye Don bem königlichen Sager burd) einen ©umpf getrennt toar, foll Srüj gemefen fein, $alacft) nennt e£ nod) mit einiger $urücf£)altitng,3) ^ßeljel4) bagegeu fyegte bieSfattS nid>t ben geringften ätoeifel. Unb ©djleftnger bemerft5) ju biefer ©teile SBibu*
1) Rex autem, audito hujusce modi nuntio, minime turbatur, sed divina virtute roboratus, cum omni exercitu intrat terminos barbarorum ad re- frenendam illorum saevitiam.
2) interea barbari ad novaa res molieodas desaeviunt, percussitque Bolizlav fratrem suum etc. etc.
3) I, ©. 212: „Vieler (^ermann, 93itfung3 6ol?n) fdjlng bie an ber ©renge auf* geftettten böbmifcfyen (Sdjarcn unb lagerte bann, toie cä fdjeint, unfern ber 6tabt Srily- (Sin ©umpf trennte bter ba* beutfcfye l'ager r»on bem an bie 8tabt geftfifcten böljmifd)en §ceve."
4) I, 6. 42.
ö) @efd)td)te bc£ itummerner 8CC3, ©. 26.
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finbS: „SBelcfyen ©umpf, meldje S3urg fann Ijicr ber Sfyrontft meinen? ffiit glauben nidjt ine ju gefyen, wenn mir in ©ibuftnbä ©teile bie erfte (Ermahnung unfereä ©ee£ unb ber an bemfelben liegenben 39urg Don Srüy1) erfennen. Der Äampf fiel im m nörblidjen SBöljmen unmeit ber ©renje toor, mie jmeifeHoä feftfte^t. 35er Eljronift foricfyt üon einem ©umpfc unb einet feften 33urg in ber 9iä^e bcsfelben. 3Beber ftulm ober Silin, nod) <&aa% ober Äaaben, bie einjigen neben SBriij in 3frage fommenbeu SBurgen, »erben ber ©teile beS ßfyroniften fo gerecht mie lefctereS. 9Bir matten fcfyon oben auf bie allmäf)lige 23erfumpjung be$ ©ee£ aufmerffam unb ber SluSbrucf palus eifdfyeiut ganj jutreffenb. Urbs aber ift Ijier als „93urg" aufoufaffen.*2) 2Ba$ ©d)lefinger t)ier nodj ate jiveifetloS feftfteljenb bejeidjnet, bafc namlid) ber ft'ampf, fcon meldjem ffiibufinb in II, 4 berietet, im nörblidjen 3)öt)men ftattgefunben tiabz, mirb t>on ifym felbft einige ^aijxt fpätcr unb jmac in feinem im Oafore 1876 herausgegebenen ©tabtbud) fcon s43rüj tmrcfy ein gragejeicfyen am regten Orte in Zweifel gejogen : Mälö Äaifer Otto I. gegen 33ole$lam ben ®raufamen Don Summen beu Srieg eröffnete, beftetlte er als £eer* füljrer ben rüftigen unb flugen ^erimann. ©iefer bradj Don Saufen fjer in 33öl)men (?) ein unb befiegte ben fidE> miberfefcenben 3cinb.3) Deshalb lägt aud) ©djleftnger in feiner lefetcrmäljnten ^ßublication bort, mo et toou bem @d)lad)torte in bem t?on äötbufinb in U, 4 gefcfyilberten Kriege fprid)t, ben tarnen ©ruf nidjt anberS als in Älammern unb ntc^t ofyne 3rragejeid)en einfließen: „©ffarb .... gieng burd) einen ©umpf [Shtm* meiner ©ee?], meiner jmifdjen ber SJurg [t?on Sküf?] unb bem fönig* liefen Saget mar" . . . ?lu$ bemfelben (Srunbe bejeidjnet er audj in einer fpäteren *ßublication4) ben Seftanb ber S3urg ®nemin feit 936 nur als maljtfdjeiulid).
©elbft Sori, melier in feiner ©efdjidjte ber fönigl. ©tabt 93rüj fo manche Anficht vorbringt, meiere ftdj mit einer miffenfcfyaftlicben ®efd)id)ts* fdjreibung nid)t verträgt, bejeidjnet e£5) nur als „fe^r mafyrfcfyeinlidj", ba§ bie 23urg ffam ©umpfe", bei melier 936 eine beutfdje £eere£ab* Teilung gefdjlagen mürbe, bie Surg Don S3rüj mar.
Diefe Annahme, gefdjmeige benn bie Sbeljauptung $eljel$, beffen ©tanbpunft in ber üorltegenben %xa§t aud) in ber 33rüj:er |)eimat£funbe
1) 3)ie ©renafefte ©netrin, fpäter £anbe3roart genannt, tft gemeint.
2) £temit fottte ©d)Otttn£ Ueberfefcung beS urbs mit 6taM toerbeffert werben.
3) eette 1.
4) 3nr ©efd^iefttöfefetetbung ber (£tabt 33rür. 3)2 ittftei Jungen be^ Sereines? für ©efö. b. SDeuti^en in 23öt)men 1890r 215.
5) ©. 22.
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übernommen tourbe, muß böllig in ftd} jufammenbredjen, toenn e$ gelingt ben SetueiS ju erbringen, baß ber üon ©ibufinb II, 4 feiner fäd^fifd^en ®efd)idjten gefdjilberie Ärieg überhaupt nidjt in Söhnten unb nid)t gegen SBoleSlato geführt ttmrbe. Diefei} 33etoei$ Ijat eben fdjon SRubolf Äöpfe erbracht,1) inbem er 1. anf ©runb jaljlreidjer ©ibufinb entnommenen SBelegftetlen geigte, baß e$ fdjou bem Spradjgebraudje biefeS S^roniften ■jutoiberlaufe, in bem mifjfcerftanbenen @afce „interea barbari ad novas res raoliendas desaeviunt, percussitque Bolizlav fratrem suum etc.a bie ftd) ju neuer ©mpörung erljcbenben Skrbaren auf SBoleSlato, ber feinen SBruber erfdjlagen, unb umgefiljrt ju begießen, tooraug ftd) jugleid) ergibt, baß audj bie bisherige Interpretation be$ 4. SapitelS, weil auf falfdjer 93orau3fe$ung berubenb, eine irrige fein mußte, unb inbem er 2. biefe auf bem SBege fpradE)gefd)id)tlid)er ^orfcfyung getoonnene ©rfenntniß gugleidj aud) urfunblid) gegen jebe Anfechtung fieser ju fietten in ber ßage ift.
Daß übrigens SEibuftnb in ber bebeutfamen ©teile: „cum omni exercitu intrat terminos barbarorum"2) unter bem Sanbe, in tt>eld)e$ Otto I. einbrad), nid)t Söljmeu, unb unter bem 3#inbe, gegen roeldjen be$ JfßnigS bamaliger JJelbjug gerietet toar, nid)t 4>erjog 23ole$latt> üerftan* ben fyabe, fyat fdjon Sari ßfjriftian Don Seutfdi}3) erfamtt. ^retlid) füfyrt er für feine Sefyauptung lebiglid) ganj äußerliche unb barum metleidjt nodj nidjt gang unanfechtbare ©rünbe an. @r leitet feine SBefyauptung barauS ab, baß ffiibufiub (II, 3 u. 4), nadjbem er bie 3erftörung ber ©tabt be$ subregulus, ben er gleichfalls irrtümlicher SBeife nod) für einen böfymifdjen dürften Ijalt, burdj 33ole$laU) gemelbet, fogleid) fagt: perduravitque illud bellum (Bohemicum) usque ad quartum deeimum regis imperii annum etc., unb bann erft OttoS fjelbsug üom ^afyre 936 ergäbt. (Sr irrt aber oöflig, toenn er unter jenen toon tönig Otto I. be* friegten geinben ©cfyu&bertoanbte be$ £erjog$ SoleSlatt) oermutfyet, für welche er unter |>inn)etS auf ÜDitljmar, Hb. IV, p. 349 unb 71 (2lnm. ©. ad a. 990), bie Lusici unb Mücieni fyält.
3n bem erften ber (Sjcurfe, toeldje SR. Äöpfe feiner ®efd)id)te Äaifer Ottos be3 ®roßen anfügt, befpridjt er, ausgeljenb Don ber 33ebeutung be$ SBorteS S3arbar bei ben SSölferu be$ claffifdjen «ItertljumS, bie Sebeutung, toeldje biefeS 2Bort im djriftlidjeu Zeitalter erlangt. (Salt jenen jeber außerhalb ifyrer ©pradje ©tefyenbe als 2)arbar, fo crfdjien,
1) ©iefce aud> $erfc 3R. 0. III, ©. 438. Slnmerfung ju barbari in II, 3.
2) II, 4.
3) 2)torFflraf ®ero, ©. 19.
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ate f\d) bic claffifdje Silbung burdj baS ffifyriftentljum in eine djriftlidje umfe&te, ben djriftlidjen SSölfern bet außerhalb ifyrer firdjlidjen (Semein* fdjaft fteljenbe #eibe als 33arbar.
3Me Montanen freilidj fahren, inbem fie fid) ata erfte (Sxben römt* fd>er Sultur füllen, audj in biefer $eriobe nod) eine $eit lang fort, ifyre ber claffifcfyen Silbung fernftefjenben 9?ad)bam, unbefümmert nm beren Teligi&fes SBefenntnifc, mit bem Sttamen barbari ju belegen, fo 3. 33. aud) bie ©ermanen, wogegen aber bie $)eutfdjen im ©inne beS beranberten Zeitalters ba$ ©ort nur in feiner firdjlidj*nationalen SBebeutung ge* Brauchen unb gegen bas ^eibentljum ber SWaturbölfer : ©latocn, Ungarn, Normannen, Saracenen amoenben.
gür biefe Differenjirung lögt ftd) au£ jaljlreidjen Urfunben unb ©djriftftellern be$ 9Rittelalter$ ber SZa^meiö liefern.
?ludj SBibufinb t)at ben ©egenfafc bon Sl)riften> unb 4?etbentoelt im Äuge, trenn er neben ber allgemeinen Sejeidjnung ber «bobriten, ffiiljen, £abeller, Dalemincier unb Mebarier mit gentes1) f^eciell für bie @lb* flamen ben tarnen barbari, barbarae nationes gebraucht, ©ie bor allen anbern ftnb, nrie aus jaljlreidjen ©teilen, toie I. 22, A; I. 35; I. 36; I. 38; II. 20; II. 21 Ijerborgeljt, xljm barbari, aber für tyren Sarba* rtemuS ift nidjt ettua bie II, 36 ertoafynte Slcavanica linqua, bie audj Otto tyridjt, fonbern eben ba3 #eibentt)um baS unterfdjeibenbe .ßeicfyen. 39ei ber Krönung empfängt ber JJBnig aus ber $ani> beS frönenben ffirj* bifdjof3 baS ©djmert, bamit er bermöge ber itjm übertragenen göttlichen SSoHmad^t bamit bernidjte alle gfeinbe Sljvifti, barbaros et malos chri- stianos (II. 1), Reiben unb Äefcer.
©enn man oertüunbert fragt, toarum Sötbufinb benn niebt aud) bie fyeibnifdjen Ungarn, bie er in I. 17, 18, 19, 32 als gens asperrima, saeva, als ein 3Solf bejeidjuet, beffen tpirflidje fjurc^tbarfett bie grauftgften 35orfteflungen ber Sßfyantafic }u überbieten fdjien, barbari nennt, fo liegt ber ®runb biefer auffälligen Stljatfadje barin,a) bafc fid^ bei biefen gebo* Tenen geinben beS djriftlufjen 9iamenS baS £eibentljum bon felbft ber* ftefyt. ^n iljnen ift ber antiquus hostis ber SWeufcfyljeit leibhaftig er* fdjienen, ifyre teuflifdje SButlj unb Sntfe&licijfeit geljt felbft über ba£9Ka& bes SarbariSmuS l)inau£.
Die ©oljnfi&e ber barbari werben in II. 21 beftimmt: Omnes barbarae nationes usque in Oderam fluvium simili modo tributis
1) 3n>eimal beaetdjnet er and) bic Sööbmen ai$ ^rembe, 9ftd)tbcutfd)e mit gentes. (I. 36, II. 121.)
2) Siebe Äityfe: Sötbufinb t>on korbet, Seite 84.
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regalibus se subjugarunt. Unter ben barbari ober barbarae nationes finb alfo bie SBetooIjner beö jtoifcfcen ber ©Ibc unb Ober gelegenen 2anbe3 gemeint, alfo bie ©Ibflawen, toeldje ®ero (II. 30) befämpft unb t?on benen e$ II. 20 fyeifct: Multos quippe illis diebus Saxones patiebantur hostes, Slavos ab Oriente, Francos a meridie, Lotbarios ab oeeidente, ab aquilone Danos itemque Slavos; proptereaque barbari longum trahebant certamen. §ier »erben bte barbari nidjt nur Don ben 3franfen, Sotljrmgem unb $>änen, fonbem audj auäbrüälid) fcon ben ©latoen im Dften unb Sorben unterfdjieben. ^ene öfilidjen fönnen nur bie 33b()men fein, &on beren fiegreidjer (Sr^ebung II. 3 ergäbt toirb, biefe (nörblicfyen) ettoa bie norbalbingifdjen SSJagrier (~ Söaarer o. ©aigrer) im öftlidjeu #olftein (©aterlanb), roeldje HI. 68 bem ^erjogtfyum #er* manu$ überliefen finb. ©leidjbebeutenb ftnb femer barbari unb (£lb* flamen III. 45; 50; 52; 53; 54; 61; 66. Dagegen »erben bie ©öfymen ftetS mit bem geläufigen 33olfSnamen Boemi belegt: I. 35; III. 8; 44; 69.
Sin ber SReaction ber Barbaren im ftafyre 929> toeldje burdj bie sJtebarier fyeraufbcfdjtooren tuurbe,1) neljmen fie feinen £!jeü, fie bleiben eine gens tributaria, benn üjx fönig2) Sößenjel ift ein Gfyrift. ffiinigemate bat e« Sßibufinb üorgejogen, bie Boemi burd) ben Flamen ifyreS ÄömgS fenntlidj ju madjen: II. 3; 40. Daburdj ift eine Unfidjerbeit ke« SluS* brutfeg unb bie mit$fcerftänblid>e Srflärung Don II. 3 entftanben, nad) toeldjer aud) fie barbari Reiften.
Daf$ 93ole3latü felbft fein barbarus im ©inne SÖibufinH fonbern ein ßfjrift xoax, erfdjeint fytnlänglicb beglaubigt, ©ebon bie größere flatmfdje Scgcnbe üom 1)1. ©enjel,3) toeldjc balb nadj beffen ©rmorbung üerfaßt Sorben ift unb ftdjer aus ber unmittelbarften Umgebung be$ er* morbeten §cr3og3, ja, toenn ©itbtnger ütedjt behält, üon ^obbiwan, bem befannten Diener ©enjete, felbft ftammt, begännet ii)\i anSbriidlid) als Gf)viften. Seibe, äBengel unb ©oleölan?, genoffeu bie fromme Srjieljung einer üflutter, ürahoniira,4) tuelc^e Saurentius, ein Seuebictinermimdj
1) I. 36. €tefye suglcicb Thietmari chronicon I. 6 unb SBatfc: Sa^rbücfeer ber bentfd)en @efd)id)te IV. ©. 127.
2) SBtbufinb bejetebnet SBcnjel unb SJoleSIaro al£ fi'önigc.
3) 3)te erfte ber Don ÜMflofid) in ber Sfattrifd)en 93tbHotbef II. 276 mitgetbeiiten altfloücnifd)en £cgcnben. £rittfd) beleuchtet biefe 23übinger in feiner tfritif altbübimfcfyer $cfdn'd)te. 3eitfd)rift für üfterr. (^tymnaften. Sabrgang 1857.
4) . . . Erant vero ambo parvuli, materque eorura Dragomir firmavit regnum et populum suum regebat, usque dum edueavit filios suos. (Öröfjere fl. £cgeitbe t?om bl« Mensel.)
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<nß bem fttofter Monte Casino, in feiner im 12. $al)rl)unberte verfaßten ©CBjetelegenbe mit 9ted)t SBratiSlaws (Sottet würbige ©emafylin („deo digna conjuga") nennt.1) $)aß Dratjomira bie ©rmorbung berSubmila manlaßt \)tiht, ift eine and) üon Der größeren flavpifd^cn Segenbe füg* matijtrte ©utftellung, meiere burdj eine anbere Segenbe, bie t?om SBifd^ofe ©umpolt) &on ÜKantua im ftaljre 981 verfaßte vita Wencezlavi ducis in bie Stteratur gebraut würbe.*) 3Me größere flatuif^e Segenbe läßt aud) 8ole£law, nadjbem er nadj ben feinen jungen £ljron umtofenben Stürmen ber erften ,3eit enbtidj Stulje gefunben, erwägenbe ©infeljr in ftd) felbft ju galten, feine Zijat aufrichtig bereuen.3) @S liegt nidjts &or, toa$ uns jwange unb berechtigte, bie Sfafridjtigfeit biefer üleue in $weifel ju jiefyen. Die Styriftenöerfolgungen, öon benen angeblich ber SRegierungS* antritt SBoleSlawS begleitet war, erf feinen bei ruhiger 33etradjtung lebig * lid) als SJerfolgungen politifdjer unb perfönlidjer ©eguer. ftebe §err* fdjaft, bie burd) ©ewalt begrünbet nmrbe, tonnte aud) nur wieber burd) @ewalt befeftigt werben. Um in öötjmen ben Sljron für 33ole$law frei in machen, mußte 35lut fließen, aber es genügte nidjt baS 93lut be$ eigenen SruberS; ber neuen 9tid)tnng mußten, fowett fte ftdj nidjt burdj ^luc^t entjogen, audj alle ^fene jum Opfer fallen, meiere als Sobrebner beS €rmorbeten, namentlich burdj bie wofylbcredjnete Slnpreifung ber ©unber, twldje fidj fcorgeblidj fo^ufagen fdjon über bem SBafyrtudje äßenjete fcotl* jogen, bie neue {Regierung in gefäfjrlidjfter ©eife bebrofjten unb erfdfyüt* terten. 3)aß e$ Stiften waren, bie ba fcerfolgt würben, fteljt außer ^toeifel, aber audj, baß fie nidjt verfolgt würben, weil fie ßljriften waten. Km atlerwenigften fonnte SBibufinb, ber im lejjten 9?egierung$ja£)re Sofeslaws I. an bie Slbfaffung feines SBerfeS gefdjritten ift, 93ole£law für einen Reiben galten. Dttmmler, ben $ortfe§er ber fcon 9t. fföpfe begrünbeten ^faljrbüdjer ber beutfcfyen ©efdjicfyte Will bies woljl bebünfen ;4)
1) Sicie Segenbe ift (fiebe Sübtnger Seite 501 u. fg.) tt?oJ)l mebr auf @rnnb populärer Srabitxonen getrieben toorben, fie entbält aber and) einige ecrjte unb unantaftbare 3üge, unb bieder gebort üor Ottern ba3, iüa3 fiaurentiuä über SDrabomira berichtet.
2) SBattenbacb, ber bie altflattrifd&e Segenbe in „flbbanbl. ber btft.sPbilof. (SefeU» fdjaft in Breslau" I, 234—239 in lateintfdjer Ueberfe^mtg bat abbnufen laffen, Ijält fmltd) bie Unfdjulb ber SDrabomtra an ber (Srmorbung SubmtlaS ntcfyt für gans auggemadjt.
3) „Boleslaus vero, recordatus, quantum peccatum fecerit, precatus ad deum et omnes sanetos misit servos et transtulit corpus fratris sui Venceslai Boleslavia in claram urbem Pragam dicens : e*^o peceavi et peccatum meum et iniquitates meas ego scio.tf 9Utflatt?tfd)c Segenbe t?om 1)1 ^enjel.
4) 5?anb XI, Seite 51 u. fg.
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id) fcmb aber, baß baS Eapitel,1) worauf er fid) bteäfalB beruft, nidjt bie leifefte SBejieljung ju bem fflöfjmerljeraoge SoleSlaw überhaupt enthält. 353er bie$ etwa in ber ©teile: . . . „percussitque Bolizlaw fratrem 8uum virum christianum et ut ferunt Dei cultura religiosissimum* finben tollte, würbe über bie 2Ü&ftd)t beS Eljronifteu IjinauSgeljen, ber mit jenen appofttioneKen SBeftimmungen nicfyt bem Sänften SBcnael ben Reiben 39ole«law gegenüberftetten, fonbem Iebiglidj ber außerorbentlidjen grömmig* feit SBengels .ßeugniß geben wollte, einer gfrömmigfett, bie fo groß unb innig war, baß ba$ 25olf fogar an Söunber8) ju glauben toermodjte, weldje fid) fofort über feinem uodj frifdjen ®rabe ereignet fyabcn fotlten. ©a* gegen beftatigt aud) SBibufinb bie unanfechtbare artjatfa^c, baß 93ole3law fünf 3afjre nad) feiner Unterwerfung, b. i. im $al)re 955 auf bem 2edj* fel&e gemeinsam mit ben Deutfcfyen bie fteinbe ber Efyrtftenljctt befampfte f) ebenfo berietet er, baß 33olc£law ben ^er^og SWifaca öon *ßolen im Qafyre 967 im Kampfe gegen bie tjeibnifdjen äSutoinen, einen ©tamm ber 9iebarier, fräftigft unterftü&te.4) Sßifaca war 93ole£law$ ©djwiegerfoljn unb Dobrawa, bie SEodjter 93ole$law$, war e$, weldje iljren iljr im Qa^re 965 angetrauten ©ernaljl für ba£ Efyriftentljum gewann unb ba* burdj bie Einführung besfelben in $ßolen fceranfaßte. ©o gibt e£ wof)l in großer Qaijl 3cugni{fe, Weldje erwarten, baß SJoIeälaw Eljrift war unb ftd) als fotcfyev betätigte, aber fein einjiger 3«wge fteljt auf, ber uns benotete, baß er erft nadj ber Jljat, bie iljn auf ben Sljron bradjte, Eljrift würbe, ©o tonnte benu aud) für SBoleSlaw ber Antrieb jur Er* morbung ffiensels uid)t in religiöfen 2Kottoen gelegen fein. Es waren, feitbem es ben (Großen, welche ftd) bon bem Jtjronwecfyfel eine Erweite* ntng ifjrcr eigenen üWad>tfüflc auf Soften ber fyeraoglidjen berfpradjen, ge* lungen war, SBoleSlaw bie Ucberjeugung beizubringen, baß ©enjel itjm nadj bem Seben ftrebe, in erfter Äinic perfßnlidje öeweggrünbe, welche it)m sum ©cfyufce feiner bermeintlid) bebro^tm eigenen ©icfyerljeit bie SDiorbwaffe gegen ben S3rubcr in bie £anb brückten. £>aju gefeilten ftcfy nod) SBeweggrünbe nationaI*politifd)er 9lrt. söhnten national ju regelte*
1) iL, 7.
2) SBeldjen ©tanbpunft übrigens SBibuftnb biefen SBunberbotfdjaften gegenüber, bie tbren 2Seg aud) in feine Slrbcit^cUc gefunben batten, einnabm, geljt au£ I.f 35 berüor: «• . • de quo qaaedam mirabilia praedicantur, quae quia non probamus, silentio tegi judicamus.
3) HL, 44.
4) III., 69: Qui (sc. Misaca, araicus imperatoris) misit ad Bolizlavum regem Bobemiorum — gener enim ipsius erat, aeeepitque ab eo equitum duas- acies.
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tiren unb it>m audj bie politifdje ©elbftänbigfett tmeber }U geben, toeldje SBenjcI 1)eutfdjlanb gegenüber geopfert Ijatte, toax baS toeitere erftrebens* »ertlje $k\, toeldjeS 93ole$latt> bei feiner Jljat fcor Äugen fdjtoebte.
(S3 erübrigt nun nur nodj bie SBefpredjung be£ urfunblidjen 93e* toeife£, ba§ bie barbari, toeldje Äönig Dtto L nad) SBibufinb II, 4 cum omni exercitu1) befriegte, nidjt ibentifd) feien mit SBoleSlatu unb feinen boemi, üon bereu ftegreidjen Äampfen mit jenem subregulus unb ben biefem ju $>ilfe gefanbten fadjfifdjeu $eere$abtl)eilungen im fcorljergeljen* ben Sapifel bie 9tebe ift. ©3 ift fdjon angebeutet toorben, baf$ ber 99eginn biefem gelbjugeS nidjt fcor ben 13. September 936 fallen lanu.2) £)a£ Ireffen apud paludem, quae erat inter urbem hostium et castra regis, in toeldjem ©ffeljarb, Siubolfa Soljn, mit 23erlefcung ber $eere3orbnung unb gegen ba$ Sßerbot be£ $Tönig3 feinen feefeu ©agemutf) mit feinem unb bem Untergange aller feiner (Setreuen büfjte, fanb nad) SßibufinbS eigenem ^eugniffe am 25. September 936 ftatt. Diefe burd) ben nufo* lofen £rofc SffeljarbS Ijeraufbefdjtoorene iftieberlage mar Don feinem be* fiimmenben (Sinfluffe auf ben Aufgang biefeS ftriegeS. Denn ©iöuünb berichtet tueiter : Rex yero caesa hostium multitudine et caeteris tri- butariis factis reversus est in Saxoniam.
9tun beftfcen mir eine Urfunbe tönig Ottos L, meiere un£ nicfyt nur SBefdjeib gibt über ben ungefähren geitpunft feiner fttücffcljr au£ biefem JJelbjuge, fo bajj mir atebann bie Dauer be£ gangen Selbjuge* abju* grenjen in ber Sage finb, fonbern meiere uns audj bie mo^l fdjou ju lange auf unferen Sippen fdjtoebenbe Srage nad) bem tarnen jener barbari, benen ber Selbjug galt, beantmorten l)ilft. @$ ift bie Urfunbe Ottos L, ÜKagbeburg 14. Oct. 936, in melier er bem WUt £>abamar bie alten greiljeiten ftulbaS beftätigt. $n biefer fyet&t es toörtlid):3) Quando de proviniia Sclavorum, qui Yocantur Riaderi, in pace Yenimus ad Magathaburg. 9?un tennen mir biefen Sarbarenftamm feljr genau, unb audj über feine SBofynftfce ftnb mir in auSreidjenbem ÜHafce unterrichtet. Sie Riegen audj Riederi, ReJares, Ridera, Redari. Sitte biefe tarnen erfdjeiuen urfunblid) belegt. Stbam aon Sremen nennt fie Retharii, £elmolb Redarii. Diefer 9?ame fdjeiut
1) 2)od& »oft nur mit bem Heerbanne ber ©ad&fen unb SljürutQer, öon benen foätcr allein bie SRebe ift. <5te$e aud) ficutfc^ ©. 21.
2) $alacft> «Sefäidjte SöljtnenS I. 212) fcerlegt ben %tlbm in ba<3 3Mr 938.
3) Dronke Codex tradit. Fuld. p. 316. Söhntet 71; «Stumpf 58; fc. Säumer Reg. Brand, p. 30. N. 128.
SRittfcüungen. 87. 3a^rgong. l, $eft. 4
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ber gebräucfylidjfte getoorben ju fein. Dietmar fcon SWerfeburg nennt tint urbs in pago Riedir-erum. ftljr Sanb aber Ijiefj Raduir, Radwer. ')
9iad) ben ©rgcbntffcu ber auf ©runb ber 99erid)te ÄbamS t>on SBremen, £>elmolbS, fott>te jaljlreidjer urfunblidjer Angaben2) angeftellten toiff cnf <^af tlic^ cn Sftadjforfdjungen reichte baS Sanb SRabuir Don Sßreußifdj* ^Sommern über $Weu*93ranbenburg, ©targarb unb Sttemeroto, ^riQnnfc, SKeuftrelifc unb Ältftrelifc bis gegen Sßefenberg. ÜDie Sßeftgrense be£ fianbeS luar fcon 9?orb nad) ©üb: ber ^lu§ Sottenje, ber ©ee XoUn$, bie ®renje jtoifcfyen ben Dörfern $ritttoi$ unb #of)en*3iertfc unb bie |)abel, fotoeit fte Don ifjrem Ursprünge in EJjotibanj ($uf)ftatl, «bamS* borf, bei greiborf unb SJornfyof) burd) bie £afcelfeen bis SBefenberg gefyt. 5DaS heutige 2ßedlenburg*©trelifc unb bie Ufermarf bilbeteu bemnacf) im ffiefentlidjen ben Sern beS fianbeS SRabuir ober SJtabroer. 9JJit 9iücffid)t auf bie toeitc (Entfernung biefcS SanbeS Don SRagbeburg, too Otto I. bereits am 14. October toieber toeilte unb bem Whtz £>abamar bie alten Sfreifjeiten OftlbaS betätigte, fonnte ber mit ben SRebariern abgefcfyloffene Qfriebe, t?on toeldjem Otto I. in jener Urfunbe fpricfyt, nid)t fpäter als in ben allerlefcten £agen beS ©eptembers abgesoffen roorben fein. Daraus ergibt ftd) aber, baß bie SRebarier aud) bie barbari toaren, toetdje Otto L nodj am 25. ©eptember befriegte. Qxim Steile barauS unb jum £fjeile nod) aus einem anbereu Umftanbe ergibt fid> aber tuetter, baß ber gan$e g-elbjug überhaupt nur ben SRebariern gegolten ljaben faiui. @S muß bei biefer (Megcnfjeit nod)malS nadjbrttcHicfyjt betont »erben, baß ber Aufbruch ju biefem ^elbjuge nid)t oor bem 13. September erfolgen fonnte, tocil Otto I., toaS ja urfunblid) nadjgetoiefen ift, an biefem STage nod) in Queblinburg »eilte. Da aber Otto I. bie SRcbarier bereits am 25. ©eptember unb jtoar in ifjrem eigenen Sanbe befriegte, mußte im |>inblicfc auf bie (Entfernung beSfelbeu fcou Queblinburg ber 3ug baljin glatt, of)ne befonberen 9lufeutljatt, ofjue Kampfe oor fid) gegangen fein. $n ber £l)at tt?etß toeber Sßibufinb nodj ein anberer üou kämpfen aus biefer 3eit beS gclbäugc^ ju berichten. Unb bieS brängt uns tüieber bie Snnaljme auf, baß bie Sarbareu ^mifdjen JKabtoer unb ber @lbe nicfyt aufgeftanben, rufyig geblieben toareu ober fid) noefy nid)t erhoben Ratten.
1) lieber Tanten unb Sanb ber Sficbarier fielje ©. (£. <$• fitfefe : ®ic ©tiftung, be3 Sllofterö Sroba nnb baS 2anb ber föebartcr in ben Sabrbndjern beS Vereines für medlenbimitjd)e (9e|d)tcfcte unb SUtcrtbumSfunbe III, ©. 5 unb Nigger: üttccflenburgitdje tfiegeften 6. 11 i» b.
2) Sgl. Siaumcr Reg. N. 154, 2U7, 251 unb 261.
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8o bleiben nur bie SRebarier als bie barbari übrig, gegen toeldje ber gtlbjug unternommen morben toar.1)
Dafür fpredjen übrigen« audj nod) anbere ®rüube. Alle Scripte über fte ftimmen barin überein, ba& fte toon allen Stämmen ber ftreit* barfte unb fyartnäcfigfte toaren, ba§ fie audj ftet^ als bie 33orfämpfer aller ffilbflatoen auftraten. Die Webarier toaren fdjon bie ©eele jener Seaetion, toeldje ftdj im Qfaljre 9292) gegen bie beutfdje #errfdjaft erljob. Sie toaren e£ audj, toclrfjc ftdj in ben legten Sagen #eiurid)S I. an ben ©cfanbten feines ©ofyneS Styanfmar Vergriffen. (Sin VRad^efricg toax bie gfolge ba&on.3) Der Seenbtgung biefes ffriegeS, an »eifern fidj £ein* ridj L, ber gu 95eginn beSfelben geftorben toar, perfönlidj liid^t beteiligt Ijatte, galt junäcfyft ber 3felbjug Ottos L, ben uns Sßibefinb in II, 4 fd>tlbert. Otto I. übernahm ben Ärieg als ein 2$ermäd)tniü feines 93aterS. Cr getoann aber für iljn felbft eine SBebeutung baburd), bajj audj bie SRebarier mit bem lobe $einrid)S frifdjen 9ftutl) fdjöpfteu unb äugleid) im f)inblitfe auf feine eigene ^ugenb bie^cit als gefommen betrachteten, burd) ßntfadjung eines allgemeinen SranbeS ifyre fcerloreue, bislang toergeblid) angeftrebte Unabbängigfeit toieber gu genrinnen.
SBä^renb Deutfdjlanb nod) Von ben raufdjenben Stönungsfeftlidj* leiten toieberballtc, ju benen fid^ feine dürften um bie jugenbltdje Sftajeftät beS neuen SönigS in Aachen fcerfammelt Ijatten, gaben bie SRebarier unter Anrufung iljrer alten (Satter bie Sofung ju einem $>ernid)tungSfriege, in toeldjem «lies, toaS beutfdj unb djriftlid) mar im oftelbifd)en Sanbe, für immer berttlgt »erben foffte. (^Interea barbari ad novas res molien- das de8aeviunttf II, 3.) (SS toar nidjt bie einzige ®efaljr, toeldje fid) gejen bie junge #errfdjaft Ottos I. erljob. ffiie befannt Ijatte 93oleSlato todj toaljrenb ber $etrfdjaft |)einrid)S I. über ben blutigen Seidjnam ©enjels Ijinweg ben Jljron Siemens beftiegen. (. . . „percussitque Bolizlav fratrem suum virum christianum" etc. IL 3.) ©olange Ixhtric^ I. lebte, magte es ÖoteSlato nid)t, fid) ju ergeben. iftuu aber jianb er auf, um angeftdjtS beS gleichzeitig in ben ©Iblanben madjtiger beim jutwr entflammten ÄrtegSbranbeS bie ©elbftänbigfeit SBöfymenS, bie er febeu feit ber (Srmorbung SBenjelS als unfcerrücfbareS Qkl feines StrebenS &or Äugen Ijatte, ju erfampfen. Als Otto I. am 13. ©ept.
1) Siebe au* 9$erfc 3R. ©. III, 439 Slnmerfung *u barbari in II, 4.
2) SBibuftnb: I. 36; Thietmari Chronicon I. 6. <Ste^c baju aud) ^Baib in beit 3a&rbu*era ber beutfefcen @efd&td)te IV, ©. 127.
3) „Datum quippe erat illia et antea a patre suo bellum eo quod violassent legatos Thankmari, filii sui."
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ju Queblinburg Don ber SRieberlage bcr fäcfyftfdjen ^eereSa&tfyeilunaen {jörte, weldje bem bcr beutfdjen $errfdjaft ergebenen subregulus ju^ilfe gefommen waren, Ijatte er ja wo&l nod) bie SBaljl, entWeber gegen SBoleSlaw ober gegen bie barbari, b. i. bie {Rebarier ju gießen, ffiebadjte er aber, toa$ im oftelbifd>en ßanbe für 25eutfd)tanb auf bem Stiele ftanb, bann mufcte i^m eine möglidjft rafdje Unterwerfung ber SRebarier als berSJor* fämpfer altflawifdjer Ungebunbenljeit brtnglicfyer erfreuten als ein Äampf gegen SBöljmen, jumal jefct aud) am Wenigften ÄuSftdjt fcortyanben war, JBoleSlaw ju unterwerfen, unb anberfeits fcon biefem für $)eutfd)lanb felbft nidjts tocitcr ju befürchten war. ©egen bie ^Barbaren Ijatte 3)eutfd)lanb nur offene ©reu jen, unb war ber nadjfte Qtotd ber {Rebarier, bie SoSreifcung Dom {Reiche unb 3erftörung ber erften Äeime beutfdjen SebenS im oftelbifdjen Sanbe, erreicht, fo ftanb ju befürchten, bafj audj bie alten ©trcifjüge ber (Slbflawen ins ©adtfenlanb wteber aufgenommen würben. MäRit bem SBerlufte bes SBortanbeS wud)S aber aud) bie üRög* lidjfeit ber Ungarngefatyr unb mit ifyr breiten alle bie alten ©djreden wieberiufeljren."1) Stud) mu|te es Dito I. Don allem Anfange an flar geworben fein, baß, wenn baS aufftanbifdje SBöljmen wieber unterworfen »erben fottte, was feine beftimmte Abfielt war, woran aber im gegen* wärtigen Stugenblicfe nidjt gu beulen toar, bieS nur nad) ber Unterwerfung ber {Rebarier fcon ben Slbtanben au« gefcfyeljen fonnte.
©o fam ber ftelbjug Otto« L, ben uns ffiibufinb in II, 4 fcfyilbert, juftanbe: cum omni exercitu intrat terminos barbarorum ad refrenandam illorum (seil, qui desaeviebant II, 3) saevitiam. Unb bie« tft and) ber einjige .3ufammenf)ang ber beiben ßapitel; bie barbari im erften ©afce beS 3. SapitelS ftnb bie barbari beS 4. 5Dic Äämpfe SoleSlaws in II, 3 aber, welche SBibufinb in III, 8 ju Snbe fiiljrt — fcorgreifenb (jat er fcfyon in II, 3 ben Ausgang (950) in bie SGBorte gufammengcfaftt: perduravitque illud bellum usque ad quartum deeimum regis imperii annum; ex eo regi fidelis servus et utilis permansit — unb bie Erhebung ber {Rebarier, gegen welche ber II, 4 gefdfyilberte ftelbjug unternommen würbe, ftnb toerfd)iebene nur burdj ben jufäHig gleiten tfweef ber SoSreifcung fcon ber beuten #errfd)aft Der* waubte Unternehmungen.
Um beSljalb fd)on Don fcornfyerem jener irrtümlichen Äuffaffung üorjubeugen, welker unfere Ijeimifdjen Interpreten herfallen finb, legt 5R. Äöpfe mit 5Red)t in bem befannten ©a$e (II, 3): interea barbari
1) &ityfe--$ümmler: 3af>rb. b. X. 05. XI, 6. 54.
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. . . desaeviunt, percussitque Bolizlaw fratrem suum, yirum christia- num auf baS — que einen bisjunetiben 9?ad>brucf nnb überfefct bie ©teile, toie folgt: ,3)ie SBarbaren erhoben fidj in toilber ffimpörung, unb außetbem erfdjlägt SBoleSlam feinen ©ruber.11 Unb ifym folgen benn mid> in biefem Sßunfte alle f Röteren Ueberfefcer bon ©elang.1)
@o emtoanbfrei nunmehr bie SBeljauptung erfdjeint, bafc ber bon Bibufinb in II, 4 gefdjilberte Ärieg überhaupt unb bemnad) audj bie traurige Spifobe besfelben, id toeldjer ©ffeljarb mit feinen wenigen ©e* treuen ben Stob fanb, nidjt in SiJömen, fonbem in beut Sanbe ber 8te* barier ftattgefunben tyat, fo toenig flar fefyen ttrir nod) in ber 3frage nadj bem engeren ©djauplafce jener ßpifobe, toeldje fidj nad) ben Ijeimifcfyen Interpreten befanntfid) bei SJrüjc jugetragen Ijaben foflte. SBibufinb felbft lä§t uns bieSfaüS fcöMig im ©tidje. (Sr nennt feinerlei üßamen, . . . unde collectis ex omni exercitu fortissimis yiris interdictum regis rupit, et paludem, quae erat inter urbem hostium et castra regis, cum soeiis transiit. 5DaS ift alles, toaS er uns über baS Dertltdje jenes ÄampfeS bietet ©aS tonnen nrir barauS entnehmen? 9?ur bie allgemeinen, oft toieberfeljrenben ©runbjüge flatoifdjer ÜWarfen, ©runbjüge eine« £ieftanbeS, baS Don ©een unb ©ümpfen burcfyfdjmtten ift, jttnfdjen benen gefidjert bie #au}>tfefie ber Qfeinbe, bie angegriffen ttjerben fotl, liegt.2)
Qn einem foldjen, an Surgen, ©een unb ©ümpfen retdjen Sanbe fällt uns aber audj bie ©udje nadj jener $efte ungleich fdjtoerer, als fte ben Ijeimifdjen Interpreten besüglidj sftorbböfjmcns fiel, too ber einzige ftummemer ©ee ftc aus ber SKotlj ri| unb bie S3urg (Snebin pnben fyalf. Daju lomrat nodj in SJetradjt, bafj jene gefte, tt)ie nodj bicle anbere Surgen unb Sßläfce beS SanbeS ber Stebarier, in ben fpateren SSemjüftungS* Wegen fädjftfdjer ^erjoge, namentlich #einrid)S bes Söroen jerftört tmtrbe. Septem brang, toie toir beftimmt toiffen, in ber Qzit üon 1150—1164 tmeber* l)olt ins SanD ber (Slbftatoen bor unb bis tief nad) Sommern hinein, unb bcrtilgte auf biefen tilgen bie legten SRcftc flahrifdjer Wcity in SWedflenburg.3)
An meiften Ijat bie SSermut^ung für ftd), bafc bie |)auptftabt ber Äebarier felbft, Rethra, jene gefte getoefen fei, toeldjer ber angriff ©fte* barbs galt.4)
1) So audjSRetnljolb ©Göttin. ( „unb audj S3ole3lam crfdjlug feinen SBruber.*)
2) SSgL bamit I, 36: collega autem hoc eis praeeavente, proximura mare (SJtoor!) ingressi sunt. ((£s fmb bamtt bie nafye bei Sensen gelegenen $toet Heineren ©een gemeint.) III, 45: cum ... et paludem quae erat urbi ad jacene, medietas militum transisset. ©te!)e and) III, 53, 54.
3) ^elmolb Chron. Slav. II, cap. V, § 2.
4) »öpfe: 3a^rb. ber SD. ©. I, ©. 58.
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Rethra, ba3 gugleidj ein £>auptgötterfifc bcr (Slbjlatoen getoefen fein fott, lag nad) ben Srgebniffen bcr ttnffenfdjaftftdjen gforfdjungen, toeldje an bcr ^anb ber Don Dietmar fcon SDterfeburg gelieferten Sefdjreibung &on ben mecflenburgifdjen Stttertljumg&ereinen angepeilt nntrben, bort, too ftd) bas heutige Dorf *ßrilltt)ifc befinbet.1) ©8 liegt am SiepSfee in ÜRecflenburg~©tretifc, nidjt tt)eit üon 9?eu*©trelifc im Äreife ©targarb. Rethra fott nodj fcon Otto I. im Qfaljre 955a) verbrannt, fpater anf biet ftnfeln hneberbergcftellt, 1150 jebod^ üon ^erjog £>cinridj bem 2ön>en gänjlid) jfrftört toorben fein.
©o fel}en toir uns alfo bejüglid) ber Drtöfrage nod) anf ba$ nn* fixere ©ebict ber SBermutljungen angehriefen, nnb r£ ift überljautrt jtoeifet« ljaft, ob ttjir jemalö barüber IjinauS gelangen toerben. ©ollen nrir toenigftenS ben mecftenburgifcfyen SltertfyumSforfdjeru, toeldje ifyrer ©adje audj nad) biefer Stiftung mit anerfennenstoertbeftem @ifer obliegen, ben beften Erfolg ttriinfdjen! 3Kag übrigens bie Drtsfrage fo ober fo ent* fd)ieben ober and) gar nid)t gelöft Serben, in nnferem $atte entfcfyeibet fie eigentlich mdjts mcljr; l)ier ift bie @ntf Reibung bereit« gefallen: @$ ift Ifyatfadje, baft ber üon SSibufinb II, 4 gefdjilberte, Don ben Ijeimifdjen Interpreten nadj SBöljmen verlegte fjelbaug nidjt in ©öljmen ftattgefnnben i)at. ©o ift e£ benn alfo aud) STljatfadje, bafc ba$ btefem ftelbjuge angeljörige treffen, in tueldjem Sffeljarb fein junge« 2eben liefe, nidjt bei SBrüj gefcfylagen toorben ift.
3ur tutrtl)fd)aftH4)ett mtb ftaabre^tlt^en (Etttmttkluttg tot (Egerlanbe**
üßon X UUr&ol*.
IV.
$n ber unruhigen $üt ber fcon papftltdjer ©eite gegen 3rriebrid) II. unb feinen ©oljn ßonrab IV. aufgeftellten ©egenfönige ^)einrt(f> 9?atye fcon £f)üringen (1246, -f 1247) unb SBiffyclm üon $>ollanb (1247), fcon
1) Sgl. bamit 9Ra\d); ©ottesbtenftlicrjc $ftcrtl)ümer bcr Obobrtten unb SHfdj: yaljrbucr/er beä $Bcreme3 für mecflenburgtfdje ©cfd)ici)te.
2) SBof)l naefy bem STikgc mit ben Ungarn- ©gl. SBtbufinb III, 53 w. fg.
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benen übrigens gar fein Skrfudj einer SBirffamfeit ins ffigerlanb hinein fidftbar totrb, foö (nad) ftunfs Sgerifdjer ß^ronif) 1248 ber SJitymen* tonig ©enjel I. als ©djufcljerr SgerS eingetreten fein, — e$ erhellt nidjt, ob mit SonrabS ©inverftänbniffe — unb foll er ben SBöljmen #er* mattnvon©djtoanberg ate praefectus urbis (castellanus, ^Burggraf) cingefefct Ijaben. ÜDa$ ift jebod) fefyr toenig gläubig.
ßin Streben nnb Verlangen SBoljmenS nad) bem ©gerlanbe, ba3, abgeben von feinem 2Bertl)e an fid), als 2lu$faltetljor gegen £)eutfd)lanb, toie afö fdjüfcenbeS SBolhverf gegen beutfdjen Singriff von fyofjer mili* tarifc^cr SBidjtigfeit tvar, lägt fid) fd)on in biefer Qdt erfennen. Die böl)mi|d>en |)errfd^er roaren aber aud) eifrig beftrebt, fid) izi bem @ger* lanbifdjen Slofter SBalbfaffen Zuneigung burd) Privilegien für Slofter* bedungen in Söhnten ju erwerben, ©d)on burd) Ä. ^>etnrid^ I. (929) tributpflichtig gemalt, galt ba« nadjbarlidje SBöfjmen feitbem als 5Reid)3* glieb unb menn e3 aud) allergrößten £l)eil$ frembfyradjig tvar, fo machte jtd) bamals eine 5Katioualttät3Verfd)iebenl)eit bem EiVitifationSbegriffe ge* geniiBcr nid)t geltenb nnb SöfymenS ^erjoge gehörten balb gu ben ^ürf^n be3 beutfcfyen SReidjeS. ©o iväre ber gintritt einer ©djufcfyerrfdjaft an ftd) nid)t unbenfbar, ba fte bod) eben burd) einen beutfdjen 8teid)$fürfteu ge* übt »are, ber unter Dberljoljeit ber SReidjSgeivalt ftanb, toie locfer fid) biefeS 93erl)ältuif3 aud), namentlidj nad) (Setväljrung ber erfeljuten Söntgä* frone für ben 935ljmen*$erjog, praftifd) ertveifen mod)te. ^ebenfalls fanb ber immerhin nid)t ganj unmöglidje 3*viftf)cnfall balb ein ©nbe.
Tarnung Von Äamerftein erfd)etnt 1250 lieber als beutfdjer Iprovingialridjter nnb ift Vielleicht feit 1241 immer in fetner Function berblieben, toenngleid) ©d)tvanberg nur ben mifitartfdjen ©djufc von ber SBurg aus übte.
ftaifer grtebrid) ftarb (13. üDecember 1250) in Italien; Sonrab IV., ber ftdj ben päpftlidjen (Segenfönigen gegenüber immer aufrecht gehalten ^attc, jog nun 1251 felbft nadj Stalten nad) (&> tiennung feinet ©djtt)iegervater3 ^erjog Dtto'S Von Satyern jum föeid)£* fcertoefer.
3n ffiger »erben in einer 5ßrivaturfunbe 1252, als bamals fcfyon abgetreten, 2 ljerrfd)aftlid)e ©tabtrid)tcr als Beugen angeführt: Sert^olb unb ©ottfrieb, beibe hrieber nod) oljue ©efd)led)tSuamen, aber beibe anfd)einenb jtoei alten ©gerifeben SDJiniftcrialen^amilien angefyörig, toeldje fpater ins ©tabt*@ger'fd)e ®efd)led)tertf)um übertraten, ©rfterer, Scrtolb, ift VorauSftd)tlid) aus bem (fc^ou oben unter 1179 mit ange*
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führten) ©efdjlecfyte bcr De- Curia1) (seil, imperialis in Egra?). ©ein 83ruber bcr dominus Walterus De- Curia (ber 83efi$uugen unter bcr S3ur$ öor bcr ©tabt Ijatte, bic er an Söalbf äffen abttat) erfdjeint 1257 in bcr ©emeinfdjaft bcr ©belbürger, cives, CgerS. Unb bcr ©ruber ©ertolb ebenfo 1259, toonad) biefer nidjt meljr als judex oorfommt. Die gfamilie naljm bann in bcr ©tabt eine große ©teile ein, [teilte 1281 ben erften funbbaren ©ürgermetfter (SgerS, Bcfefete ebenfo 1359 ben ©ürgermeifter* ftuljl unb fcerfdjtoinbet gegen 1400. Der anberc früher nadjtoeisbare ©tabtridjter ©Ott f rieb (bernod) fpäter als judex unb nidjt cives t>or* f ommt), ift toofjl bem ®efd)Icd)te ber D e - d o m o - 1 a p i d e o2) ängeljörig, bie bemnädjft ni<^t minber bem ftäbtifdjen ©efdjledjtertljum ftd) einfügten, ©ie erfdjeinen 1275 unb finb tbtxi als cives aud) bei Äatfer JRubolf 1290 als beffen Urf unb beugen genannt. ©eibe ©efd)Ied)ter treten attmalig unter ben beutfdjen Tanten „Dom £>ofe" ober „£)öfer" unb „©teinljaufer" in beutfdjen Urfunben auf. SBer als Sftadjfolger ber beiben ©enannten ettoa aus anberen 9RiniftertaI*®efd)Ied)tern bie ©tellung als Ijerrfdjaft* lieber ©tabtrid)ter fcerlieljen erhalten ijat, beim nur burd) foldje ©cfdjledjtcr tourbe fte grunbfäfclidj befefet, erhellt uidjt. Slud) fernerhin ift jefct nod) baS burd) ben ©tabtridjter geleitete ©djöffeucolleg bie mit ber gefammten 5ü^fotge für baS ftäbtifdje SBefen befleibete ©eljörbe. Die ©itbung eineö befonberen ftäbtifdjeu SicdjtScollegiumS neben bemfelben nrirb nodj nid)t er!ennbar. Die ©tabt ftieg aber unter ber §errfdjaft bcr, wie aud) fpater erhellt, tljr ftets toofyltoollenben ©tauffen immer mefyr empor. Dies bauerte audj toafyrenb beS nun balb eiutretenben Snter* regnumS an.
fiefctercS tourbe für bie ©tauffen fcerijängniftreid) unb für baS ©gerlanb unb bie ©tabt @ger feljr bebeutungSfcoll. fiurj nad)bem ber fcon Äönig ßonrab fcor feinem Abgänge nad) Italien jum SReidjSfcertoefer befteHte ^er^og Otto 1253 geftorben toar, ofyne baft Don Ernennung eines aubertoeitigen burdj Sonrab eine 9?ad)ridjt vorliegt, ftarb Sonrab IV. fclbft 1254 (20. 2ttai) erft 26 3at»re alt, in ber $crne mit #interlaffung beS fcon ifym nie gefeljenen 2jäl)rtgen ÄinbcS ßonrabin, nun beS einigen lebenben ©tauffen. Die ©ormunbfdjaft übernahm feiner SWutter ©ruber, ber SBtttelSbadjer ^Krjog Snbtoig fcon Dberbatjern, beffen ©ruber #einrid) 9Hcberbatjern nad) beS ©aterS STobe bd ber Streuung ermatten Ijat.
1) £. ©rabl, Mont. Egr. p. 79.
2) $. ©rabl, Mont. Egr. p. 79.
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3n biefer Qtxt erfdjetnt ber früher fdjon ertoäljnte @gerlänber (Jonrab toon #oljenberg at« ftnljaber be« tuid^ttgen castrum Egra, tote au« einet Urfunbe bon 1261 Ijer&orgeljt, unb jnjar ift er fdjon bor 1261 in beffen JBeftfc. Sßann, au« toeldjer SSeranlaffung, unter »eichen Umjtänben er biefe für ba« ganje (Jgerlanb fo ttncfytige 33urg empfangen, cb trieBeidjt Bereit« bon Sonrab IV. bti feinem Abgänge aus £)eutfdjlanb (1251) als ©idjerung für ettoa bon bem föoljenberger erhobene &u«* rüfhmg«gelber, ob erft nad) feinem £obe (1254) fcon Sonrabin unb feinem Sormunbe |>erjog Subnrig, erhellt nicfyt. 2)a« 5Red^tjgöer^ältni§ jtoifdjen bem f)o!jenberger, ber übrigen« SKinifteriale, loenn audj ein, tvit bamal« alle, fyodjftrebenber mar, unb Sonrabin in Sejug auf bie ©gerburg ift nidjt naljer befannt. Später loar ber #ol)enberger, n?ic nnr feljen toerben, balb mieber aujjer SBeftfc ber S3urg; toann unb lote er fie hrieber berlor, tDeijj man nidjt.
£>en ©egenfönig SBilljelm bon £ottanb Ratten felbftfcerftänblidj äaifer frriebrid) IL unb ebenfo fein ©oljn, ber Sftömifcfye Äönig Sonrab, md)t anerfannt. fjür alle biejenigen, toeldje audj nad) ber beiben ©e* nannten, be« Äaifer« unb be« Sönig«, Stöbe, alfo nun nad> ©rlebigung beiber 9teidj«toürben, ben päpftlidjen ©egenfönig al« baburdj correct ge* tooröen nidjt anerfannten unb i(jm nidjt jufalten tooöten, fehlte e« jefct überhaupt an einem SDiadjtljaber ber 8teidj«getoalt. Da« £au« ber Stauffen fonnte iljn erflärlidjer SBeife nid)t anerfennen unb Ijat ba^er audj Seteljnungen bei iljm nie nad)gefucfyt. Ob bie ©tauffen übrigen«, feit fie bor 120 ^aljren ben Stljtott beftiegen, formal ettoa, fojufagen bei fidj felbft etoaige SReidj«belel)nungen über iljre alten 2eljen«*33efifcungen nadj* gefugt unb befunbenbe £eljen«briefe barüber ausgefertigt ertjalten fyaben, ift nidjt ju bezweifeln, für eine Qdt, ba ber £el)eu«ftaat nodj lange uidjt ctftarrt unb in bie erblidj getooröeneu Sterritorialftaaten auSetnanber ge* jaden »ar. @« fyanbelte fidj l)ier fpater freilidj fcornefymtid) um 2JJadjt* fragen.
2>af$ nad) 1250, 1254 polittfdje $ataftropl)en hereinbrechen luürben, toar faft mit ©idjerljeit ju erwarten.
Da nadj Sonrab« IV. Slbfterben (1254) bie ganje 3ufunft be« Stauffen^aufe« auf ben 2 3lugen be« $inbe« (Sonrabin beruhte, faßte feine ganje 23ertoanbtfdjaft fcorforglid) für ben möglichen $all feine« 2lb* fterben« bie ftrage feiner Stfadjfolge in« 9luge unb jtoar umfomefyr, al« ber junge Söfjmenfömg Dttofar (1253) feinem SSater ^Bcujel, t?on beffen angeblicher Ijödjften« rafc^ torüberge^enber ©c^u^errlic^feit über @ger trir gehört l)aben, gefolgt toar unb e« rätljltd) fdjten, gegen ben neuen
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mächtigen £>errfd)cr ©tellung p getoinnen, um feinem fcorauäfidjtlidjen 93egef)ren nad) bem ©gerlaube entgegenjutreten. Sltbert fcon 3Keifcen (©oljn be8 üDiarfgrafen |)einrtd) beS (Srlaudjten imb ©entarte fcon Äaifer 3rriebridj£ II. £od)ter, SonrabS IV. ©djtoefter, ÜÄargaretlja) einerfeits, anberfeits bie beibcn 33atyern*|)cr joge Subroig unb # einridj ($Jrüber fcon SonrabS IV. ©ernannt ©lifabetl)), alle brei als @d)tt>äger bcS 33aterS unb Oljeime beä $inbe8 unter fidj in SBejug auf eine mögliche ©rbfcfyaft faum iibereiuftimmenb, fanben gleiten ©runb jur Sefotgnife, bafe Dttofar fid) auch nod) feiner ©tauffifdjen 2CB* ftammung als £odjtcrfol)n $. $l)iliw$ (beS DljeimS f^riebrtc^ II.) er* innem lönne: alfo fcineö ben beiben ffiittelsbadjcrn ganj feljtenben ©taufftfdjen ©eblüteS, toaS bem üftetfcner ebenfo tt?ie Dttofar nur fcon weiblicher ©eite, bem ÜÄeijjner allerdings näfyer jufam. Albert« SJater, ber alte SWarfgraf (©etnal)! fcon DttofarJ $aterfd)toefter), ber aud) 9lnfprüd)e auf böljmifcie fianbestfycile gegen feinen ©djroefterfoljn Dttofar ertjob, fcerfudjte tfyatfädjlid) feinem ©oljne bie ettoaige ©taujfifcfce @rb* fdjaft möglidjft ju fidlem. £aju »ar er umfome^r üeranlaftf, als fogar ffionrab IV. felbft feine ©djtoefter ÜWargaretfya für ben fjaff eine« finberlofen Sfbftcrbenö Sonrabins jur Erbin berufen ^atte. IDemgemäB berief1) fpäter ßonrabä SMcefanjler Sßeter de Pretio nad) SonrabinS «bfterben aud) ben 3Wei|ener SDiarfgrafen §um Antritte ber (Erbfdjaft. ©leid) nadj ßonrabs IV. £obe (12. 9flai 1254) fdjlofe ber alte SDkrfgraf mit ben 3 2?oigten be$ SSoigtlanbeö eine 23erein* barnng (1. ©ept. 1254), toorin biefe fic^ fcerbanben, iljn gegen Dttofar
1) #. ©rabl (@efd). p. 91) ber bie nabc ©erwanbtfcbaft unb bie poütifdjen 3Jer* bältmffe nidjt näber gefannt t)at, üermutbet 21rglift unb ©enxilttbat fetefrei: „9?td)t SBenige locfte ber fdjöne Scfifc jur Ergreifung biefer Öeute. ©letdj 1254 feegte ber 2ttarfgraf fcon üfteiöen ben ^lan, fid) (5ger3 unb be3 ganäen ©cbicteS äu bemächtigen; märe ba3 X'anb nur in feine $änbc gefommen, bit SBclebmmg bnrd) &. SHifbelm feofftc er iebcnfallö ofene mele SDfübe au er* langen; ba aber feine 9ftad)t gegen bie ber 83at)em au Hein festen, fud&te er iöunbcSgenoffcu ober ttenigftenS neutrale Sftacbbarn au genrinnen". 3)er Sftarfgraf felbft battc übrigens ben ©egenfünig Sötlbclm feit 1247 ntd&t aner* fannt unb batte ba^ eigene £cbcn bei ibm nid)t nadjgefudjt; $. ©rabl^ 5luf* fteffnng (9)Jittb. l>. 33), ber üRarfgraf werbe toofit ben ibm felbft ücrfdjmägcr» ten rechtmäßig gemäblten ^Höm. Äönig (ionrab IV. niebt anerfannt gebabt baben, ift baber uidjt annebmbar, neet) meniger bie SDebuction, ba& bann fticr* a\i3 ber niefet atlobiale Gbarafter be^ (Sgerlanbcö bcrüorgcbcn füllte. 3)ie attinentia ber ^aifertoefeter beaiebeu ftd) and) auf bie anberen Stauffifcfeen 93c* ft^ungen, n?eldje ÜÄargaretba, bie nädjftc Erbin, md)t minber n>ie ba^ (Sger* lanb beanfprueben founte.
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ju unteiftufcen, fotoie gegen jeben, ber bie ßaifertodjter (2J?argaretlja) in $rem Ctgent^ume Ijinbere, toorunter fic^tbarltd^ ba$ eventuelle Sger* lanbifc^e 6rbe mitgerechnet toar, benn e£ toirb beftimmt, bafc, toenn ber SRarfgraf ßger unb anbere .ßugeljörungen (ber $aifertod)ter) mit $üfe ber SJoigte erringen tootfe, er e$ mit iljrer 3rreunbfd>aft unb gutem ßiüen tfyun möge: Si voluerit Egram et alia attinencia nostro auxilio adipisci, hoc facere debet per amiciciam et bonam nostram voluntatem. SemerfenSttjertlj ift, bafc unter ben 23ertrag^eugen aud) ber Sgerldnber Albertus dictus Sßotljaft, a\\& einer mächtigen, im Sgerlanbe toeit ange* fejfenen ^milie fid* beftnbet (berfelbe, ber fpäter 1259 aud) bas Sanb* geriet unter SourabinS SSorftfc in (Sger mitmachte). 35afc ber 23oigt bou fieijba1) bei biefem Vertrage ber 3 SBoigte fdjon sßrobinäialridjter be$ (SgerlanbeS getoefen fei, ift nirgenb angebeutet.2)
9todj bem £obe ffitlfjelmä oon #olIanb (1256), bei bem gtoiefpalte ber beiben 1257 neugctoäljttett frembtänbifcfyen ®egen*$önige, bie ftd? gegenfettig nicfyt anerfannten unb bem SReidje ganj ober fo gut toie ganj fernblieben (ber fpanifdje Sönig Stlfonö ganj, ber engfidje *ßrinj Stidjarb faft ganj, ba er in 15 ftafyren nur breimal nadj £)eutfd)lanb !am), bei fyerburd) tl)atfäd)Iid) faiferlofer 3dt machte £>erjog Subhrig afe ^ßfaljgraf bie Stellung ate 9teid}S*23icariuS geltenb, inbem fo bairifd)crfett$ toie Seitens be$ ©tauffenljaufeS beibe gleidjäeitige ©egenfönige unaner!anut blieben unb bal)er aud) SBeleljnungen beiberfeite bti beiben nidjt nad)* gefugt tourben. Vacante Imperio Romano, jure dignitatis officii nostri, quod ab Imperio tenemus, begtünbete3) £ubtoig fräter (1267) fein 93or* gelten in foldjer ©teüungnaljme, jufolge toeldfyer er felbft es loar, ber etmaige JBele^nungen bon SReidjsfyerrfdjaften ju erteilen fyatte.
3n biefe fdjon feit 5^iei>^§ K* Abgänge aus ©eutfdjtanb an* kanembe ©djtoädje ber 3fteid)3t*egierung, toeldje iljre ftaatlidjen sJled)te in ganger 2(u$bel)nung ju toatjren berabfäumte ober nidjt bermodjte, toirb man es aud) ju berlegcn Ijaben, toenu bie 9)i imperialen, tote anber* toarts, fo aud) im ©gerfanbe ftdE> neben ©rbltdjfett ber Dtenftgüter ober £effen audj rooljl balliges Sigentljum jueigueten, benn mit ber ©djwädje ber SRetdjSregierung fiel bie ©djtoädfye ber lanbeöfürftlidjen Regierung ber ©tauffen jufammen.
1) Unertütefene SluffteEfang $. ©rabl'S (©efd). p. 91); feine eigenen (Jitate irreefcen nur Don 1257. —
2) Uebcr bie Soigte beS SotötlanbeS. f. SDrtoof p. 377x. 3> Sommer, Reg. Imp.
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Sßenn bamals audj SBünfdje unb Hoffnungen ber aufftrebenbea ©tabt auf ffirlangung einer Don SanbeSljerrtidjf eit befreiten unmittel» baren SReidjSftellung eingetreten ftub, fo ift bieS fc^r erflärlidj, ba eine foldje jcbenfaff^ einer, bei etwaigem Äbfterben be$ legten ©tauffenfinbeS eintretenben neuen, nic&t meljr mit ber SReidfjsgewalt üerbunbenen befon* beren ßanbeSljerrlidjfeit fcorjujieljen war; unb int übrigen ©gerlanbe wirb gleicher Sßunfd) unb gleiches SBerlangen audj beftanben Ijaben.
2ln lanbesljerrlidjen JBegünftigungen fehlte es ber ©tabt audj fernerhin nidjt. Sßafyrfdbeinlid) Würben bie ©gerer burd) SBele^nungen ©eitenS SubwigS unb ©onrabinS, beS SJormunbeS unb beS Sttünbels, begnabigt (nrie in ber fpäter ju erwäljnenben Utfunbe DttofarS 1266 befunbet ift), ba bei ben ©beibürgern ifyrem Ursprünge nadj, feien es ministeriales ober burgenses. cives, bie SeljenSfäfyigfeit für alle Strten Don fielen, faifertidje SReidjSleljen wie für anbere Seijen, ja nidjt jweifelljaft war. ©S ift 31t bebauernr bafj SefyenftüdEe, bie fo an bie ©gerer üerlieljen worben, nirgenb genannt werben, ©eljr erflärKdj werben fie trielfadj außerhalb ber ©tabt im Um! reife berfelbeu auf bem Sanbe gewünfdjt unb &er liefen worben fein. Unb bieS wirb Wofyl wefentlid) gu attmäliger fefter ©ilbung eines ftäbtifdjen ^Territoriums, 2Beid)bilbeS, mit völliger ?luSfonberung unb abfd)lie|ung beS ©tabtgebteteS fcom entfernteren flauen Sanbe gewirft Ijaben. $n ber ©tabt felbft wirb in biefer .ßeitperiobe ber ©djwädje unb Unbefümmertfyeit ber SanbeSljerrlidfjfeit bie widjtige 21jat» fadje eingetreten fein, bafc audj bort nidjt minber wie bei ben STOinifterialen auf bem Sanbe baS öon ber ©runbljerrfdjaft fcerleljnte ober nur „nufcbar" fcer* Helene ©runbeigentfyum in wirflidjeS ©igentljum mit freiem S3erfügung3* rechte barüber ftd) aflmälig öerwanbeln fonute. Sei ben SBeftfcungen ber SSorftäbtler beftaub bie SeljenSeigenfdjaft nodj fort un& würbe, wie bereits angeführt, erft nad) ljunbert $aljren 1357 Don Sari IV. aufgelöft.1) £)a{3 bie ©tabtgemetnbe ber 33ürger felbft als foldje in biefer 3eit gleichfalls gu corporattoem ©igentljume als UntoerfitaS hingelangt fei, geigt fidj 1271, inbem bie ©tabfterwaltungSbeljörbe. über ein bamals fdjon beftanbeneS ©tabtljofpital, toa^ bod) auf ©emeinbeboben gelegen ijaben muß, burdj abtreten verfügte. $efct toerfd)Wanb atlmälig bie alte ^ßalatial^erfaffung mit bem #ofgeridjtSwefen ; in ber ©tabt fcerfdjtoanben bie üKiuifierialen attnmlig, ba fie „als fold)e" auf baS ©tabtwefen feinen befonberen ©influft mefyr geltenb machen foimteu unb aud) ber minifteriale ©tabtrid)ter aflmälig feine Äraft unb 2}ebcutuug gefdjwädjt fal). @ie
1) «ßröfl II. 158.
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sogen tnttoeber aus bcr <gtabt aufs 2anb, ober traten in ber ftar! ge» »ortenen ©tabt in bie ©enteinfdjaft ber ©efdjledjter, unter benen toir jefct btc granfengrüner, 4?onigerf $zfy, SSetterle erfennen fönneu1), mit benen iufammen fie ben ©tabtabel bilbeten.2)
äßenn bie aufftrebenbe äWittelfdjicfyte ber fogen. ÄönigSleute3) fid) #oifd)en bie ijerrfcfyenbe Slaffe ber cives nnb bie ber Ijofredjtlicfyen S3e» fcolferung einfc^ob unb ftd) ju einer burdj gemeinfd)aftlid)eS Qfutcrcffc Der* bunbenen Slaffe umbtlbete, bie iljr blofc nufebareS ©gentium ju ttnrflidjem ebenfalls aHmalig untjutoanbeln toufjte, fo fyatte fte bodj an ber ©tabtoer* »altung feinen ©influfe. Unb nod) meniger Ratten tfjn bie Unfreien, porigen, f)anbtoerfer 2C, felbft xotnn fie attmälig burdj bie Uebermacfyt ber ßäbtifc^en ®cmetnbe an« bem ^crrfc^aftlic^en SSerbanbe fyinauSgejogen unb mit unter ftäbtifdje ©eridjtsbarfeit gelangt toaren. £)aS Streben nnb ©»bringen ber ^anbtoerfSmeifter, toaS in ©ger ljunbert Qa^re später (1350) funb roirb, tourbe burefy ©rlafc Saris IV. 1351 toieber gurüd* gebrannt unb bie alte Stellung bom ©d)öffeutf)um unb SRatlj erhalten nnb gefiebert Äudj manche autonome Erneuerung unb feftere SBegrün«- bung Ijerfömmlidjer, ^ie ^errfd^aftli^ gematteter ©inridjtungen modjte jefct gt lieben unb ettoa ju bem ©rgebniffe gelangt fein, urie eS jtoei Satyr* je^ente fpater aus St. SftubolfS SBeurfunbung (1279) Ijerbortritt
WS *ßrooinjialrid)ter finben toir nad> bem ftamerfteiner (bon 1250) eine neue *ßerfönlid)fett 1257 eingetreten. S)ie Aufführung bc* SRarquarb fcon ©ogen als judex prov. für biefeS $ai)x bü 23renner4) (barauS in $röfl II. 349 unb bann ju ÜDrtoof p. 84 übergegangen) beruht auf irriger Urfunbenlefung, ba er urfuublid) nur als Ministerialis genannt toirb, aber babei begeidjnenber SBeife fdjon mit bem 3ufafce
1) 9la$ ftrdjüdjen *Racbrid)ten Oßröfl IL p. 95, 121) baben bie fjranfengrüner ben 2tnna*9Utar in ber SfticlaSftrdje errtdjtet, bie $edjt unb £oniger 1260 ba3 ftranstSfanerflofter ge6aut unb nadb bem großen ©tabtbranbe fcon 1270 jur SBiebererridjtung beefelben ttrie beS (SlaraflofterS 1268 geholfen ; baS $au£ beS Setterle ttrirb als 1270 niebergebrannt angegeben. §. ©rabl fittbet atte^ bieS (mit SRec^t) als toenig begrunbet, toeil im Slrd&io feine Urfunben barüber finb. 9ttan !ann aber !aum annebmen, ba& 9HIeS, vorüber (aud) nad) bem Sranbe Don 1270) im ärebiü feine Urfunbe tft, nid)t ejifttrt bat, ba& toor bem (mic bie MoQumenta jetgen) boeb reibt fpätem Segtnne ber $rcbto$*Urfunben in ©ger unb im (Sgerlajtb 3abrbunberte lang feine Ääufe, Serfäufe, £aufd)e, ©cbenfungen, ©rbfdjaften öorgefommen feien. Wlit leeren 3Jiöglicbfeiten aber ift freiltd) aud» nicbtS getban. (SDie SRebaction.)
2) 3)rit)of p. 417.
3) »rioof p. 30, 361.
4) 3lt(bter p. 82.
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aulae Imperialis, bcn er, ber 1242 nodj einfad} aU dominus be~ jetdjnet wirb, nad) ßonrabs IV. £obe ftd) jefct bei einer ©djenfung an» Älofter aSJalbfaffcn beilegt. Als ©iegeljeuge babei fungirt l)ier Heinri- cus, advocatus de Wydasen., ber fyier juerft aU judex pro- yincialis in Function crfd^eint. Die (Ernennung gefcfyal) woljl burd) £>erjO{j Subwig, ber nnn in boppelter ©igenfdjaft auftreten fonnte, als SSonnunb EonrabinS, beS 9?adjfolger3 feines fcerftorbenen SBaterS in ber Sanbe$* l)errtid)feit unb als ^faljgraf unb SReidjSoerwefer. @S gefdjaf) 3 Qfaljre uad) jener SSerbinbung ber 3 3Soigte mit bem SWctßner üftarfgrafen rü(f* fidjtlid) beS SrWerbeS be£ ffigerlanbes. ft&tte, n?ie ®rabl ©efd). p. 91 meint, er bamals 1254 bie Skrbinbung gegen Subwig fconSatjern Wegen bcj5 SgerlanbS gefd)loffen, fo würbe es ftd> mit einer ©rnennung burdf) lefcteren eben fdjon 1254 fdjledjt reimen. 33ier ftaljre fpäter finbcn wir iljn wie bie übrigen beiben 93otgte fogar in nod) genauerer Serbin« bung mit Subwig unb Sonrabtn. Qmmerljin war bie ©tctiung als *ßro* fcinjialridjter über bem fojufagen Derwaiften ©gerlanbe für bcn benad)* barten 33oigtlänbtfd)en Dtynafteu ein fefyr erfreulicher SWacfytjUWadjS, ber, je nadjbem fid) bie politifdjeu Umftänbe in biefer 8tit fdjwerer 95er* toirrungen geftalten motten, eine gute ®runblagc für SBeitereS »er* ben fonnte.
Der urfprünglidjen SKatur biefeS Amtes nad) war ber Sßroto.* SRid^tcr (ber im Sgerlanbe niemals tote anberwärts „33ogt"f advocatus ober capitaneus genannt wirb), jwar, wie fein Jitel Ijier auSftmdjt, $anbljaber ber (Srafengewalt in ber ®erid)tsbarfeit unb in ber wichtigen SeljnSoerWaltung, wobei er im Steige aud) bie Verwaltung etwa reidjs* unmittelbarer ober unter unmittelbarem 9?eid)Sfd)ufc gelangter Sefifcungcn fyattt. @r führte aber in tjofyer Politiker Stellung aud) bie Sluffidjt über bie SBurgeu unb feften $ßläfcc unb fjatte, fofern fic ntdjt fcerleljnt waren, bereu Qnftanbtyaltuug ju bewirfen unb beren 23efafcungen ju beftellen, bie in ^rieben, gefybe unb Ärtcg unter feiner gilljrung fteljen. Der Sger'fdje $rot>.=sJ{id}ter oon Äamerftein war fogar 1241 unb 1242 toon $önig Sonrab IV. unb bem Saifer gfriebrid) II. beauftragt, außerhalb beS SgerlanbeS baS Slofter ®peins!)arb gu fdjüfcen unb gegen ben abge* falleneu 33ifd)of in 33amberg für ben neuen fönigStreuen 33ifdjof ein3u* fdjretten. Diefe wirfungsreidje politifdje Stellung mochte bei einem ganj benachbarten unb erwerbseifrigen Dtjnaften bod) uidjt oljne alles 99ebenfen fein, falls fie ftd) etwa confolibirte.
gür Sicherung ber |)auptburg (Sger unb ber baju gehörigen ©tauffifdjen ©iiter würbe oom ^ergoglidjen l>ormunbe oorauSfidjtlid) 9Sor*
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Jorge getroffen, ©n Beförderer 33efef)lSl)aber für bie ^auptburg (Sger, bie ftd> nidjt felbft übertaffen unb preisgegeben fein fonnte (SBurggraf im eigentlichen SBortfinn), wirb — bei ber Sücfenljaftigfeit unb ©ürftigfeit bet bod) meift nur gelegentlichen unb jufäüigen ?lrd}fos9?adjridjten anberen 3wecfcS unb Qn^altcö — ntcfyt funb. ®r burfte aber nid)t fehlen, na- mentlich bann nidjt, wenn ber *ßrofc.*8iidjter, falls iljm biefe SBurg aud) jnpnbig geworben, auswärts fern gefeffen war, tote Atn je|t ber btyna* fiifd)e 33oigt im 93otgtlanbe, unb nodj weniger bann, wenn bie ^auptburg etwa biefem lefcteren nidjt mit übergeben, fonbern bei ben ©tauffen ju* rücfgefyalten unb als ©tüfcpunft in anberer öertrauenSWertljer £>anb feft* gehalten blieb. £)b ber früher erwähnte ©gerlänber ÜKinifteriale Sonra^> fcou ^oljenberg ztwa audj gegenwärtig baS castrum inne Ijatte, ift nidjt flar. 35ie Stellung bes Sgerlänbtfdjen $ro&insialrid)terS War unb blieb übrigens eine fcom SebnSWefen unberührte, audj niemals erblidje, fonbern rein perfönlidje unb oft fdjnelt wedjfelnbe. S)ie Sftdjtleljnbarfeit biefer Stellung fymberte aber nid)t, baß einaelnc unter iljr fteljenbe 9Jurgen unb fogar bie £auptburg (Sger felbft als Scljen auSgefd)iebeu werben fonntm.
gür bie grunbljerrlidjen 33er!)ältniffe ber ©tauffen im Sgerlanbe unb in ber ©tabt felbft ift jefct wieber bejetdjnenb, ba&, wie k. #einrid) 1227 in ffionbreb getrau, fo ber junge Sonrabin 1258 baS ^atronat über bie $ßfarrfird)e ju @ger bem 3)eutfd)*£)rben mit aus* brücflidjer ^Betonung toerltel): jus patronatus ecclesiae in Egra, cujus dominium et proprietas ad Nos spectat, bie 93erleiljung alfo aus* brücflid) als ©runbfyerr ttornafym; unb bafc er balb barauf aud) bie $farrfirdje felbft bem Drben gefdjenf weife %u @igentljum übergab.
Sonrabin felbft urfunbete 1259 in (£gcr, inbem er mit ©utfyeifjung feines SSormunbeS ^erjogS Subwig bem Älofter SBalbf äffen wieber 3 @ger* Iänbifdje ÜDörfer fdjenfte, übrigens oljue Seifein beS 1257 als *ßrofc.- 9iid)ter fungirenben Voigts fcon 2öet)ba, fonft aber umgeben fcon jaljl* reiben auswärtigen Wie ©gerlänbifdjen SWinifterialen als befunbenben beugen : Sllbert 9fotl)aft, Sonrab üon gloljenberg, ^>eturid> oon Arnsberg, 2 <ßaulSborf, 2 2Balbau, 2 SSalbtfjurm, 2 Sngil, bem ©tabtridjter ©ott* frieb (wieber nod) oljne ©efdjlecfytsnamen — woljl nod) ber fcon 1252) mit 2 ©öfynen, 2 De-Curia. ©eitbem ijat ßonrabin baS ©gerlanb nid)t meljr befugt, unb Ijaben iljn feine bortigen ©etreuen nidjt meljr umgeben.
£efet War bie 3eit politifdjer Sataftro^en in 23eibiubung mit bem aümäligen fd)on beginnenben .gufammenftiirae bes ©tauffifdjeu Äaifcr* Kaufes audj für bie mittelbeutfdjen 33efi$ungen ber ©tauffen herangenaht;
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fo audj für ba£ fjränftfcijc Nürnberg, unb fo audj für @ger, Surg, ©tabt unb Sanb, in äfynlidjem ©efdjufe. Nürnberg wie @ger erfdjemen beibe aus ber #anb ber ©tauffen gefommen, wenn audj woljl aus öer* fdjiebenen Urfacijen; unb in @gcr woljl nur bie33urg, unb auf atlerbütgS legaler ©runblage, bavum aber nidjt weniger mifclidj unb bie früher regelmäßig entwidelten 23erljältniffe freujenb unb ftörenb.
ÜDie ©tabt Nürnberg, jefct 1256 urfunblid) als SBürgergemeinbe universitas civitatis neben bem fyerrfdjaftlidjen ©d^ult^ctß bejeidjnet, unb (tüte bann audj 1264) mit bem Nl)einifd)en ©täbtebunbe felbftanbig in SSerbinbung getreten — Was (Sger nodj nid>t getrau — war ber |>anb ber ©tauffen entfommen ; ju meinem genauen geitpunfte unb Woburdj, erhellt nidjt näljer. @ine etwaige SSerpfänbung — wie mir bann bti ffiger feljen — oon ©tabt ober 2anbfd)aft ©ettenS ber ©tauffen an einen anberen SNadjtljaber ift nidjt erfidjtlidj. Slnfdjeinenb beruhte bie ©nt* frembung auf fdfyon eigenem politifdjem ©elbftänbigfeitsftreben feit Son- rabS IV. 8(bwefenl)eit in Italien ober nadj feinem £obe bei mad>tüoller innerer ©ntwicfelung. ffienngleid) ber ^o^enjoHer gfrtebridj, Seljnsbeftfcer ber Nürnberger Surggrafjcfyaft unb ©igenbeft^er ber gollernburg im Stauffifdjen SBurgberinge Nürnbergs, ein treuer SInljänger ber ©tauffen war, audj bem jüngeren Sonrabin als Seratljer jur ©eite ftanb, beffen SBefudj auf feiner benachbarten Saboljburg (1267) empfing unb oon üjm begna* bigt Würbe, fo war fogar bie große Nürnberger 33urg, bie allerdings unter einem befonberen ©tauffifcfyen Castellanus ftanb, verloren gegangen. Die ©tauffifdje $errfd)aft über Nürnberg Surg unb ©tabt, fonnte nur mit großem Äoftenaufwanbe unter Stnwenbung friegerifdjen Zwanges wieber IjergefteHt werben. Um bie baju anfdjeinenb oon feinem Sormunbe unb Ofjetm ^erjog Subwig oorgelieljenen Soften ju erftatten, mußte Sonrabin tiefem fpater (24. £>ct. 1266) oon feinen Sefifcungen in ber Nürnberger ©egenb mehrere SJogteien pfanbweife übergeben; in acquisitione Castri et Civitatis Norinberg (et pro consummatione matrimonii nostri) war bie Aufnahme oon 2200 SNarf ©ilberS nötfjig geworben. ÜDiefe 35er* pfänbung gefcfyalj furj Oor feinem aufbrühe nadj Italien.
J)ie ©tabt Nürnberg war nidjt nur polittf d), fonbern audj fmanjieH feljr wertvoll burd) iljre 9tbgabenleiftung. £ie ©djUtfoeit beS 13. $af)r* ljunberts war bie ^ßeriobe, in weldjer bie SihiigS* unb NeidfySftäbte ifjre ©teuern auf eine fijirte ©umme ju beftimmen fugten, unb Nürnberg fjatte als bemnädjftige NeidjSftabt unter Nubolf (nad) bem ©aalbücfylein oon c. 1290) ju entrichten: Oon ©teuer ber 23üvgerfd)aft 2000 $funb, ber Qfuben aud) 2000, oon ber SWitaje 500, oom $oll 200, oom ©djultfjeiß*
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amte 100, alfo 4500 $funb außer ben bamaligen einfünftcu bcr 9ieidj£' bürg. S)a aus ber.|>üf)e foldjcr figirter abgaben bcr „ftnanjielle Sßertf)" bcr ©tabt ju entnehmen ift,1) bleibt cd ju bebaueru, bafc bieS nidjt in gletdjer SBeife t>on @ger befannt ift.
@ine äljnlidje feinbfelig gegen bie ©tauffen aufftrebenbe ©tetfung fyat bie ©tabt Sger niemals eingenommen. 35 ie 99urg ju (5g er Ijatte iljr, tüie ernannt, äljnlidjeä ®efd)icf einer (Sntfrembung, toar babei aber hi toenigftenS gefefcmäjjiger Sßeife betroffen, unb ätoar nur bie SBurg allein oljne bie ©tabt; tüie toeit tttoa mit ber 93urg audj bie Sanbfdjaft, ift nidjt näljer ju überfein. Slud) fjier ttmrbe Don ben ©tauffen ber bal* bige SBieberertoerb herbeigeführt.
3fn ber $anb eine« ftauffifdjcn Sttinifterialeu, tüte beS $ol)enberger3, modjte ber SJefifc ber Sgerburg nid)t feljr bebenflid) fein. SBir feljen aier, bafj nadj bem $ofyenberger fcfyon fcor i 261 ber benachbarte btyna* ftifdje 93eigt fcon ©etyba, ber ^rofcinjtatridjter fcon 1257, unb jtoar ge* meinfam mit ben beiben anberen Zeigten x>on flauen unb ®era ben ^ßfanbbefifc ber (Sgerburg ex concessiono regali be3 jungen Sonrabin (SönigS fcon ©icilien) bt#v. beffeu 3?ormuub3 $x&. Shtbtoig für üorgelie* ljeneä ©elb als fielen, ex jure feodali, erhalten ijatte; toann, ob fdjon gleichzeitig jur $eit bcr Uebertragung be£ $roü.<föid)teramtc3 (1257), ob gar früher, ob erft nad) SourabinS SlMoefenfjeit in Sger (1259), erljellt nid}t. ^ebenfalls mochte bies 35er^ältni§ bebenflidj unb balbige Söfung ertüünfdjt fein.
©ieben $aljre nad) üorermäljnter politifdjer Vereinbarung mit bem 2Rarfgrafen fcou Zeigen (1254), oier Qa^re nadj be$ 93oigtS Äunbioerben in ber $roo. SRidjterfteltung (1257), finben toir bie 3 SJoigte 1261 in fdjon befteljenbem Sefifce (Sgerläubifcfyer 93urgen unb beren SubeljörS; fo insbefonbere im 3$faubbefifce bcr beiben Surgen Söagan unb Äinöberg, toefdje nadj bem 9tbfterben ber beiben legten S3efi(jer unb SeljenSträger unb (Srlöfdjeu beren ©efdjledjter : be£ 9J?arquarb üon ffiagan (t 1258) unb |>cinrid) üon Sinsberg (f 1200) burd) SefynSfall lieber an bie Seljnsljerrfdjaft gefommen toaren. ©ir finben fie aber and) im i>e(jn$beft&e ber großen #aupt&uvg in @ger felbft. Die 3 23oigte beurfuuben (30. 9Wai) 1261 ben ftücfempfang üon 1000 SÖJarf
1) syergletdj&petie ift 5U bcmcrfeit, baß (Sffltngcn bamal» nur 800, Ulm 750, §eil= bronu 600, fjranffurt 5oo, 2lug3burg 400, «Rörblmgcn 300, SBinbd^eim 300, SKotbenburg 200 ^fuub geller 9ietd)£fteuer au entrichten hatte, woran* pc^ ba^ bamafige fd>n?erc Ucbcrgctvidjt 9Jürn6crgö erfeben läjjt. (Sgcr etnäureiben bürftc fdjwcr fallen. Später ftnb bie Steueriät}e fe^r geänbert.
mttDeilutiQtn. 37. 3a^rdanfl. 1. £efi. 5
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©ilberS, ba3 fie bargelieljen Ratten, unb bafc fic nunmehr in bic £anb £rj. SubtoigS für Sonrabin erftgenannte beibe Surgen nebft Qnbtt)dy: ttrieber jurücfgeben; femer aud), bafc fie auf alle 9ted)te unb änfprüdje, bie iljnen auf benfelben ober „anberen ©ütern ©onrabins ober feinet DfjeunS" jugeftanben, vergiften, aufcer jebodjauf „iljre gefefcmäfeig aus ©ourabins £aub empfangenen Seljenredjte11. SßeldjeS biefe aber ftnb, erljeflt Ieibcr nid)t, fo feljr e3 Von Qntereffe toare, ben Umfang be£ SJafaüen* SBerljältniffeS ber SJoigte gu ben ©tauffen feftgufteHen fd>on toegen ber SBeurtljeiiung iljres 93ünbniffe3 gu ben SWeifeener SWarfgrafen. Äufjcr obigen 2 genannten Surgen ioaren fie aber audj im33eft{je ber #aupt* bürg ©ger felbft, unb jtoar hti biefer im SeljenSbe fifcc. $)tnn bie (in feljr vcrfdjränfter Satinität gehaltene) Urfunbc fubfummirt bie ©gerburg unter bie von ben SSoigten allgemein nidjt aufgugebenben „Seijen", mit ber jufäjjlicfyen Seftimmung, bafe fte von biefen £ef)en bennodj bie ©ger« bürg, bie ehemals bem Sonrab von $oljenberg gugeftanben t)abef gang befonberS unb bnrdjaus gurütfgebcn motten, obfcfyon fte iljuen ans SonrabinS ^ugeftänbniffe leljenredjtlidj guftelje: castrum in Egra, quon- dam Conradi de Hoinberg, licet ex concessione regis (seil. Conra- dini, regis Siciliae) nobis competeret jure feodali. $)a£ ben ©tauffen entfrembet getoorbene JBurgleben ©ger fam fomit von ben SSoigten 1261 tüieber an bie ©tauffen gurüd; unb anfdjeinenb fam es toieber an ben früheren $nljctber ©onrab Von $oljenberg. $>ie ©iebererftattung be£ $fanb* gclbS erfolgte ftdjer audj nidjt aus ettoaigen, ben ©tauffen feit SonrabS IV. £obe nidjt mefyr Verfügbaren föeidjSgelbern, fonbern aus iljren ©igen* ertragen; ebenfo toie bie Soften für ben ffiieberertoerb beS ©tauffifdjen Nürnberg von ben ©tauffen felbft unter Skrpfänbung von ©igengut auf* getoeubet tuurben. £)ie 33oigte Verpflichten fidj audj, ifyrerfeits felbft roeber in ©djönberg (bei Srambadj) nodj in ber ^adjbarfdjaft, roeber auf Sergen, nodj in ber ©bene, unb überhaupt in ben ©renjen beS ©ger* lanbS (alfo bodj tooljl auf ifyren „anberen Sefyengütern" castra ober fonftige munitiones (yooljt fflefeftiguugen von |>offtfcen) gu errieten, nod) ben 3törigeu (STOtnifterialeu unb SBafaffen) foldje« gu geftatten. ©S mu§ alfo ein folcfyes SJorge^en ber 93oigte im ©ange getoefen fein, toeldjcä ein ©idfyfeftfefccn im gerne begehrten ©^erlaube erleichtert Ijabcn nriirbe. £)iefe ®tfaf)T einer ffintfrembung beS ©gerlanbe3 toar nun glücflid) befeitigt. SiemerfenStoertf) ift, ba§ bic beutfd)e Sejcidjnung „©gcrlanb11 in obiger lateinifc^er Urhiube Von 1261 jum erften 9Kale vorfommt (infra terminos que dicitur „Egerlandt". Sicher ift ©onrab Von £of)en* berg bemuäc^ft lieber in feinen früheren 33eftfe bc^ SBurgleljnS ©ger
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eingetreten, oljne bafc erljetft, toann ettoa oor ber böfymifdjen Dccupa* tion (1266), ob jefct 1261 gleidf) toieber, ober fpäter burdj (Jonrabin belehnt (ber in @ger bei feinem Dortfein jafjlreidje ©nabeu fcerlielj) ober erft nad) DttofarS |>errfcfyaft burdj t. töubolf. ^ebenfalls Ijat er ftäter (1285) feinerfetts ba£ SBurgleljen toieber verlauft, unb jtoar an ben SRümberger Burggrafen.
Als ^ßro&injtalridjter üerfdjtoinbet ber 33otgt fcon SBetjba nun audj ttneber, unb als foldjer erfd&eint 1264 ber (Sgerlänber SRupert üon Siebenftetn, aus beffen ©efdjledjte fdjon 1221 ^einridj fcon Stebenftetn biefelbe Stellung befteibet Ijatte. Hudj 1265 totrb fRu^crt ttneber als foldjer genannt, unb jtoar als ßeuge \n einer Urlunbe beS 3)eutfdj*DrbenS, unb neben tym ininisteriales unb aud) cives in @ger.
Unter btefent ^romnjialridjter bricht über (£ger bie ernftefte Sata* ftroplje herein: bie böljmifdje Dccupation beS (SgerlanbS burd) Dttofar; unb baSfelbe ftd}t fid^ fortan lange Qdt au« einer |>errfdjerl)anb in bie anbere gebrängt.
€m nngebrinkter Tagesbefehl Ä)allett|tem0.
(3ur Slufflärmtfl.)
SSon Dr. Hermann ^aümtrij.
3n bem mir foeben jufommenben legten #efte ber „3)?ittf)eilungen" t?om 15. Sttai t. $., ©eite 451, txröff entließt 81. 33artolomäuS unter bem Xitel „Sin ungebruefter SCageSbefeljl SBallenfteinS" ein fcon lefcterem ge* fertigtet ©djriftftücf beS angeblichen Datums „Hilfen, ben seljeuben 2Ronatf)Stag Jamiarij Anno 1G33" — eines Datums, beffen Unridjtigfeit fid) feljr leidet ertoeifen lägt.
EBallenftein befanb fid^ im Januar 1633 nid)t in Hilfen, aud) nid)t *orüberget)enb, fonbern in *ßrag, too er üon Sügeu fjer über &tyjig, Gljemni§, 3frauenftein unb SJöplifc fommeub, notorifd) bereite am 3. De- cember 1632 eingetroffen mar, um fid) ununterbrochen bis jum 3. 2Wai 1633 bafelbft aufzuhalten. Die sJJad)toeife für biefen *ßragcr Aufenthalt fiuben fid> in $unberten tjou coneipirten unb ausgefertigten Schreiben ©allen« jteinS, jum guten £f)eil in meinem S9ud)e „©allenfteinS ©übe'1, I, ©. 3
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bi« 299, gum Jljeil in jaljlreidjen, bi«l)er tf)atfäd)lidj ungebrudten »riefen biefe« ftclbljerrn, fämmtlid) au« ^rag batirt.
23on $rag au« treibt et in«befonberc am 9. Januar 1633 ätpetmal an $>einrid) £olf, fotoie an ®aUa8, #ieronimu« ßoflorebo unb 3)e«four£ („ffiallenftein« (£nbe", I, 29 fg.). 9tu« $rag ergebt ein ©allenftein'fcf>eä patent Dom 10. Januar 1633 an feie auf ben faiferlidjen $err|d)aften in 23öljmcn einquartierten Officicrc mit bem Sefefjle, bem faiferlid)en ©eftüt in <J?arbubifc bie erforberlidje gouragc au«folgen ju laffen (ffioneept,. @taat$*8rdjto, ffiten). ©teber toon s^rag au« erteilt ffiaDcnftein am 11. Januar 1633 Sefeble an bie ©berften ®olfc unb 2)e«four«, ben £rieg«jal)lmeifter galdfetti unb bie ©itfdjiner ffammer („SBallenfteinS @nbe", I., 37 fg. — Soncepte unb gleichseitige Slbfdjrifteu, ©taat«*?(rd)to ©ieu unb 2anbe«*?Ir$to $rag). ?lm 12. unb 13. bc«felbcn WonatS fdjreibt er, abermal« fcon $rag, an 9Ubringon, Qnefteuberg, ©alla« u. f. xo* („©aUcnftcin« ®nbe", I, 42 fg.)
£)amit bürfte genügenb junädjft bie äußere Unmöglichen be« fcon ©artolomäu« genannten 25atum«, iDenigfteu« ben Ort ber 2lu«fteflung betreffend bargetljan fein. Die mitgeteilte Urfunbe fann aber aud) au£ inneren ©rünben entfdjieben ntd)t au§ ber $eit flammen, bie tfyr $erauä* geber für fie in Wnfprud) nimmt.
Der üon it)m fogeuannte „Stage^befe^t" gibt fidt> fetbft im Sontejte al« „offener $a abrief", ba« Original eine« üom f aif erliefen $öd)ft* commanbirenben au«gefteHten ©eleitfdjreiben« für ben furfäd)ftfd)en, ber* jeit fomit gegnerifdjen ©enerallientenant £an« ®eorg fcon Slrnim, ber „in biefe Königreich Söhnten gu üerreifen", b. t). ju Sßallenftcm gu fommen beabftdjtigte unb ju biefem Qtvtdz einer ^Beglaubigung, ttor allem aber einer SBeifung au ba« faiferlicfye $rieg«üolf beburfte, if)it „frei, ficfyer, ungebinbert unb unaufgeljalten paffiren unb repaffireu laffen" ju trollen trie bie übliche Qrorm bamaliger $affe lautete, bie benn aud) l)icr budj* ftäblicb eingehalten nntrbc.
Qm SDionat S^nuar be« $af)re« !633 lagen bie 3?erf)ältniffc jnrifdjen ben Äaiferlidjen unb Sur=©ad)fen feine«toeg« berart, bafj eine ^ufammen* fünft ber beiben oberfteu 3*elbf)errcn rätf)lid) crfd)ienen luäre. 3l(lerbing« ^atte SBallenftein ben größten £l)eil be« grüIjjaJjrS unb be« Sommer« 1632 $erl)anblungcn mit ©ad)fcu, namentlich mit Arnim, gepflogen — man rueiß, mit freierem attifecrfolgc. (©iebe „9)Jittl)eilungen", XVII. $al)r* gang, @. 145 fg.) ffibenfo ift au« einem Schreiben Quefteuberg« an ben Äaifer fcom 20. 'Ceccmber 1632 befauut, baf3 Stallenftein nod) üor 9lu«gang jene« Qadrc« einen Shtgeublicf baran badjte, jidj mit ben
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Gegnern, roieter in crftcr 9ieit)e mit ©adjfen, in SBerfyanblungen einju* lajfen — „er ttjoße biefcn SBiiiter über," tote er fidj gegen Queftenberg auSfpradj, „t)en Ärieg burd) $raftifen, ben ©ommer con le forze führen," in ber Hoffnung, „bafj er biefen SBinter altertyanb dissensiones unter bera 5einb ertoeefen toerbe, mafcen er 35eS fcon Slrnim Strompeters ftünblid) gewärtig unb ifyn mit gleicher SWünj bejahen toirb". („ffiaffenfteind enbe", »b. II, @. XXVI fg.)
®oä) es tarn anberS. $m ganjeu ©tnter 1632—33 nmrbe jtoar ntdjt mit befonberem 9Zadjbrutf, bodj ununterbrochen gefämpft, befonberS in ©djleften, too in 3Baüeiiftem^ Slbtoefeuljeit <&aüa$ ben Oberbefehl führte unb bie feinblidjen Streitfrage unter Jraiij Sübrecfyt oon Saufen* Sauenburg, ber if)m erteilten ^nftruetion gemäf$, forttoäfyrenb in 5ltfjem Ijielt. „^c^ fälje gern/1 fo lautete SBatteufteinS 23efeljl an iljn, „ba& man ben Sinter fo toenig als moglid) ift ben $einb mobiren tt)äte, bod) bnrd) ^Jolen unt> Sroaten unaufhörlich traüailliren" u. f. to. Unb fo ge* fäalj es. SBafyrenb jebod) in <Sd)lefien ber Heine ftrieg fortbanertc unb feinen Jag ruljte, toar Slrnim im Qamtar 1633 perfönlid) in ©adjfen, t>orexft um eine ©inigung mit Sdjtoeben über ben nadjften 3MbjugSplan ju erjielen, gteidfocitig aber angelegentlidjft bamit befdjäftigt, neue 3Ser= ftärfungen an fidj 311 jieljeli, mit benen er beim auefy ju 2lttfaug JebruarS auf bem SriegSldjauplafce erfdjkn. (£>afelbft, ©. LY. — i>ergl. and? ®. ^rtner, $. ©. ü. 3tntim, 1894, @. 204 fg.) Unter fo betoanbten Um* ftanben erfdjeint es mo{)1 fcon uornfjerein, toenn nidjt unbenfbar, fo bod) I)öd)ft untoafjrfdjeinlid), \>a% ffialleitftein gleichseitig ein *ßa}rier tote baS in 3tebe ftefyenbe ausfertigte.
Um furj ju fein: ber augeblidj „ungebrudte Jagesbefefyl" ffiaHen* fteinS bbto. Hilfen, 10. Januar 1633, ift toeber ein „JageSbefetyl" im eigentlichen ©inne biefeS SöorteS, nod) bisher „ungebrueft", nod) aud) im Qaljre „1033" auSgeftetlt; berfelbe ift üielmel)r, mie fdjon ernannt, ein offener ^ßaßbrief, ift, toie fofort gejetgt werben foll, bereits längft gebrueft unb nmrbe öou SBaflenfteiu allerbingS in Hilfen am bezeichneten Jage bod) md)t im $al)re 1633, fonbern erft 1634 gefertigt.
3m f. f. §auS<, &of* unb Staatsarchive 3Bien (SÖallenfteiuiana") «liegt eine corrigirte tfieinfdjrift, „geben im |)aubtquartier s^il§eu, benn jeljenben 3Äonatf)Stag Januarij anno 1634," bereu Stergaluote lautet: ,$afe für ben Ärnimb, 3plicirt." SBie irgeitb eines ber Rapiere aus SSallenfteinS ffanjlei gewährt bemußteS ©c^rtftftüct einen Sinblid in bas betriebe biefer feberfertigeu, unglaublid) fleißigen, oft über^afteten «erlftatt.
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Da« urforünglidjc Soncejrt ber fraglichen Urfunbe, fclbftrebcnb <md) ein rf^5agbricf**f lautete baljin, bafe ,,be« Ijerrn ©ljurfürften jue ©ajen &nb 93ranbenburg 2b. (Siebben) etliche fcon iljren SRätljen . . . in biß SBnigreid) Sofern fdjtfljen motten11, unb gemährte biefen ftdfyere* ©eleite. ©äfyrenb Anfertigung ber SReinfcfyrift tmtrbe befdjloffen, nidjt eine Anjaljl fädjftfcfcer unb branbenburgifdjer SKätfye, fonbern in SSer* tretung beiber Äurfürften einjig unb allein Arnim fommen gu laffen, unb »urbe besljalb ber $a§ auf feinen tarnen umgefdjrieben, mit befonberer ^Betonung feine« SReifejtoedEe« : „tpegen reassumtrung ber gribeu«tractaten", fagt bie gtoeite S^cinfd^rift. ©ie rourbe toon mir in „SBatlenfteinS ffinbe", 8b. II, @. 184, mit allen Varianten iljrer erften unb jtoeiten Auflage veröffentlicht.
Dodj aud) bie jtoeite Ausfertigung tmxrbe toieber caffirt. Der Au«* fteller modjte überlegen, ob e« geraden fei, in einem offenen Sricfe *on „reassumirung ber 3friben«tractaten" ju fpredfyen, unb ftridj biefe 28orte ; ber^ßaß mußte, toie auf ber SRücffeite ju üermerfen nidjt bergeffen ttmrbe, „triplicirt", b. I). jum britten 3KaHe umgefdjrieben unb ausgefertigt toerben, u. jtü. fofort, am felben läge.
Da modjte nun, ttrie leicht ju benfen, @ile notljtljun. Der ©djreiber, ber mit biefer Aufgabe betraut tourbe, toar offenbar nidjt ber ®ett>iffen« fyafteften einer ober in einem 9)?aße überangeftrengt, baß iljm ba« anber* toärt« gar nidjt feltene, in ber ftrieblanbifdjen ÄriegSfanjlei aber nadj* gerabe unerhörte 9ttalljeur paffirte, bie 3at)l be« neuen $aljre« 1634> ba« gefjn läge jubor angebrochen toar, gebanfenlo« mit ber be« früheren, iljm geläufigeren ^afjre« 1633 ju tjertaufdjen. $n ber Ueberftürgung, mit ber ba« toidjtige ®efdjäft fdjließlidj beforgt toerben mußte, tmirbe ber fatale $rrtljum toeber fcom Unterzeichner, nodj bon bem (£f)ef ber $frieg«fanjlei, Dr. ffieffeliu« — beffen Ötegenfertigung in bem fcon SBartolomau« beforgten Abbrucf biefer britten SReinfdjrtft auffaflenber* toeife feljlt — bemerlt.
©o fam ber $aß, um ben e« fid> Ijanbeft, mit einem unridjtiqen Datum bcrfet)en, um ein Qaljr alter, al« er lauten follte, in Arnims f)änbe. ©« ift fein «Stoeifel, baß ber nun im Sefijje fcon Sartolomäu« befinblidje Driginal^aßbrief fcollfommen ibentifdj ift mit bem „SBrudj* ftiid eine« föeifepaffe« für Arnim, bereit« im Januar (1633) in <ßtlfen au«geftellt", Don beffen 93orf)anbenfein im Ärnim'fdjen Ardjtoe ju Sotten* bürg ftriebrid? ftörfter (Sallenftein« »riefe, III, ©. 28) gu berieten toeiß. Da« 93rud)ftüdf, rid)tiger: bie Srudjftücfe be« Sßaffe«, bie bort in ben ^toanjiger ftaljveu unfere« $at)rljunbert« nod) fcorljanben tüaren,
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im ^aijxt 1859 aber fd)on nidjt mefjr (fonft Ijätte bcr fleißige @. 3). SK. Äirdjner in feinem 93ud)e „5DaS ©djlofe »oty&enburg" [1860], ©. 267 iljrtr gebadjt), feilten eben baS ©djtcffal toieler anberer 9trd)ibalien. Son ifjrem rechtmäßigen (Eigentümer nidjt gebürenb geroürbtgt, tmtrben U — auf btefe ober jene SBeife — baS „(Eigentum" eine« StebljaberS foldjer „SBrudjftütfe", ber fte, trofc ber melen galten unb 9liffe, bie fie nod) Ijeute jeigen, burdj aufgeflebte ^ßapierftreifen toieber ju einem ©anjen pereinigte unb fo in integrum reftituirte.
SJartolomäuS Ijat fid^ burd) Drucflegung feines Originals, unge* achtel beffen, bafc jttjei Sfleinfdjriften beSfelben bereits gebmeft Vorliegen, betmodj ein 3?erbienft ertuorben. ©in sßafcbrief ©allenfteinS für Arnim t?om 10. Januar 1634 Ijat freilid), nrie fid^ fcon felbft üerftefjt, ungleich f)5bere Sebeutung, als fte ttxoa ein foldjer üom Januar 1633 beanfpru* d>en fönnte. SSic ernft bie Unterljanblungen gemeint toaren, bie ber 3fneb* lanber t?on Hilfen aus, toenige 9Eüod)en fcor feinem blutigen (Snbe, mit fiur^Sadjfcn eifrigft betrieb, ift fattfam befannt. Qljre ©runblagen finb in ber Qnfirttction gegeben, toeldjc Äurfürft $ofjann ©eorg III. feinem (Seneral im 3tfbruar 1634 erteilte, beren Eoncept idj in „syaflenftetnS 6nbe" (33b. II, ©. 459 fg.) unb beren boflftänbige 9ieinfd)rift S. uon föanfe in feiner „©eföid&tc ffialtenfteinS" (5. Auflage, 1895, ©. 356 fg.) toeröffentlidjte.
SDod) eine 3frage fdjeint an biefer ©teile nidjt müfjig. Vergebens Ijarrte SBaKenftein, nadjbem ber erfte „^ßilfener ©d^luß" üom 12. Januar 1634 ifym, tt)ie er meinte, bie ?lnfjänglid)feit unb Ireue ber 9frmee an feine *ßerfon geftdjert Ijatte, ber Stufunft beffen, auf bem üor Ottern bie geplante „reassumtrung ber gfr'benStractaten", baS ^tefe junädjft ber ÄbjdrfuB eines ©eparatfriebenS mit ©acfyfen*8ranbenburg, beruhte. Sm 8. Januar traf ffiiltjelm ÄinSft) im Hauptquartier ju Hilfen ein, birect aus Saufen fommenb, mit ber Skrfidjerung, „ba|3 beibe Äurfürften bie griebenStractate ju reajjumiren nid)t uugeueigt." („s-lBallenftein'S @nbe", 8b. U, ©. 183.) Sluf biefe 9Welbttng f)in erfolgte bie ©jpebition ber Urtunbe, bie uns befdjäftigt.
Sirnim fam nidjt. — Ob er toot)! Sluftanb nafjm, feine nidjt ungefähr* lidje SReife in 3JeiubeSlanb mit einer Beglaubigung in bcr £afd)e anju* treten, bie aus einer Qtit batirte, bie burd) mittlerweile eingetretene, Ütünblidj geauberte 2krl)ättniffe Iängft überholt toat? Die 33efet)lSf)aber bcr faiferlid^en ©arnifonen, bie er gu paffiren fyatte, waren gehalten, bie Rapiere, namentlich foldje Ijocbgeftellter ^erfonen aus bem feinblidjen itoger, genau ju benoten. Durften fte einem 2flanue tüte 3(rnim unbebingt
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trauen, weint er bei 23or$eigung feine« paffes fid) auf einen, irieöeidjt fcon iljm fefbft erft int Momente be£ bea bfidjtigten $tufbrud)e$ uad) *ßilfen bemerften ©djreibfetyler ber 3frieblänbifd)eu ÄriegSfaujfei berief — einer Sanjlei, beren mnfterfjafte, ^einlidje ®euauigfeit, ja Unfefylbarfett 9ttemanb beffer fannte, aU bie Armee, für bic fic arbeitete?
@m Sd)reibfef)ler ! 2?icttetd)t war er bic Urfadje ber ^ögrcung 2lrnim$, in Sßilfen einzutreffen, unb bantit eine ber |>aupturfad)en ber &ataftropl)e SBattcnfteinS. $ielleid)t. Sie ©e|d)id)te fennt nod) gar triele anbere Selege für ba$ uralte Sßort t?ou „fleinen llrfadjen" unb „groften
^ir!un9Cn'<: ©ien, benimm 1898.
3ur ©eicljrtcngff(l)td)te tut XVIII. Satrbnnbert
Son fjemririj b. Mfjberg.
Sei einer Arbeit über ©vjfjergog @arl3 erften längeren Aufenthalt in SBöfymen (1798) 30g id) unter anbeut ba$ auf ber f. f. |)ofbibIiot^ef in SBien beftublidje ©jemplar bc<3 JBudjcS: „Äaifcvlid) fiöniglidjer ©d)e* mattemuS für \)a§ ftönigreid) ©üfjeim auf bas gemeine Satyr 1797. ÜKtt ©r. röm. faiferl. fönigl. apoftof. Sftajeftät allergnäbigften Privilegio priva- tivo. $rag, in ber f. f. £ofbud)brucferet) be$ ftofyanu 3fcrbinanb (Sblen üou ©d)önfclb." 3U 9?attye. £>abei fteltte fid) bie intereffante Stbatfadje IjevauS, ba§ tton einem ber früheren 3}efi$er biefeS SjemplareS ju einer Sieifye t>on Sttitgltebcrn fotoofyl ber *ßragcr lluiüerfität, al£ aud) ju faft alten Manien anä bem Seljtperfonalftanbe an beu brei *ßrager (Stymnaften am 9?aube mit Jiute (Geburtsort unb ©eburtSbatum eingetragen ttntrben. Unb jtoar bürfte bie Eintragung im Stubicnjafyre 1801/2 erfolgt fein, ba eine 23ergleid)ung mit beut gebriteften „35erjeid)nife ber orbentlicfyen unb aufjerorbentfidjen SBorlcfnngen, trelcfyc an ber Unteerfität ju ^Jrag bom 18ten Dctober 1801 bis jum leßten Sfoguft 1802 gehalten toerben. $rag, gebrneft bei 3of)aun £>ie£bacfy", beffeu SBemi{jung id> ber befonberen (Mte be3 beseitigen 2>orftanbe3 ber «ß rager Uniüerfitätebibliotfyef £errn 5Dr. ftutula üerbanfe, ergab, baft bie 35ernter!e nur ju beu im ©tubienjaljre 1801/2 nod) lebenben ber im ®djematt«mu* üon 17^7 angeführten $ro* fefforeu gcmad)t lmirbeu. SBefouberS beodhten^iuertt) bürfte e£ in biefer
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4?mjid)t fein, bafj unter bcn mit feinem SSermerf bebauten Docenten audj ber am 24. Februar 1801 fcerftorbene, im SSeractc^niB bon 1800/1801 nodj angeführte ^ßrof. 3rtanj üftartin ^ßcljcl ftdj befinbet. ?lte üerftorben id erben burd) ein IjutjugefügteS Qeidjta (f) nod) überbieg ber SWebiciner Änton ©ebalb (©. 217) unb bie $f)ilofopljen 3rran;$ Seonart berget unb «nton ©trnab (@. 227) ljerm>rgef)oben.
fiaifcrl. föttigl- ftarl gerbiuanbeifdic Uniürrfität ju frag.1)
<S. 203. Unter ben Defancn ber bicr Jacultäten:
f arl ^ifdjer, Sßeltyriefter it. f. f. (geb. ju ®aa% 22. April 1766).
€5. 206. Jbeologifcfye fiefjrcrüerf ammlnng.
(Sgib ßt)labcf, Cauooicus reg. u. f. f. (geb. ju $rag 27. 3(ug.
1743). Sorenj SfyrtyfoftomuS ^frogner, Canonicus reg. (geb. ju ^3ern> fyarj in Soefymeu, 12. Slug. 1751). <S. 207. Sofjann 2ttarian STOifa (geb. ju $ f) 9. gebruar 1754). Sari ?ytfd)er (geb. ju Saafc 22. $uK 1766). 3franj ftritfd) (geb. 31t Jtt&jterlc in Söhnten 28. $ebr. 1762). 3franj Ultmann (geb. ju $rag 22. 9iobember 1759).
Snfcerorbentlidjer fiefyrcr:
laber galf (geb. ju ffiaflifcfybürgen in SBöljmen 13. 9ioü. 1759). ©. 210. fturibifdje Seljrerbcrfammliing.
^ofepf) üKaber (geb. ju 2Bien 8. Sept. 1754).
fflenjel Dienaenljofer (geb. ju ^rag 25. Jänner 1750). e. 211. 3fflnaj »utföcf (geb. ju ftretjberg in . . . .3) 6. «pril 1740).
3Wic^nel ©^ufter (geb. 311 $rag 7. Bpril 1767).
Stufeerorbentlidjer i*eljrer: Ofofert »eit^ (geb. ju $rag 13. SKärj 1766). ©. 216. SBiebijinifcfye fie^rerüerfammlung:
ffarl gferbinanb bitter fc. Struolb (geb. ju ßvfnrt in £t)üringen
25. »uguft 1742. 25on anberer £anb: f 1807). Sofeplj ©ottfrieb SOiifan (geb. gu Sitymifd? Üctppe 3. ©ept. 1743).
1) 3)ie Ätammern begeben ftd> auf bie fdjriftficfjcn Snfäfce.
2) 2)er SReft beS 9*anbe3 bcfdjnittcn.
3) SReft tttfggefdjnittcn.
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©. 217. «nton SWtdjelife (geb. ju ®Bra 5. üKärj 1748).
ftofeplj SRottenberger (geb. ju SRtfottburg tu üftäfyteu 19. ftuli
1760). ftoljann SRetoole (geb. ju ©djütenljofen 5. Qunt 1757). ftotjann aWclitfd^ (geb. ju $rag 7. üttat) 1763). aWarttn Stbalbert $ögel (geb. ju ©ternberg in SWäljren
11. 9?ot>. 1753).
©. 218. 2luf$erorbentlidjer ficfyrer:
öofepf^ Dedft (geb. 31t $rag 6. ^uti 1770).
Slbalbert 3arba (geb. ju ©djmibafl in Söhnten 16. Sfag. 1755).
granj^arl gibter (geb. 31t 3ungbud> in Söhnten 13. gebr. 1752).
@. 226. ^ßljilofopljifcfye Seljrcr&erfammlung:
©tantelauS Sßibra (geb. 3U Äöniggräfc 13. 9?ofc. 1741). ©. 227. gran3 ©teinSfy (geb. 311 Settmerifc 16. Januar 1752).
9(uguft ©ottlieb üKeißner (geb. gu SBau&en in ber Sauftfc 3. SRoö. 1753).
gran* ©djmibt (geb. ju SDlatyerljöfen in SBitymen 4. M^ril 1753). @. 228- grcui3 ^ofepl) ©erftner (geb. 311 Äomotau).
Slnton (Sblev fcon Sitridjauer (geb. 31t $rag 24. ftuli 1766).
Sari ^oacfyim 9ttaria to. SSoflet (geb. 3U (S^rfutt in £l)üringen 26. 3uft) 1760).
Sc^crfoitnlftanb an beu bret) jmiger (Stymnaften.
Slm f. altftabter ©tjmnaftunu
©. 230. StfyabbauS SBelrab (geb. 311 ©t. Qofjann unter ben Reifen in
»Birnen 12. Slug. 1744). ©. 231. gran3 2Koftg (geb. 3U ffiartenberg in SBitymen 13.9Kär3 1762).
3fofepfj Sumbe (geb. 3U Sreibij in Söhnten 14. Des. 1761).
Stomas SBening (geb. 31t ©djtoeifing in Söhnten 28. 2Kär3 1755).
%m f. fleinfeitner ©tymnafium.
Norbert Saroli (geb. 31t ©djünfelb in SBö^men 6. ^m\X) 1752).
ffaöpar SttieSner (geb. in ©cfyihifelb in Söhnten 2. gebr. 1752).
Qfgnaj Äuatel (geb. 311 Äoniggräfc 1746 31. ftufy).
gran3 fiorens (geb. 3U ©las 6. gebr. 1747).
grans SWiemetfdjef (geb. 31t ©absfa in fflöljmeu 27. Qnli 1766),
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Am f. neuftäbter ©tymnafium.
©regor «oller (geb. ju $iumenau in 9Kat»ren 6. 2lug. 1747), 6. 232. SWarian ftranf (geb. jit ffiger 21. Oct 1754).
^Benignus ÄinSfy (geb. ju @d)lan 8. 2Rat) 1759).
(Einige ttadjridjten über ben Jtaler labkn Jtolierer nnfc über beit fiteratendjor )\i Muffig.
SSon C. 3aljntl.
©enn ein gmeifel barüber beftänbe, ob gabian Polierer, ben bie ©efd)id)te ber böljmifdjen 3Ralerei im 16. 3fat)rf)unbert mit in erfter 2inie nennt, tljatfäcfylid) ein ©oljn ber ©tabt Slufftg an ber ©Ibe toar, fo müßte er fdjroinben gegenüber einigen Angaben, bie ftdj in ben alten Süffiger ©tabtbüdjem über bie SBcrtüanbtfd^aft beS Sünftlers finben. @S ergibt jidj ans biefen leiber nidjt reichlichen unb ergiebigen 9iad)rid)ten bie Itjatfacfye, bafc Fabian, ber, ttrie fein 93einamen anjubeuten fdjeint, einen Ärdjiteften jum 3Jater Ijatte, fdjon fcom ©roffrater fyer feiner ftunft, ber SKalerei, nalje ftanb, fie in Slufftg erlernt Ijat.
ftdbian felbft unb feine ,3eitgenoffen f^tei6cn feinen Beinamen fcer* trieben: Pulir, Puler, Polirar, Pulirar; audj ftnbet fid) einmal, tt)ot)l nur in Sotge eines ©djreibfefylerS, bie ©djreibung Policar.1) ÜDaß toir berechtigt finb, ben SBetnamen gfabianS in baS moberne ffiort „Sßotierer'1 umjuprägen, baS bem alten f,*ßarttrer", alfo ber Sejeidjnung eines einen Sau leitenben SaumeifterS entfyridjt, n>enn es audj fyeute nur meljr ben Stdfoertretcr eines 3ÄaurermetfterS bejeidjnet, finbet feine 33efräftigung in ben Muffiger Urfunben. $n biefen finben n?ir nämlidj ben tarnen SöbianS mit bem einer unjtoeifelfjaft als „*ßoliererin" (palirzka, pu-
1) 3m Präger Liber contract. albus II f. 30 (Pamatky archaeol. a mistop. III. 248). 3n ©cfclefingerS „@ef*i*te SöbmenS" (513) erfdjetnt ber 9iame in ber arg üerftümmelten fjorm „Sßolmara". 3>n Pamatky XVI, 166 ttirb bit trrtfcümftdje Sermutljung auSgefprocfyen, baß ftd) auf Fabian Polierer eine Eintragung im Muffiger ©tabtbud) II beaiefye, bie einen Fabian Poyar nennt. 2)aS ift ein Süffiger Surgcr Fabian $et)cr, ber öftere genannt tmrb unb mit ftabian Polierer nicr>t ibenttfd) ift.
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lyrka, palirowa) benannten ftxan in foldjer 33erbinbuug genannt, baß roir auf feljr nalje berroanbtfd)aftlid)e Sejiefyungen unb fomit auf bie $ben* iität ber SBeinamen ber beiben fließen muffen; toafyrfdjeinlid) toax biefe $rau, Samens 3)?agaretl)e, bie SDJutter 5öbiand. ©ie bürfte ben Set* namen nad) ber Scfdjäftigmtg iljreS Seemannes erhalten Ijaben, ben nur \uol)l aU einen bei beut 9ie[tauration$bau ber Muffiger ©tabtfirdje be* fdjäftigteu „Sßarlircr" anjufdjen Ijaben.
$n ben Stuffigcr ftäbttfdjeu Silbern fanb itf) einen *ßarlirer nur breimal ermähnt, leiber immer nur gelegentlich 9tm 10. Huguft 1509 luirb üeraeidjnet, bafa „Walentyn parlirer" beut üerftorbenen S3artl SRontyd) (= SQWinfy 1 fP fd)ulbet. Qm Qaljr 1512 nennt ber gbelmann |>abart bon £f)rame$ unter feinen ©djulbnern „Walentin pulara unb beffen ©jefrau; fie fdjulbeu iljm 1 IP 12 ®r. 5 \ föatyrfdjeinlid) ibeutifdj mit biefem Valentin, ben einjigeu und beut tarnen nad) befauuten Sßax* lirer, ben tüir mit bem Jötcberaufbau ber Muffiger Äirdje in SJerbinbung bringen tonnen, ift ber ofjnc Namensnennung angeführte „Parlirer", mm bem c§ im Februar 1531 beifct, er fdjulbe bem $anufd) $ornrifc 8 fl* 10 ©r.1)
Die Slufäeidjnungen geben feinen JlnfyaltSpuuft, biefen Valentin mit ber oben ermähnten 2)iargaretl)a $oliererin in 33erbinbung *u bringen, toenn mau bie Annahme nidjt bamit ftiifccu tüiH, bafe aud) ÜWargaretfye t)on Sdjutben bebrücft nmrbe. ©afcon berichten bie ©intragungen, bie fie und plefct nennen; in ber $eit üom 9. ^uni bte 7. $uli 1551 tourbe nämlid) iljr $auä unb ifjr ganzer 93eftfc fcon bem ©tabtbiener £anufdj im 9Jamen ber ^nejfa, G^efrau bc£ 3immermannS ®^ unb ^Bürgerin ber Präger 9tltftabt, toegen einer ©cfyulb bon 14 IP m. breimal „ge* fummert"; ba ber bierte „Kummer" unb fouiit bie ffiinfüfjrung ber ©läus bigeriu in ben Seftfc ber 9Jiargaretf)a nid)t erfolgte, fdjeint biefe bie 3ftittel gefunben ju Ijaben, xijxt <3djulb ju begleichen.'2) Xxq$ be$ man* gclnben urfunblidjen 92ad)tneife£ glaube id) aber üBalentiu unb aWargaretlja als bie ® Item gabianS annehmen ju bttrfen. Fabian toar nämlidj im $al)re 1550 minbefteuS fd)ou grofcjätjrig, tt?ar alfo fpätefteuS fdjon im 3. ^aljrjefynt bes 16. ^atyrtjunberts geboren. 9iadj feinem au3 bem Qafjre 1551 ftammenben ©elbjtporträt tnar er aber fidjer älter; benn er mad)t im Silbe ben Siubrucf eines 2flanne$ am @nbe ber 30er ober Anfang ber 40er. 2Sir muffen baljer fein ©eburtsjaljr nalje an ba8
1) Lib. test 5, 13, 89.
2) Muffiger ©tabtbueb II, M, 14 v, 15 v.
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3afjt 1510 fyeranrücten. Unb bann fann er fefjr toofyl ber ®ofyn beS Saientm gewefeu fein.
Setreffenb bie ßltern Fabians fiub ttrir alfo nur auf Kombinationen a^etoiefen. SBejüglidj ber ® roßeitern — tüte es fd^eint, mütter* lieber ©eite — liefern aber bie Urfunbett eine ganj beftimmte Angabe, «m 21. «pril 1547 maebte nämlid) ftran Äatljarina, Sittoc bcS 9Raler£ @tepf)an, iljr £eftament. $u biefem teftirte fte iljrem „©tu* cnfel" — tute bie bamaligen Äuffiger fagten — gabt an 15 XP m. tiefe fottten ifym nad) iljrem Sobe üou ben 33 IP ausgesagt toerben, bie fte nodj oon bem £>aufe be$ Sotyef ju forbern fjatte. SBenn er ba£ Selb brauchen luürbe, follte e£ ifym auf einmal ausgesagt werben, ba e$ fdjon fällig tuar.1) 1)af$ ber mit biefem fiegat bebadjte Fabian ibentifdj ijt mit bem 2ttaler 3fabian, ergibt ftdj aus ber Quittung, toeldje „Fabian pulir" am 29. Sluguft 1550 aufteilte2) unb in ber er beftatigt, baf$ er bie 15 H>, bie if)m feine ©rofemutter (baba) teftirt fjatte, fcon SWidjael 2ot)et empfangen Ijabc, unb öerfpricfyt, feineu 9lnfprud) mefyr an biefen ju ftetteu. 5)tefe Quittung ift nidjt, toie fünft übliefy, in gornt einer münb* fidjen Srflärung üor 9tid)ter unb ©poppen in bas Stabtbud) eingetragen, jonbern at$ 2tbfdjrift einer Urfunbe. Diefe f)at gabian, ber bereite am 27. Dctober 1550 bas Bürgerrecht tu *ßrag*Slttftabt ertoorbeu Ijat, twifjrfäeinlid) in 5ßrag anSgeftellt.
ßine SSeftätigimg ber annähme, baft ber ©roffoater gabians ben Sememen „aWaler" nidjt als gamilieitnamen, foubern als ©ejeicfynung ieine$ „IrnnbiuerfS" führte, fdjeint mir in ber $orm äu liegen, in meldjer er in bem STeftament feiner Söitrce genannt toirb; es f)eij$t ta: pany Katherzina malerze Sstiepana pozuostala wdowa, ba£ ÜÖort Sftaler ift \ia alfo t>or ben Staufnamen gefegt, roäfjrenb bcrfelbe ©djreiber fonft bot 3famtliennamen immer an jtoeiter ©teile fdjreibt. 933tr bürfeu alfo tto^l annehmen, baft 3fabian \)on feinem (ärogtiater in bie ftunft ber Malerei eingeführt tüorben ift.
Stephan toar ein angefeljeuer 33ürger 9tuffigs. äöenn bafelbft am 14. $uli 1500 fcon einem „£au3 be$ 2ttaler3", baS in ber $ftäf)e ber Pfarrei an ber ©tabtmauer lag, bie SRebe ift, fo Ijabeu toir e£ toofjl ofyne gtoeifel mit bem ©eftfc ©tepfjanS ju t^un, ber nad) feinem Sfobe an ÜRidjael Sotjef überging; beim t*a$ ©tepljau ^auöbeftger n?ar, ergibt jid) barau^, ba§ toir t^u fpater al$ {Rat^mitglteb genannt fiubeu. 9?om 20. October 1506 an, an meinem Jage er jum erften 3Malc genannt
1) Lib. test. 196, ttöcdtffcft.
•2) «ufftöer etabtbu* II, 9, tfd)ed)if*.
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unb in ber Steige ber ©djitypen angeführt mirb, faß er ununterbrochen im SRatlje Bio jum 17. Januar 1514, bis gu meldjem Datum bie und erhalten gebliebenen Sdjöppenliften reidjen. Dem SGBcc^fcl ber ©poppen im SBürgermeifteramte entfpredjenb finben mir üjn einigemal als magister civium angeführt. $jm 3al)re 1507 trat er, jum Mieter erwählt, ans ber Sfteilje ber ©poppen fyerauS unb üermaltete baS SRidjteramt über jtüct ftabre; erft im 3fanuar 1510 wirb ein anberer Stifter genannt.1) Ä&er a\\d) in ber golgejeit, aus ber uns nur fpärlidje ifladjridjten vorliegen, finben mir ©tepfyan uodj als Strager ftäbtifdjer Sßürben; am 26. 9fr>* toember 1535 ift er 3tid)ter, am 31. 9ttära 1536, am 21. 3Äat 1537 unb am 27. üKärg 1539 mirb er als ©djitype (consul) unter ben beugen bei STeftamentSerridjtungen angeführt.2) An bem julefct genannten Sage fanb idj il)n sulcfct unter ben fiebenben genannt.
Gelegentlich fei ljicr angeführt, baß bereits mm 1536 an unter ben Muffiger ©poppen ein jmeiter 9Waler (pictor, malerz) erfdjeint, Samens SBolfgang ober Sßolf. @r ift mol)l ibentifd) mit SBolf rzezak, baS ift »ilbfdjnifcer, ber am 21. 2M 1537 unb 24. Dctober 1540 ebenfalls ate Stoppe angeführt mirb; er Ijat alfo nid)t nur Silber gemalt, fonbern aud) gefdjnigt $m $af)r 1563 mar Sßolfgang üflaler fdjou tobt.3)
Die 93esiel)ungen gabian Polierers ju Shtffig hörten nadj bem £obe feiner Großmutter nidjt gäujlicfy auf, benn es lebten 23ermanbte üon if>m in ber ©tabt. Das Jeftament ber grau tatljarina lefjrt fte uns feunen. sJiad)bem biefe nämlid) an erfter ©teile ifjren ©iifel bebaut, beftimmte fie, baß Marketa palirzka — üou ber tdj annehme, baß fte bie 2J?uttet Fabians mar — iljren (bev tat^arina) Sutfyeil an einem SBeinberge erben folle, aber nur ju lebenslänglichem Sftufcgcuuß; nadj bem Sobe SDiargarciljaS fofl biefeS ®runbftütf an beren Sinber fallen. ^n biefer SBeftimmuug felje id) eine ©tüfce ber Slmtafyme, baß Sftargaretfya bie SDhittev Fabians mar; Fabian befaß nämtidj bis ju feinem £obe irgenb einen SBcfift in äuffig, maljrfdjcinlid) ben ifym nad) feiner ÜKutter äitge^ fallenen Slnt^eil an bem Weingarten. — grau $atl)arina teftirte ferner iljr ßinngefdjirr „ben ©djmefteru 9)?arfetl)a unb Sin na"; ba fie gleid) barauf ifyrer „Softer Unna" 4 HP m. üermacfyt, fo finb mol)t biefe beiben Annen ibentifd) unb bamit ermiefen, baß 3)targarett)a ebenfalls eine Softer ber grau Äatljarina mar. — Slud) eine St)ba ©djlofferin (zamecznicze) bebeuft grau Satljarina mit einem Cegat üon 4 IP m. Diefe St)ba ift motjl bie
1) ©tebe biefe 9fttttf)etlmigcn 34, 406.
2) Lib. test. 104, 110, 114, 125.
3) Lib. test. 112, 114r 144. etabtbuet) II, 8y.
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Lidmilla palirzka, toeldje am 4. SWofcember 1561 mit iljrem bemanne, bem Äujfiger Kantor Qfotjann ©bunef (audj ©tunef), ifyre gegenfettige ©uteraufgabe in baS ©tabtbud) eintragen lieg. 93ieHeid)t fear fte eine ©djtoefter gabianS. ') Sine anbere SBertoanbte Fabians lernen toir nadj befien lobe au« ben Muffiger Acten fennen. Am 10. October 1576 be* jtatigt namlidj „SBarbara, $anfen9latt>mannS geligern nadjgelaffene Jodjter ju $rage", bafc fte fcon SMeldjer ©alter ju «uffig 10 IP fl. er* Ijalten Ijabe, bie fte an feinem $aufe „wegen gabt) an $ulirs fjeligern", iljrem S?etter, gu forbern Ijatte.*)
gabian *ßoliererS fünftlerifdjeS ©Raffen faßt, fotoeit es mir belannt getoorben ift, in bie 3eit t?on 1550 bis 1563. Die gtoci ßantionale beS $rager @t. SBeitSbomS, bie er mit SBilbern fdjmücfte, tragen bie ^aljreS* jaulen 1551 unb 1552, baS Eantionale üon SjaSlau ift batirt Dorn ^aljre 1557, baS *on Subifc toon 1558, baS ©rabuale ber $rager SCljeinfirdje jtammt aus bemftafyre 1559. An bem leiber üerfdjnmnbenen Santionale toon @ang bei ftuttenberg arbeitete gabian üon 1559 bis 1561. *) £)ajj ftd} feine fünftlerifdje Jljätigfeit aber nid)t auf baS ^lluminiren öon Supern befdjränfte, ergibt eine $lage, bie im ^aljr 1561 gegen iljn an* gängig gemalt nmrbe. Stm 10. Dctober biefeS $aljre$ fdjrieb iljm nämlidj Soljanna JBerjfotoSfa üon ©djebirjotD unb auf *ßfd)oblif, er fottc ifyr ben ßntttmrf für baS Stabernafel (archa) vorlegen, ben er für bie Sirene in Cljmelefdjen (Äreis ©aaj) gemalt fyabe; tljue er baS nidjt, fo toerbe fie $eugen gegen iljn in 9?afonifc fcorfüljren. S)a ftabian biefem Verlangen nidjt nad^fam, ttntrbe bie grau gegen iljn flagbar.4) gabians ^c6tc m™ belannt geworbene Arbeit ift baS Dom Qaljre 1563 batirte Santionale öon Saun. Die Sejaljlung für biefeS SBerf ift erft feinen (Srben gutljeil geworben.5) Aus ben ©djulbfcerfdjreibungen, bie ifynen gegeben tourben, läjjt fidj tneHeidjt bie 3eit feines StobeS genau beftimmen. sJ)*ir ift es leiber nidjt gelungen, bie Quelle biefer Angaben ju ermitteln ; es bürfte bie für mid) nidjt erreid^bare ©efdjidjte SaunS üon SBunf dj fein.
SBefanntlidj beftfct audj bie ©tabtgemeinbe Äuffig ein lateinifdjeS, mit frönen Initialen gefdjmücfteS ©efangbudj aus bem 16. ftaljrljuubert, ba$ aber leiber feines Titelblattes beraubt ift unb feine QaljrcSjaljl unb feine Angabe über feinen ©djreiber unb 2Mer bietet. Db fünftlerifdje
i) ©tabtbucfc II, 75.
2) Kssaftowe 78.
3) Pamatky XVf 463.
4) (Sbenba XV, 254 na* «I. Sanbtfl. 125r O. 3.
5) Äonrab: Hej. posvatneho zp£vu 185.
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©tüfritif bereits nadjgemiefen fjat, bafc audj biefes Shidj bcm SBerfe 3fabian Polierers angehört, ift mir unbefannt geblieben, ^ebenfalls tmrb bie ßntfdjeibung ber 3rrage baburd) oermicfelter, bafc mir brei üerfdjiebenc, einanber jeitlidj, räumlich unb audj perfönlidj naljeftetjenbe ÜÄater, ©tepljan, Fabian, 22olfgang, nennen fönnen, benen bie £uSfd)mücfung be& Äuffiger SBudjeS jugefcfyrieben merben fann.
tiefes ©efangbudj gehörte unsmeifelljaft bem Siteratendjore an, ber bei ber Stufftgcr @tabt* ober üKarienfirdje beftanb. Da biefer ©ängeroereinigung, bie ju ben älteften berartigen öruberfdjaften in SBöljmen gehört, üon benen mir eingetjenbere 9?adjridjten befifcen, bisher menig SBeadjtung gefdjenft morben ift, fo mirb es fid^ rechtfertigen, toenn idj an bie IWttfjeilungen über Fabian Polierer, ber feine Jhtnft fyaupt* fäcfylid) in ben £ienft ber Siteraten gefteüt Ijat, einige Mitteilungen über bie Muffiger ftubirten ©änger anfdjließe.
Db im älteften «uffig, etma fcfyon gur 3eit Saifer ÄarlS IV., bereits eine Bereinigung ftubirfer Saicn, Literaten, beftanb, bie, tote e£ in einigen anberu ©täbten in biefer Qtit ber gatt gemefen ju fein fdjeint, fid) bie Aufgabe geftettt Ratten, beftimmte Neffen bnrd) iljren ©efang ju fcerfyerrlidjen, barüber geben uns bie bisher befannt geworbenen Urhmben feinen 9luffd)luf$. §cd)ftmal)rfd}einlid) beftanb aber fdjon toor ben |mffiten* friegen ein berartiger ^ufawmettfdjluft ber Muffiger Siteraten, benn eine Urfunbe Dom ^atjxc 1459 erflört auSbrüdlid), baf$ bereits fcor SJer* müftung ber ©tabt (142G) es in Muffig Sitte mar, an jebem ÜDonuerftag in ber ©tabtfirdjc bas Mcrfyeiligfte in einer *ßroceffion unter ©efang (cum cantu) umfyerjutrageu. r) 3(fs im genannten Qaljr ber päpftlidje Segat ^rierontymuS bas Mbfyalten biefer ^ßroceffionen neuerlidj genehmigte unb mit einem 3lblaf3 auSftattete, erflärt er, er tfyue bas auf Sitte „devo- torum oratorum utriusque sexus", alfo auf 33itte fcon S3ürgern unb Bürgerinnen, bie mir uns fdjon oor ber ^uffiteugeit, mie es fpäter ber 3'att mar, ju einer 33ruberfd)aft bereinigt benfeu fönnen, bereu, mic man fyeute fagt, actitie SDiitglieber bie Sänger maren. Da in bamaliger Qzit felbftüerftäublid) lateinifdj gefungen mürbe, fo maren bie ©änger Siteraten. «Qfyr mufifalifdjer Seitcr mar mofyl ber succentor. ben eine Muffiger ttr* funbe im ftaljre 1406 ermähnt.2)
35ie Berfyerrlicfyung ber $roceffiouen mit bem Sfflcr^eiligfteit mar ber ^aupt^med ber in tyäterer #eit oft genannten SorpuS^S^rifti*®ruber* fdjaft. 35ou biefer felbft erfahren mir sunädjft noefy nichts. @s ift Diel*
1) Urfrnibenbud) b. 8t. Muffig, 195.
2) Urfuubenb. 78.
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ateljr bie SBruberfcfyaft „unserer lieben frawen", über meldje ttrir juerft avß ben Muffiger Urfunben ytadjridjt erhalten. Qfm älteften ©tabtbudje *) finben ftdj aus beut ^afjre 1471 groei Eintragungen, roeldje ftdj auf ben Hliar beate virginis (gloriose) Marie fraternitatis bejiefyen. $n ber einen fegen ©lifabetfj Slbler uub iljr 2Kann SWidjael fid? gegenfeitig ju (Srben ein unb bestimmen, bafj, im ftaU ©lifabetlj unb ifyre Stocktet uor STOidjael ftetben foDten, biefer bem genannten ?tttar 6 1P auSjujaljlen Ijabe ; in ber anbern uerfdjreibt *ßeter §er^og bem Altar, uon bem er fidj 5 IP geborgt Ijat; feine gelber jutn *ßfanb. S)er 93eftf> üon Kapital fefct uor* aus, baft bie SBruberfdjaft fdjon eine genriffe ,3*1* beftanben Ijabe. Stber obgeff^en batoon, bie Äuffiger 9Warien*S5ruberfdbaft tritt fdjon burdj iljre Kennung im Sa^ 1471 in bie Sfteilje ber älteften berartigen SSereini* gungen SJöljmenS, Don benen nrir beftimmte ffunbe Ijaben. Sonrab nennt in feinem bem böffmifdjen Äirdjengefange getoibmeten SBerf nur bie uon Äolin unb^ßajotp als älter. Der fcotte 9?ame ber SBruberfdjaft ftel)t nidjt feji. SBäljrenb fie in ber einen ber oben angebogenen Urfunben als ber glorreidjen ÜRutiergotteS getoibmet erfdjeint, wirb fte im 3faljr 1497 als fraternitas beate Marie virginis coneepeionis seu presentacionis ((Empfängnis ober Opferung) bejeidjnet.2) Auf ®mnb ber lederen Urfunbe hat ber SBerfaffer beS flS5erjeid|niffeS" jum Urfunbenbud) ber ©tabt Suffig bie Änftdjt aufgeteilt, ba| ber Altar ber SBruberfdjaft ein 9)?aria*(£m* Pfängnifcaltar mar. Sin foldjer Ijat tfyatfädjlid) nodj nadj ber ^erftörung ber ©tabt, im Qa^re 1429 beftanben,*) er fdjeint aber im Saufe ber äett eingegangen ju fein, benn nur fyören üon iljm nichts meljr. &l$ Altar ber ÜRarien*Sruberfdjaft nrirb auSbrüdf lid) jebodj erft im $jat)rt 1489 ber «Itar ber ^eiligen 93eit, SEBenjel, Sbalbert, ©igiSmunb, Eljriftin, Senebift, ÜWattljäuS, ^oljann, 3faf, ßtjrill, 2Ketljub unb ber Ij. Submilla beäeidjnet,4) ber fdjon im folgenben 3Mre furj unter bem tarnen 6t SBengelSaltar erfd&eint5)
1) Fol. 31 uitb 32. $ie S)attrung auf biefen Slättern entfpricfyt ntcftt ber 3eitfolge.
2) Urfunbenbu* 165.
3) Lib. conf. IX, 148, 149.
4) Urfunbenbud) 146.
5) üdjteubaum, ber in feinem 1614 erfdjtenenen Sudje „Austis ad Albim deli- neata carmine" (©. 50) bie au feiner 3eit in ber Muffiger ©tabtfirdje be* ftebenben elf Altäre aufjäblt. toetfj üon feinem 9Karia*®TnpfäitgmJ3altar, fottbem berietet nur öon bem bereits 1388 genannten £eimfudmng3altar, bei beut bie SKitglieber ber Sruberfdjaft (melier?) ibre ©elübbe t>errid)ten, unb com Slltar beS #. SBenael, ben einft bie ©djüfcen befonberö üerebrten, mel^e
SKtt^cUngni. 87. Sa^tgang. l. $eft. 6 *
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Der Svotd ber Äuffiger 2Warien«83ruberfdjaft toar tooljl gleidj bcm gleicher aSerciiügungcn in anberen ©täbten, bie33er!)errlidjung üon grübmeffen ju ©jren üWarienS burd) lateinifd)en ©efang; formt muffen bte aettoen ÜRtt* glieber ber 93ruberfd)aft Siteraten gewefen fein. !) ®aS finbet feine 33e* ftatigung in einer feljr intereffanten Urfunbe, in ber bie Siteraten toon Äuffig gum erften ÜRale genannt »erben unb als bie 9fteprafentanten ber Gorpuä'Ebvifti* unb ber ÜÄarien»93ruberfd)aft auftreten. Als foldje be* grüubeten fie nämlid) am 26. ftuni 1490 mit ben ©djüfcen 2) bie SSruber* fdjaft „sacrosaneti corporis dominici nee non beatissimae Mariae virginis sauetique Wenceslai", bie mit bem SßenjelSaltar fcerbunben tourbc.3)
Dtefe Urfunbe, in melier erftdjtlidj bie ©afcungen ber im Warnen ber ©efammtbruberfdjaft genannten ©njel&ereinigungen enthalten ftnb, ift, tüie es fdjeint, baS ältefte ber au« SBofymen bisher befannt geworbenen Documenta bie uns über 3roecfe, <£inrid)tungen etc. foldjer frommen Bereinigungen ausführlichen Äuffdjlufj geben.4) Da baS umfangreiche
löblxdje ©etoobnbett aber feit einiger Seit faft gänjlid) ftd) oerloren babe. 3)er SBtberfprud) gegen bte obigen urfunbtttben Angaben, ber in beut Sendet £td)s tenbaumS liegt, erffärt ftd> toobl barauS, ba& fpäter bte ^Bereinigung ber t>er* fdjiebenen Sruberfdjaften, bie 1490 erfolgte, ftd) löfte unb tt>abrfd)etnli(b jeber 83ruberfd>aft ein befonberer Sltar sufteL
1) Hußer ber 9ttarienbruberftbaft beftanb in Süffig eine SRofenfranjbruberfdjaft, toeldje im 3>abre 1483 ibre ©tatuten erbtelt (Urfunbenbucfo, 134). ©te bat aber n?obl mit ber 2ttartenbruberfd)aft nidjtS gemein, benn fte ftettte ftdj u. 31. jur tlufgabe, baß man »des sontages frue singe eine schöne mess mit denn Schülern von unser lieben frawen". Äud) iüirb fte in ber 3*it, in ineldjer bie anbern ©ruberfdjaften oeretnt erfdnenen, etnfadj „bte ©ruberfdjaft" befonberS aus Slnlafc von fiegaten genannt.
2) 3)te ©efettfebaft ber ©djüfcen (tnörtltd) 93fetlfdjüfcen, bie aber fdjon mit ber Srmbruft gefdjoffen baben werben, oon ber öfters in ben Muffiger Ilrfunben biefer 3«it bie SRebe ift) wirb in btefer Urfunbe &um erften 9ttale genannt; ift affo otel älter, als tbre unS erbaltenen älteften Srttfel oom 15. Sluguft 1548 (f. btefe „Stttttbeüungen" XIII, 29). Söabrfcbeinlttb bat ftbon oon Snfang an ber „©djie&grabcn" unterhalb bc$ 3J?artenberge£, bte jefctge Oberroattgaffe, ben ©djüfcen als Uebung^plafc gebtent, »enn mir aud) erft ntel fpäter baoon erfabren. #m 21. 3ult 1573 (Lib. test. 397) tefttrt $an3 Stylte ber §au3frau bc£ 3ofuf lieber „feinen SBeinberg auf bem ©tetn (3ftartenberg) neben beS §errn ©cbttlinfä gelegen, befampt bcr Sbnu^unge, aufgenommen ben $lan, baruffen bie Pfeile su falten pflegen, toen man nad) ben IJogel febetft unb in ©tabtbud)e ben ©c^ü^en uorfebriben unb übergeben".
3) Urfunbenbud), 151.
4) $onrab (a. o. 0. 1G3) gibt letber ntd)t an, au$ »eitlem 3abr bte noeb beftebenben ©a^ungen beg ÜtteratencftorS t?on ftörnggrälj battren ; bte ©tatttten anberer Söru* berf(baften, bte er anfiibrt, ftnb indgefammt otel jünger al£ bie Muffiger Urfunbe.
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gdjriftfiücf jaljlreidje ©njeln^eiten über fromme ©ebräudje au$ bem 15. 3faljrljunbert bietet, aus einer Qtit, an§ ber nur wenig ber artige 9iad)rid>ten erhalten finb, wirb eS fidj rechtfertigen, wenn idj furj feinen $vf)alt wiebergebe.
CS erflären in bem @d)riftftü(f bie ftubirten JBürger (cives literati)
vnb bie ©d)ü$en (sagitarii), bafc fie fidj ju iljrem ©eelenljeil gu obge*
aoimter SJruberfdjaft unb -bem aSenjetealtar bereinigt fyabtn. Pfarrer,
Stärgermetfter unb ©djitypen fyaben baju ifyre 3uftimmung gegeben. Die
©afcungen lauten: § 1. Der 3wed ber SJruberfdjaft ift görberung auf*
richtiger SBruberfdjaft unb Siebe. — § 2. 35er SRatlj Ijat jäfyrlid) au« ben
SRitgliebern je jwei Siteraten unb ©Ruften }it erwählen unb aU äeltefte
ber Sruberfdjaft eiblid) ju berpflidjten. Diefe Ijaben ade ^wenbungen,
bie ber SSruberfdjaft unb bem ffienjelSaltar jur 21u$fdjmücfung unb jum
Sebarf bedfelben gemadjt werben, in Smpfang ju nehmen, ju genanntem
3»ede ju üerwenben unb barüber ben Skübern 8ftedjnung ju lege».
Senn ©etb erübrigt wirb, fott ber Ueberfdjufc ju einem ^ßracfytwerf,
ju einem fdjönen 33ilb ober einem anbern ©d>mucf be3 ÜÄarien*
#odjaltarS ber ©tabtfirdje ober gum 83au biefeS ®otte$ljaufe3 toer>
toenbet, in feinem %aU aber auf 3ms ^crlie^en werben. — § 3. 2tn
offen ©omt* unb gefttagen, namentlich aber an aßen £agen beS Slb&ents
jur SRorate fotten bie Siteraten, fobalb geläutet wirb, fofort in ber ffirdje
.super pavimentum" ftd) einfinben, um ba ju fingen, wie es ber Pfarrer
mwrbnen unb ber Santor birigiren wirb, ©er erft nadj bem Stjrie fommt,
jablt 1 geller (nummus), wer bie ganje SDieffe üerfäumt, 2 fetter
Strafe, faß« er feinen triftigeu ®runb für feine 93erfaumni| anführen
faim. Die nidjtftngenben (laici) Srüber unb ©djwefteru fotten biefen
SRejfen beiwohnen. — § 4. Qebcn Donnerftag tjabeu atte 33rüber unb
Sdjmeftern, Sitcraten fowofyl wie Saien, mit „Slnbadjt ober einem Sidjt"
an ber $rocejfüm tljeiljunefjmen, in ber ber Seib ffifjrtftt in ber üÄon*
jtranj umbergetragen wirb. Die Siterateu fyaben fobann bei ber JDieffc
Bio jum ©übe ju fingen, bie anbern (illiterati) 33 rüber unb ©djweftern
Surfen nad> üollbradjtem ©ebet weggeben. Die Äelteften bürfen ben
Äiteraten, ber häufiger fefylt, in ©träfe nehmen. — § 5. $ür bie Seelen
ber öerftorbenen SruberfdjaftSmitglieber werben an allen Ouatember*
famftagen SSigilten gehalten, unb am folgenben ©onntag wirb eineSobten*
wfie geleffen, bei ber bie Siteraten ju fingen Ijaben. 33or "bem (Jüan*
äclram ober tjor ber 2Keffe, wie es ©itte ift, werben fcom Pfarrer ober
bcjjen Stellvertreter bie tarnen ber 3?erftorbeneu fcerf ünbet unb wirb für fie
gebetet. «He üttitglieber ijaben bei einem Opfergang ein «Impfen gu
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geben. £>em Pfarrer unb bem (Slöcfner gebührt eine ©ntloljnung. — § 6. ftebeS ÜKifglieb ift fcerpflidjtet, am SBegräbniß eine« anbem tljeil* jnne^men, — mib § 7 an jebem Ouatember in bas „#au$ ber ©ruber* fdjafr einen ©djioertgrofdjen für bie Unterhaltung ber Sruberfdjaft unt> beä SBengetealtarS gu galjlen. Seim Eintritt in bie ©ruberfdjaft ift ein sßfunb 2Bad)S gu erlegen, ober toieüiel bie Äelteften toerorbnen. 3)ie Saienbrüber nnb ©dfytoeftern fyaben bei ben obengenannten öeierlidjfeiten unb üfteffen, ba fie nid)t fingen f önnen, 5 SBaterunfer, 7 Äue SKaria uni> 3 ©laubensbefenntniffe gu beten. — § 8. Qn ^ftngften fyaben ftd? alle SBrüber bort gu üerfammeln, xoo e£ bie äelteften anorbnen, bie ©djüfcett inSbefonbere, nm nad) alter ©itte unb ©eioofjntjeit nad) bem SBogel ja fließen.
©ine ©d)iuierigfcit bereitet mir in biefen ©afcungen bie Seftimmung beS§3, nad) welcher ftdj bie Siteraten inberÄirdje „super pavinientum" gu fcerfammeln fjatten. Diefer beftimmte ÄuSbrucf läßt fcermutljen, bafj e$ fid) um eine beftimmte ©teile in ber Äirdje fyanbelt; anbrer* feit« bebeutet er nad) ben 9?adjfd)lagcbüdjern, bie id) gu SRatlje gießen fonnte, nid)t3 weiter als „©ftridj", einen au$ £el)m gefdjlagenetv tennenartigen gufjboben. ©3 fd)eint, bafj ber ÄuSbrucf gufammenfyängt mit bem $uftanb **>** Stirbt fcor unb toäljrenb be$ SteftaurationSbaueS, ber nolle 40 $at)re, toenn nid)t barüber bauerte. ') $)a ftdj, vorauf mid> £>err P. Jfdjernelj* ©djnauljübel attfmerffam madjt, bei älteren Käufern ©ftridje nur im obern ©todftoerf gu finben pflegen, fo befand ftd) ba$ pavimentum, auf bem ftdj bie Siteraten fcerfammelten, fcietteidjt auf einem emporenartigen ©in* ober Anbau in begto. an bem sßreSbty* terium, ba« ber ^erftorung burd) bie £uffiten SBiberftanb gcleiftet l)atte unb bie SnterimSfirdje bilbete. Daß fpäter, nad) äJottenbung be£ föeftau* rattonSbaueS aud) in Äuffig bie fiiteraten iljren ^Slafe auf bem ©f>or (kruchta) Ratten, ergibt eine 93emerfung an$ bemftatjr 1542. «beraub bamals fdjeiut nur ein promforifdjer ©fyor beftanben gu fyaben, benn no4 in einem iljrer fpäter caffirten Jeftamente, bem Dom 10. $uli lbbßr beftimmt bie reiche ©ittoe fiibmiffa ßolbifc 40 SP gum Stjor (k kruchtie) bei ber ©tabtfirdje, „wenn man e3 gu bauen beginnt". #a fogar nod^ am 27. Äuguft 1593 teftirt geleite #ififdj gur beutfdjen ^farrfirdje gu
1) ©ruber (ftunft be$ Mittelalter^ i. S. V, 59) gibt an, bafe ft* an bem Sau b'xt 3a&re£aaljlen öon 1480 bis 1520 finben. 3)a$ lefcte mir befanntgetoorbenc 2tQat jum 93au ber JHrc&e (©djuftcr Stephan teftirt au bem 3»e<* 2 AP) batirt »om 22. 3Rat 1522 (Lib. test. 58).
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einer „sßorfirdje" ober einem Jaufftein 100 iP. ') Diefe Stiftungen werben woljl Um* ober SJergrö&erungSbauten be$ EljorS gegolten fyaben.
3n ben Urfunben finbet ftdj feine 5ßadjrid)t, welche barauf fdjltefcen Keße, bafc ftdj bie Siteraten bei ifyren (befangen non ber Orgel begleiten ließen, ©äljrenb in üorbuffitifdjer 3«t im Qaljr 1406, bie 3tuffiger ©tabttircfye fieser eine Orgel befafj — e$ werben ber Organift unb bie Salfentretcr erwähnt, a) fdjeint bie Äirdje nadj iljrer 3erftftrun<j erft ttrieber in ber 3Kitte beS 16. $aljrl)unbert$ eine foldje erhalten ju fyaben. @iner Orgel gefd)ief)t nämlid) juerft wieber ©rwäljnung in bem Dom 28. $o* uember 1549 batirten Jeftamcnt be$ 33 ä der 3 $aul, beffen ffioljttljätig» tettöjiim tjtutt nod) in Muffig in ber fogenamtten „$aul SBecffdjen Stiftung" fortroirft. 3) *ßaul üerfügte teftamentarifd), bafc ouö feinem Sftadjlafc 20 IP H. $ur Orgel in ber größten sßfarrfirdje gegeben werben follen, unb orbnet an, bafj baS ©elb t?om 6rlo$ genommen werben foHe, ben man beim Verlauf feinet Steingartens erjielen werbe. ftm ^aljr 1566 wirb uns ein Organift genannt, QcremiaS Saite uljof er, ber mit bem 3Rann gleichen 33ornamen£ ibentifdj fein bürfte, welcher 1580 einen Weingarten in ber „Subbofffa" toerfauft. ÜJorn 18. 3Kärj 1586 bis 29. Januar 1599 tmrb als Organift 3°f)anncö ftacobi genannt.4) $u feiner Qtit umrbe eine neue Orgel angefdjafft, beren SBefdjaffenljeit Mnlafc gu einem SeleibigungSprocefc swifdjen jwei angefefyenen bürgern ber ®ta\)t gab. 3ad>aria$ Srettfdjneibcr fyatte nämlidj bem Qafob 2JMeru$ oorgemorfen, t>a$ er ba£ „nawe aufgebaute Orglwerf t?or feine *ßerfon oljne Sewufct unb Befragung ber Stelteften erigiren unb t?on grünen £>olje jum Umb« ftanbe" fyätte machen laffen, worauf ilijm 2WolIeru£ „bie fauern Wilben $oljoppel, fo er jum (Sffigmadjen gebrauten unb baburdj bie Seute be* trugen f ollen, üorgerücft" tjal Mm 14. gebruar 1593 foHte in biefer <Sadje entfdjieben werben, bodj würbe bie SJerljanblung Vertagt.5)
55urd) bie ©afcungen ber Sruberfdjaft wirb jum muftfalifdjen Setter ber Siteraten auSbrüdlid) ber Santor beftimmt. S)a nodj burd> eine Ur* tunbe üom $aljre 1473 bem ©djulmeifter Functionen übertragen würben, bie eigentlich bem Kantor jufommen,6) fo ift wotyl anjunefymen, ba§ ba* mal« unb nod) fpäter ber Sebrer £antor£bienfte nerfat). 35on Muffiger
1) Lib. test. 162, ©tabtbu* II, 47, 340 v.
2) Urfunbenbu* 78.
3) Lib. test. 212.
4) ©tabtbn* II, 131, 244, 272 v bte 349 v.
5) Sortragbucfc 87.
6) Urfuitbenbud) 124.
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©djulmeiftern finb uns aus bcm 15. unb 16. ^afyrljunbert nur fparlidje 9?adjrid)ten erhalten. 3?on 1440 bis 1449 tuirb Siemens #armü (cber §crmit) als magister scole genannt; er ift toaljrfdjeinlid) ibentifefy mit bem Siemens scolasticus, ber 1471 einen JBeftfc ins ©tabtbud) ein* tragen ließ. $m $aljre 1485 Ijieß ber SRector ber Stuffiger ©djule ©eorg (Jeorgius). Später öerfat) toafjrfdjcinlidj einer ber in Sluffig lebenben Saccalarieu ben ©djul* unb GantorSbtenft ; fcon folgen toerbeu genannt ©atluS fcom ^aljre 1539 bis 1547, ÜRattljäuS Änie* benbel, ber 1550 fein Steftament machte, ^afob SBalfa, ber fcon 1532 bis 1543 als ©tabtfdjreiber angeführt nnrb, 1551 nod) lebte, im fclgenben ^aljre aber fdjon tobt toar. %m $al)Tt 1555 tuurbe baS Qfn* t?entar nadj bem Verstorbenen ©djulmeifter Qfobann 9ieanber aufge- nommen, ber u. a. 55 Heine unb große Jöüdjer fjinterlaffen Ijatte.1) 9Son Santoren roerben genannt: 1556 ffienjel, 1561 ber bereits ernannte ftoljanneS ©bunef, 1575 bis 1601 Äafpar £entfdjel. «ud) ber nachmalige Muffiger Demant unb Pfarrer Äafpar ftreujiger (1574 bis 1577) toar, n?ic er Don ftdj f djreibt, ehemals (Jantor in Äuffig ge* toefen; Don iljm erfahren toir, baß ber Eantor ebenfo ttrie Kaplan unb ©djulmeifter t?om Pfarrer erhalten toerben mußte.2)
Qn Äuffig Ijat es fietyer nid)t an SWännern gefehlt, bie ber lateini* fdjeu ©pradje fotoeit mächtig toaren, um bie öorgefcfcriebenen ©efänge im rituellen ^biom gum Vortrag ju bringen. ^toeifefloS bot bie ©djule ber ©tabt ben Änaben Gelegenheit, ftd) in ben ÄnfangSgrünben ber lateini* fdjen ©pradje ju unterrichten, um toon ber SSaterftabt aus bie Untoerfttat 'Begießen ju fbnnen Sine für bie Heine ©tabt immerhin beträchtliche Qaijl t>on Muffigem febeint aud) tf)atfäd)lid) fidj bem fybfyeren ©tubium jugetoanbt ju Ijaben. Da es als einer ber Setpeife gegen bie oft aufge* ftellie Sefyauptung, Süffig fei in ber £eit Don eftoa 1490 bis 1560 gänalid) tfdjedjiftrt getoefen, gelten barf, feien tyn bie tarnen ber ©bfjne ber ©tabt angeführt, treidle im 15. unb in ber erften £>alfte be£ 16. $al)rl)unberts an jmei beutfdjen Uniüerfitäteu fid^ immatriculiren ließen, ffieldjer aubere ©runb als ifyr S)eutfd)tl)um t)ätte bie bod) fW)e* auf Srobertoerb angemiefenen ©ürgerfbfyne fceranlaffen follen, eine beutfdje Untoerfttät ju bejiefjen, locnn fic bie ba erlangte Silbung nidjt einmal in it)rer SJaterftabt Ratten üoll auSnüfcen fbnnen?
1) Stabtbud) If 4, 13 v, 17 vf 31 — ebettba 58 v — Lib. test. 135, 198, 6tabt* bud) II, la — Kssaft. 4v. — Lib. test. 90, 152 — ebenba 252.
2) Btabthud) II, 45, 75, 210 v, 3G0v, $abrb. b. @e|. für bie ©cftf>. be$ $rot. t. Ce. VIII, 24, 25.
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Sin ber Untoerjttät Seipjtg mürben imtnatrtculirt: 1449 ©inter* femefter: Johannes Muenczer, — 1466 ©ontmerfemefter : Georgius Voytt, mürbe aU artium magister, in decretis baccalarius, collegii principis collegiatus im SEBinterfemefter 1476 JRccicr ber Unioerfttät,
— 1468 ©.: Procopius Gruene, — 1471 ©. : Johannes Braxatoris,
— 1480 ©.: Wenceslaus Missner (ridjtig ÜRetfcner), — 1483 ©.: Nicolaus Nunrichter (richtig Sflimrtdjter), Jacobus Sutoris, — i486©.: Clemens Karewicz, — 1492 ©.: Jacobus Walsonis (ftef)e oben), Georius Henczschel, — 1495 ©.: Thomas Schaler, — 1496 ©.: ürbanus Fnegner, SBaccalariuS Don $öln (mad)te als Ältarift in Muffig 1539 fein Jeftament), — 1498 ©.: Georgius Kolbel, — 1498 SB.: Gregorius Pistoris, — 1502 ©. : Andreas Rzehaack, Simon Duckonis (richtig Dudjef),
— 1504 ©. : Nicolaus Swartz, Mathias Meltzer, — 1505 ffi. : Bartho- lomaeus Mensatoris, — 1511 @. : Wenceslaus Holfewr, — 1512 ©. : Fran- cisco Auseck, — 1518 ©. : Caspar Schala, Jacobus Schroetter, — 1519 ©.: Simon Kotzka, — 1538 SB.: Jacobus Gabart (aud) ©amart, Oeb^ort genannt, 1551— 1576 ©tabtfdjreiber), — 1545 ©.: Gregorius Arnolth.1)
«n ber Untoerfttat Wittenberg Itcgen ftd) infcribireu im ^aljre
1502 JB.: Simon Duchconis (ftelje oben, mürbe fiidjtmefc 1503 magister
artium unb 1505 SB. a\8 s. literature baccalaureus Wittembergens.
SRector ber Untoerfttat), Andreas erzehak (fo! ftelje oben, mürbe 1503
art. bacc), — 1503 ©.: Mathias Knybendcl (mürbe 1504 art. bacc,
f. oben), Michael pannificis (tnurbe nod) im jelbeu ftafyre art. bacc.)
Caspar Kaucz, Laurentius Missener (Meißner, fd)eint 1509 Pfarrer in
Stuffig gemefen ju fein, mar 1520 Pfarrer in Du? unb erjbifdjöflidjer
ßanomfer), Lucas Cristan de Bemiscaen (fo! biefleicfyt 33öf)mifd) Äatjn,
too^l ibenttfd) mit bem Lucas Meyssner oon ?lufftg, ber 1504 art. bacc
tourbe), — 1504 SB.: Christoferus Kramberg (mürbe 1506 art. bacc).
Wenceslaus Jarust (mofyl Qarofdj), — 1506/7 Georius Leubel. —
1507 ©.: Nicolaus Swartz (f. oben, mürbe 1509 art. bacc), Gallus
Copenico (f. oben, mürbe 1509 art. bacc), — 1508 ©.: Fridericus
Tegerwitz, — 1514 SB.: Vitus Leuterbach (ober Scmterbad}, mürbe
1516 art. bacc), — 1540 ©.: Wenceslaus Widlackh, — 1542 ©.:
Burianus Lucasch, Nicolaus Putner, Andreas Locritz, — 1543 ©.:
Johannes Buner, — 1565 ©.: Hieronymus Fickar, — 1570 ©. :
David Schmatz (1577 ©djulmeiftcr in SBeufen).*)
1) (Srfer: 3Ratrifel ber Un. Seidig I.
2) Album Acad. Viteberg., Dfterprogr. ber Un. £al(e*2Btttenbcrg 1887. 3)ie 7 Sogenannten fmb atö ^roteftatttett an$ufcf?en.
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2lu3 Buffiger Urfunbeu feien Ijier uodj folgenbe Diotijen, bic melleicbt i^enbroo nnlltommen finb, angeführt. 9(m 2. Deccmber 1586 beftätigte ba£ <Sd)öppemjerid)t j}U fitafau, baß üor ifym vir uobilis Christopherus Meinbardus, patricius Austinus ad Albim, Bobemus, artium et philo- sophiae magister Parisiensis, alle (Erbfdjaften, bie il)m nad) feinem Bater üKavtin 9Jc. (fjaufig aud) 3ttenf)art genannt) uns feiner 2ttutter angefallen, feinen Brüberu Bartholomäus unb $eter, bie in Sluffig lebten, abgetreten fyibe. Am 31. «uguft 1588 fear Gljriftopij fdjon tobt. — Bei ber Srbtfyeilung ber Siuber be£ üerftorbenen Äufftger Bürgers |)an$ ®renlid), am 23. Quni 1&96, erhält beffen Soljn, Mag, SebaftianuS ©reulid), 100 1P b., bie if)m aus bem Sdjleiftoerg au^ujaljlen finb.1)
Bon ber Beliebtheit, toeldjer bie im Qaljre 1490 gebilbete Bruber» fdjaft fid) im fireife ber Bürger unb Bürgerinnen erfreute, jeugen bie Segate, bie i^r jugetoenbet tourben. WuS ber Qzit üon 1500—1580 finb mir nafyeju fünfzig berartiger teftamentarifdjer Beftimmungen befannt geworben. Bon befonberer $ol)e toaren biefe allerbingS nidjt; bie meiften toibmen nur 1 bis 2 1P, eine einzige erreicht bie $ölje üon 15 IP. Bon befonberem ^ntereffe ift ba3 Segat ber Sibmitta Don Sfyrametj, SBittoe be£ oben eriualjnten £abart ü. Sfyr., bie in ifyrem am 11. Süiai 1527 abgefaßten £eftament 2 IP 3U bem 3^ecfc beftimmt, baß bie Brubcrfdjaft ftd) bafür ®cfaugbüd)cr (knihy spiwagiczy) faufe.2)
£>ie Legate (äffen uns aud) erlernten, ba& tttva Dom $aljre 1540 an ein getoiffer Qtx)M in ber bis baf)in bereinigt gehaltenen Bruber* fdjaft eintrat ; fie toerben Don \>a an beftimmten Abteilungen ber lederen, ber (SorpuS * Sljrifti * Bruberfd)af t, ben ßitevaten, auSbrüdlid) jugebadjt. ©leid) bie erfte ber \)tn Siteraten jugen?enbetcn 2öibmungen beanfprudjt größeres Qntereffe, ba burd) fie (Sertrub, bie SBitroe beS üttartin Jg>actel, 8 fP antueift, bamit fidj bie Sileraten baüon ein üfliffal auf ba« Sljor (na kruchtu mssal) faufeu jur (Sljre unb jum fiobe ©otte« unb ber ©otteSmutter SBaria.3) ©eun man au£ biefer Beftimmung berauölefen barf, t)a$ bamals bie Muffiger Literaten nod) fein ber eitte ber $eit gemäß mit Initialen reid) ausstattete* Ötefangbud) befaßen, fo bleibt ber üttaler ©teptjan als üDialcr beS tu Slujfig erhaltenen SieberbudjeS tooljl außer Betradjt.
Bon toeitereu Stiftungen für bie Muffiger Siterateu finb mir fol* genbe befannt geworben: 1547 %xau SDtorgarctlja ©tjfflenberin teftirte
1) (Btabtb. II, 275. Kssaft. 140 v. — Kssaft. 203 v.
2) Lih. test. 71.
3) Üb. test. 162. 3)atirt Dom 26. auauft 1542.
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üjnen 4 IP, 1548 Saiten Sangfeit 2 IP, ©eorg Sudjfdjerer (postrzihacz) 4 IP, 1549 SJädcr $aul „auf Silber" 3 IP, 1552 ©ertrub, bic reiche Srofdjin, 10 IP, 1553 SBarbara fcudpererin 6 IP, 1554 Stomas Äotbifc 10 IP, «nbreag Snö^el (= §nat) ein gafe 93icr, 1556 3<of)ann 2Bil)e 2 IP, ©regor £rauba 2 IP, 1559 Senefdj ©roftfop 2 IP H., 1565 2Kargaretl)a <2d>erffer 5 IP, Sibmilla »üttncrin 2 IP, 1570 (?) ©tieber 2 IP, SDiargaretlja ©rianer 5 IP, 1571 $rau Dorothea Äaulljeitin „tin Viertel SBein, fo gut er bie $eit 3U befommen ift, benfelben follen fte ju ifyrem ©ebädjtnis ihrethalben anstrinfen", 1579 ©tani$lau£ sßejeliuS alle feine Partituren (partes) ben Siteraten auf baS Eljor.
Su£ ber §öf)e biefer Segate tuirb e£ begreiflid), baß ber fiiteraten* djor bd Stnfdjaffung bes ©efangsbudjä fid) red)t beweiben Ijielt, benn audj fdjou in bamaliger Qcit malten bic ftünftler nid)t um bie Sfyre allein; luir roiffen, baft bie Subifcer ein für jene Qdt betr:id)tlid)e3 3*er* mögen für iljr l)errlid)e$ ©cfangbudj anlegen mußten, 283 IP 12 @r., tooüon allein 121 IP 30 ®r. an ftabian Polierer für bie Silber ju ent* richten waien. Ueber feiere Summen Ratten bie Muffiger Sitcraten er* ftdjilid) nid)t ju berfügen. Da3 legte ber oben angeführten Legate fdjeint jugleid) \>tn .ßeityunft anzugeben, an bem tu 3luffig ba$ ^ntereffe ber Sürgerfdjaft an bem Siteratendjor, an beffen lateinifdjeu ©efängen bereits im @rlBfd)eu toar. 2d)on im $af)re 1576 Ijatte Pfarrer Kreujigcr bem £r jbifdjof geflagt, ba& bic Seute allerlei luttjcvifdje b e u i f d) e Sieber, aud) böljmifdje, ber fattjolifdjen ^Religion nachteilige, in ber „Sfurmefc" fingen, unb ba§ fte ba£ beutjdjc ©efangbud) Sctfentritts, baä er ifjnen gegeben, (abftdjtlid)) berloreu Ijaben, bamit ja iljre pifarbifcfytn Sieber Fortgang gewännen. £)a3 Verlangen nad) bentfdjem Sirdjengefang, baS in bem um jene Seit tu Muffig jur bomiuirenben 2Kad)t gelangenben <ßroteftanti$mu$ feine mächtige Öörberung fanb, fyat bem in fatfjolifdjem ©oben umrjelnben lateinifdjen ftirdjengefang unb mit iljm bem Muffiger Siteratendjor ein ©nbe bereitet.
I.
3>ftament ber ftrait &atf»artiia, gBtttoe be$ OTaler*